von Jörg Luibl,

GDC Europe 2013: Spielemacher sind die Barden der Neuzeit

Game Developers Conference Europe 2013 (Messen) von
Game Developers Conference Europe 2013 (Messen) von
"Once Upon a Time: Giving Players the Freedom to Create Their Own Story"

In welche Richtung sollte sich das Storytelling in Zukunft entwickeln? James Brown, der Lead Level Designer von Epic Games, favorisiert weder die Stilmittel von Buch noch Film als Inspiration - all das seien recht statische Formen der klassischen Erzählweise, die meist in drei Akten mit Einleitung, Höhepunkt und Schluss stattfindet. Das Medium Spiel brauche nicht mehr kreative Texter mit hundertseitigen Drehbüchern, an die sich ohnehin niemand erinnert. Wer könne die Hintergrundgeschichte von World of WarCraft oder Halo 3 nacherzählen? Die meisten würden eher von ihren Spielerfahrungen als von den erzählerischen Ursprüngen der Fantasywelt oder vom Plot des Masterchiefs berichten können.

Es brauche laut Brown intensivere persönliche Erfahrungen während des Spielens, indem Level-Designer interessante Gelegenheiten und Situationen anbieten, über die eine Geschichte ohne Text erzählt wird. Statt eine Quest in Dialogform über "Geh und töte 50 Orks" zu präsentieren, müsse man einfach einen Mann zeigen, der panisch vor etwas flieht und "Hilfe, hilfe!" ruft. In diesem situativen Kontext würde bereits eine emotionale Beziehung entstehen, aus der man wiederum eine kleine Geschichte machen kann. Anstatt der gedruckten sollte man sich als Entwickler eher an der mündlichen Überlieferung orientieren: Wie wurden Geschichten vor dem Buchdruck erzählt? Am Lagerfeuer mit emotionaler Gestik und Mimik, variantenreich, mit Unterbrechungen, immer etwas anders und damit überraschend - Entwickler hätten mit dem verwandten Medium Spiel die Chance, die Barden der Neuzeit zu werden.

Brown sieht sich als Level-Designer auch eher in der Rolle eines Malers, der ohne Text für einen intimen Kontext sorgen kann. Ähnlich wie im "environmental storytelling", das man auch aus Oblivion kennt, wenn man plötzlich eine Ruine im Wald und dort eine Quest entdeckt. Als Paradebeispiel für das Erleben einer großartigen Geschichte und malerisches Storytelling führt er Demon`s Souls an: Dort erlebt jeder Spieler ohne viel Text sein eigenes, mitunter tiefgründiges Abenteuer. Dabei zitiert er den Entwickler Miyazaki, der nicht Dialoge oder einen vorgefertigten Plot, sondern die Spielwelt als das beste erzählerische Werkzeug bezeichnet. Besonders gelungen sei Demon's Souls über das Nachrichtensystem die plötzliche Änderung der eigenen Geschichte, indem man auf eine Gefahr oder einen Schatz aufmerksam gemacht wurde.

Als weiteres Beispiel für gutes Storytelling führt Brown schließlich The Walking Dead an. Das sei zwar linearer als das offene Erlebnis in Demon`s Souls, aber sorge mit seiner gelungenen emotionalen Anbindung der Charaktere sowie den ständigen Entscheidungen dafür, dass man seine eigene Geschichte erleben kann - hier sei die Empathie quasi Teil des Designs.



Kommentare

Wigggenz schrieb am
Man muss sich trotzdem teilweise an Film und Literatur bedienen. Man kann keine Kunstform einfach so völlig autark erschaffen.
Charakteristika guten Erzählens, wie starke Charaktere dürfen auch bei Spielen nicht fehlen.
Ansonsten, was ein Spiel in Erinnerung bleiben lässt:
Einbindung von packendem Gameplay in eine Welt nach liebevollem Artdesign. Wäre so mein Rezeptchen.
schrieb am