Respawn - Gathering of Game Developers
03.08.2015 18:16, Alice Wilczynski

Wolfgang Walk über den Stellenwert von Story : "Narratification or: How classical storytelling damages your game"

Neben der Game Developers Conference versammelten sich auch auf der Respawn – Gathering of Game Developers Entwickler, Professoren und kreative Köpfe, um über Themen wie Spielkultur, Game Studies und die Entwicklung von Spielen zu sprechen. Einer davon war Wolfgang Walk, der mit seiner Firma „Grumpy Old Men“ jungen Start-Ups bei der Entwicklung von Spieldesign und Storytelling hilft.

Sein Vortrag “Narratification or: How classical storytelling damages your game” thematisierte den nach seiner Meinung prominenten Irrglauben, dass die Geschichte eines Spiels eine Struktur ist, die von Entwicklern erschaffen wird. Walk sieht Story jedoch als Effekt, der von unserer Psyche ausgelöst wird. Der Zweck von Geschichten sei es einerseits die abstrakten Regeln eines Spiels zu konkretisieren und andererseits Ethik und Moral zu thematisieren. Pac-Man und Tetris zeigten jedoch, dass Spiele problemlos ohne Story auskommen. Walk ging sogar so weit und betonte, dass er 90% der Story-Anteile in den meisten Spielen kürzen würde, da sie überflüssig seien. So informieren uns die Mechaniken eines Spiels über die Regeln der Spielwelt, den primären Konflikt und den Held der Geschichte. Wenn diese drei Elemente harmonisch zusammenspielen, brauche es kein zusätzliches „Story-Füllmaterial“. 

Als positives Beispiel nannte er die Anti-Kriegssimulation This War of Mine, in der Spieler in die Rolle eines Zivilisten in einer vom Krieg zerstörten Welt schlüpfen. Die Regeln der Spielwelt beschreiben eine legale Anarchie (world rules). Man steht regelmäßig vor ethischen Konflikten, Dilemmata und Entscheidungen in einer brutalen Spielwelt (conflict). Die Helden des Spiels stellen eine Gruppe von Überlebenden dar, die zu einem anderen Ort gelangen müssen (hero). Diese drei Grundpfeiler reichen nach Walk aus um die Spielmechaniken für den Spieler zu „vergeschichtlichen“ (engl. narratize). Ohne zusätzliche Zwischensequenzen und Geschichten schaffe es This War of Mine, beim Spieler Empathie für die Protagonisten auszulösen und einen Eindruck der Spielwelt zu vermitteln.
Ein Spiel, bei dem Spielregeln und Konfliktsituation nicht harmonieren, sei Bioshock. Die Weltregeln der „legalen Anarchie“ widersprechen nach Walk dem Hauptkonflikt des Spiels. Der Fakt, dass die Verbesserungen des Spielcharakters zur Selbstzerstörung führen, mache im Kontext der eigentlich anarchistischen Spielwelt keinen Sinn. Das Spiel schaffe es somit, anders als This War of Mine, nicht rein über die Spielmechanik die Geschichte des Spiels zu vermitteln.

Nach Walk scheitern viele Spiele außerdem an der Inkonsistenz der Handlungen in den Zwischensequenzen und im tatsächlichen Spiel. Während Nathan Drake in den Zwischensequenzen von Uncharted den sympathischen Schatzjäger und liebevollen Freund mimt, tötet er im tatsächlichen Spiel Tausende von unschuldigen Menschen. Manche Shooter inszenieren in ihren Zwischensequenzen Gefühle von Zusammenhalt, Schuldgefühl und Emotionen, während es im tatsächlichen Spiel doch nur um die höchste Headshot-Ratio oder um die brutalsten Kills geht.
Diese Form des Spieldesigns zerstöre die „willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit“ (engl. Suspension of disbelief). Da die Protagonisten so anders handeln als ihre Charakterzeichnung, seien Spieler nicht mehr fähig, der Illusion der Spielwelt Glauben zu schenken, wodurch das Spielerlebnis laut Walk ruiniert wird. 


Abschließend betonte Walk, dass die Arbeit von Level-Autoren heutzutage durch die zahlreichen Vorgaben von Publishern immens erschwert werde. Dennoch sei es essenziell, dass nicht nur Spieleentwickler, sondern auch Autoren die Spielmechaniken genau kennen, um daraus die konkreten Handlungen für den Spieler abzuleiten.

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