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20.12.2004 09:51, Jörg Luibl

Kommentar: EA kauft Ubisoft-Aktien

Gibt`s das? Was hat sich EA da für eine fette europäische Weihnachtsgans gegönnt! Kurz vor dem Fest lässt es der amerikanische Publisher noch mal richtig krachen und sichert sich mit knapp 20 Prozent den größten Batzen der Ubisoft-Aktien (vgl. Reuters ). Das ist zwar noch keine feindliche Übernahme, aber ein klares Übergewicht; kein anderer Anteilseigner kann da mithalten. Was heißt das? Die Zukunft der traditionsreichen Rayman-Väter wird ab sofort auch von EA mitbestimmt. Und laut deren Finanzchef Warren Jensen heißt das konkret, dass man vor allem hinsichtlich geplanter Fusionen ein Wörtchen mitreden wird.

Ein pikantes Detail: Das mächtige Aktienpaket wurde bisher von der Investmentfirma Talpa Beheer BV gehalten, die keinem Geringeren als Fernsemogul John de Mol gehört. Der Big Brother-Macher will also nichts mehr mit den kreativen Franzosen zu tun haben. Wie heißt sein aktuelles Format noch gleich? Hire and Fire. Ubisoft wurde auch mal eben gefeuert. Immerhin brauchen wir jetzt keine endemolisierten TV-Show-Spiele befürchten...

Aber was hat EA vor? Die Franzosen im Zaum halten? Wollte Ubisoft etwa mit einer Fusion an Macht gewinnen? Eidos soll ja mit all seinen starken Marken von Tomb Raider über Deus Ex bis hin zu Thief ein Übernahmekandidat sein. War Ubisoft da interessiert? Jedenfalls hat sich der Publisher spätestens im Jahr 2003 als potenter EA-Rivale mit Qualitätsportfolio etabliert: Splinter Cell, Prince of Persia, Rainbow Six 3, XIII und Beyond Good & Evil - alles Top-Spiele, alles sympathische und höchstgelobte Titel. Wir haben Ubisoft nicht ohne Grund zum Publisher und das hauseigene Studio Montreal zum Entwickler des vergangenen Jahres gekürt.

EA will scheinbar großen Einfluss auf künftige Entwicklungen des französischen Publishers nehmen - challenge everything in Reinkultur. Will man jetzt auch an Sam Fisher & Co schnuppern? Fragen über Fragen, die aus der Sicht des Spielers für verständliche Skepsis sorgen. EA ist bereits ein Riese der Marke Microsoft, der die Charts deutlich mit seinen starken Lizenzen dominiert - egal ob Sport, Action, Simulation oder Rennspiel.

Eines ist jedenfalls klar: Nur Konkurrenz belebt die Branche. Nur der Wettbewerb kann für Fortschritt sorgen. Was wäre die Fußballwelt ohne das fruchtbare Duell zwischen FIFA und PES? Aber mit diesem winterlichen Aktienkauf scheint die Welt der Games nicht belebt, sondern ein Konkurrent eingefroren zu werden. EA erinnert immer mehr an einen Spiele verschlingenden Moloch mit Hang zur Monopolstellung. Nicht ohne Grund muss das US-Kartellamt noch seine Zustimmung zum Aktienkauf erteilen.

Als Tester kann uns das wirtschaftliche Drumherum völlig egal sein. Ob ein Spiel letztlich aus Übersse oder von der Nordsee, aus Coburg oder Montreal, von Hinz oder Kunz kommt, ist nicht entscheidend. Und selbst wenn Splinter Cell 3, Prince of Persia 3 und Beyond Good & Evil 2 unter dem EA-Logo auf unsere Schreibtische flattern, interessiert immer nur eines: Macht es Spaß?

Es stellt sich allerdings die Frage, ob EA nach der gar nicht so unwahrscheinlichen kompletten Ubisoft-Verdauung alle Rosinen wieder ausspuckt. Einer war nämlich immer der Verlierer von feindlichen Übernahmen: die Vielfalt.


Jörg Luibl
4P|Textchef

(Dieser Kommentar spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider.)

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