Allgemein
01.12.2007 11:23, Julian Dasgupta

Gerstmann-Entlassung: Part Deux

Gestern war bekannt geworden, dass Jeff Gerstmann, ein langjähriger Mitarbeiter Gamespots und dort u.a. die letzte Instanz für alle Reviews, entlassen worden war. Pikant: Recht schnell machten Gerüchte die Runde, dass die Trennung aufgrund seines Tests von Kane & Lynch: Dead Men erfolgt sei. Besonders die Tonlage des Artikels und des entsprechenden Videoreviews habe Eidos mißfallen, hieß es da. Der Publisher habe daraufhin gedroht, eine umfangreiche Werbekampagne sowie möglicherweise auch zukünftige Aufträge zurückzuziehen. Was wiederum den Mutterkonzern des Magazins, CNET, dazu veranlasst haben soll, den Redakteur zu feuern.

Zwar meldete sich auch die ein oder andere Stimme zu Wort, die anzweifelte, dass Gerstmann wegen des Reviews entlassen wurde, allerdings wollen diverse Magazine aus verschiedenen Quellen gehört haben, dass der Test die Ursache des Vorfall war. So auch 1UP .

Gerstmann soll zwar den Text des Artikels vor seiner Veröffentlichung nochmals geändert haben, um die Tonart etwas zu entschärfen - womöglich waren die Modifikationen seinen Vorgesetzten aber nicht weitgehend genug. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ganze mit Änderungen im CNET-Management zu tun hat, wird da gemutmaßt. Mit Stephen Colvin besitzt das Unternehmen nämlich seit Ende Oktober einen neuen Vizepräsidenten, der u.a. auch dafür zuständig ist, das Wachstum der Töchter, darunter auch Gamespot, anzukurbeln.

CNET selbst hat sich mittlerweile mit einer kurzen Botschaft zu Wort gemeldet. Seit über einem Jahrzehnt habe Gamespot Tausende unvoreingenommener Reviews hervorgebracht. CNET-Networks stehe hinter den Inhalten, die die Redaktion täglich produziert. Man lege extrem viel Wert auf die redaktionelle Integrität. Über Gerstmann selbst heißt es nur: Es sei bei CNET nicht üblich, den Status derzeitiger oder ehemaliger Mitarbeiter zu kommentieren.

Auf seinem Blog  entschuldigt sich GS-Redakteur Aaron Thomas dafür, dass man nicht näher auf die Situation eingehen und Fragen beantworten könne. Es sei nicht so, als ob einem der Arbeitgeber plötzlich einen Knebel verpasst habe. Es sei wie bei jedem Unternehmen - dort könne man nicht einfach an die Öffentlichkeit gehen und sich über das Management beschweren, umgekehrt könne auch das Management nicht einfach medienwirksam die Leistung eines Mitarbeiters kritisieren. Dem habe er schließlich zugestimmt, als er vor übr einem Jahr bei dem Magazin anfing.

Auf Valleywag  wird auf einen Beitrag eines mutmaßlichen Gamespot-Mitarbeiters aufmerksam gemacht, der einen Einblick in das Innenleben der Firma gibt. Es sei üblich und bekannt, das alle Tests erst vom kompletten Team gegengelesen würden, um ein gewissen Niveau zu garantieren. Hätte das Management also ein Problem mit Gerstmann, dann hätte es auch ein Problem mit der ganzen Mannschaft, weil der Artikel ohne diese sonst nicht veröffentlicht worden wäre.

Der Text legt durchaus nahe, dass das Management des Unternehmens ein Exempel an Gerstmann statuieren wollte. Wenn man einen derartig verdienten Angestellten umgehend auf die Straße setzt, dann seien andere Mitarbeiter mit Sicherheit ebenso entbehrlich.

Im Laufe der letzten Monate habe es verstärkt Druck aus der für die Werbung zuständigen Abteilung gegeben, die versucht hat, ihren Einfluss auf das redaktionelle Geschehen auszuweiten. So informiere man sie beispielsweise schon frühzeitig über schlechte Wertungen, damit jenes Team wiederum davon betroffene Werbekunden vorwarnen kann. Andere Publisher wiederum würden Konditionen für Reviews vorlegen - gibt es beispielsweise eine Wertung im Bereich von 9 oder höher, hätten sie in der Regel kein Problem damit, wenn der Test frühzeitig veröffentlicht wird. Bei schlechten Wertungen wiederum erscheine der Artikel dann, wenn auch das Spiel in den Läden erhältlich ist.

In dem Meeting, in dem der vor allem für den Business-Bereich zuständige Josh Larson seinen Mitarbeitern die Entlassung erklären musste, habe dieser keine Antworten auf die dann von der Redaktion angebrachten Kritik gehabt. Er sei ausgewichen und habe nur auf die Tonlage der Texte Gerstmanns verwiesen - diese hatten aber wie bereits erwähnt grünes Licht vom Rest des Teams bekommen. Larson soll gesagt, dass große Produktion "mehr Aufmerksamkeit verdienen würden" - bei den Redakteuren sei das so angekommen, als ob man jenen Produktionen bessere Wertungen geben müsse, besonders, wenn der Hersteller viel Werbung gebucht habe, so die anonyme Quelle.

Ihm sei bewusst, dass mit dem durch die Banner eingenommen Geld auch die Gehälter der Angestellten bezahlt werden. Allerdings habe es schon seit dem Abgang des vorherigen Chefredakteurs, Greg Kasavin, erste Risse in der bis dahin gehandhabten strikten Trennung zwischen Werbung und Redaktion gegeben. Seiner Meinung sei nun klar, dass das neue Management nicht mehr an der Integrität der Redaktion interessiert sei, sondern eher Wert auf gute Beziehungen zu den Werbekunden lege.

Für wirklich objektive Tests müsse man zukünftig wohl zu anderen Webseiten gehen, heißt es da. Bei Gamespot habe jedenfalls jeder mittlerweile Angst, der nächste zu sein, der gefeuert wird, falls die Wertung beim einem angeblichen Hochkaräter nicht stimmt. Die Mitarbeiter würden in den derzeitigen Chef (Larson) nicht trauen.

Eine CNET-Sprecherin bestätigte zumindest, dass der Text des Reviews überarbeitet wurde, um Unterschiede zwischen den beiden Konsolenversionen darzulegen und eine Klarstellung bezüglich des Mehrspielerparts einzubinden. Dies habe man basierend auf den redaktionellen Standard gemacht. Eine klare Antwort, warum man das in seiner Tonart noch etwas harschere Videoreview (Youtube-Version ) vom Netz nahm, gab sie allerdings nicht.

Einen reichlich vielsagenden Beitrag stellt eine "schlechte Analogie" dar, die Gamespots Alex Navarro niedergeschrieben hat . Sich auf SimCity beziehend fragt er, ob man den Moment kenne, an dem jemand seine Stadt zu einer funktionierenden, lebenden, produktiven und atmenden Metropole voller Leben und Wunder ausgebaut hat - nur um dann den Desaster-Knopf zu drücken und die Katastrophen auf das Werk loszulassen, von dem anschließend nur noch ein paar verwüstete Ruinen übrig bleiben würden. Die Situation sei in gewisser Weise ähnlich - allerdings habe jemand anderes den Desaster-Knopf betätigt.

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