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07.12.2007 08:03, Julian Dasgupta

Gamespot: Die Reaktionen

Auch wenn man zumindest in der näheren Zukunft kaum die wirklichen Grunde für die Entlassung Jeff Gerstmanns erfahren dürfte, da beide Seiten sich in Schweigen hüllen bezüglich der Umstände - die folgenden Gerüchte um das von manchem Magazin in Anspielung auf die Watergate-Affäre genannte Gerstmann-Gate waren für diverse Magazine Anlass genug, über den derzeitigen Stand der Dinge und die Beziehung zwischen Presse und Publishern zu sinnieren.

Bei ArsTechnica schätzt man sich glücklich, nicht auf Anzeigen von Spielepublishern angewiesen zu sein. Denn das wäre eine Situation, in der ein ständiger Druck auf den Schultern der Redakteure lasten würde. Schließlich sei nicht der Leser der Kunder, heißt es da mit Verweis auf eine Bemerkung des Gründers von Electronic Arts und 3DO, der einst an ein Magazin schrieb , nachdem ein 3DO-Titel dort eher schlecht weggekommen war:

"Versucht mich nicht zu belehren, indem ihr mir erzählt, dass der Leser der Kunde ist - euer wirklicher Kunde ist der, der euch eure Einnahmen garantiert. Und das sind die Werbekunden aus der Spielebranche."

Es gebe gute Schreiber mit Integrität, die das Geschäft kennen würden und sich nicht vom Druck beeinflussen lassen würden. Letztendlich sei man in der stärkeren Position, wenn jemand auf einen angewiesen ist. Es gebe allerdings auch genug Tester, die letztenlich nur der verlängerte Arm der Hersteller seien.

Dass ein Magazin bzw. eine Redaktion letztendlich immer am längeren Hebel sitzt, findet Boris Schneider-Johne von Microsoft. Niemand würde schließlich ein Magazin wegen der Werbung kaufen. Die Betroffenen müssten in so einem Fall standhaft bleiben. Der Wert des eigentlichen Pfunds, mit dem Publisher bisher immer wuchern konnten, - Exkusivinformationen - sei in den Zeiten des Internets deutlich gesunken, da man derartige Dinge kaum für sich behalten könne und die Heftinhalte recht schnell im Netz auftauchen würden.

Allerdings weist auch er auf den Stellenwert von Anzeigen hin. Gäbe es die nicht, dann müssten beispielsweise die Printmagazine deutlich teurer verkauft werden - was angesichts der allgemein sinkenden Auflagen "tödlich wäre."

Auch beim Games for Windows-Magazin diskutierte man im Podcast über den Stand der Dinge. Jeff Green und seine Mannen hatten schon in der Vergangenheit die Schablonenhaftigkeit vieler Spieletests kritisiert, aber auch Previews seien oft problematisch. Viel zu oft würde man über offensichtliche Fehler hinwegsehen und diese verschweigen.

GFW selbst verzichtet auf exklusive Reviews, damit es erst gar keinen Erwartungsdruck durch Publisher geben kann. Auch spricht man über die Macht der Publisher - die könnten einem schließlich nicht nur die Werbeeinnahmen entziehen, sondern auch dafür sorgen, dass der Informationsfluss zur Redaktion völlig versiegt, indem man Termine auf Shows, Previewversionen und Zugang zu den Entwicklern verwehrt.

Das würde besonders die Printmagazine treffen, die im Gegensatz zu ihren Onlineschwestern mehr auf Schwerpunktartikel wie Previews setzen müssen, anstatt auch wirkliche News bieten zu können aufgrund der Natur des Mediums. Und wer Tests zeitnah zum Release eines Spiels haben möchte, sei bei Magazinen aufgrund des Redaktionsschlusses oft darauf angewiesen, dass die Hersteller eine Vorabversion oder eine Fassung frisch aus dem Presswerk vorbeischicken.

Es sei heutzutage problematischer, sich mit einem Publisher anzulegen. Vor zehn Jahren noch hätte es viele kleinere Firmen gegeben. Aufgrund der Marktkonsoliderung gebe es aber heute Riesen wie Activision Blizzard. Da sei es schon schwerwiegender, auf der schwarzen Liste eines Herstellers zu landen.

N'Gai Croal kommt zu dem Schluss, dass die Hersteller die Spielepresse letztendlich nur als notwendiges Übel betrachten, sie gar "verachten." Es sei völlig normal für viele von ihnen, Magazine unter Druck zu setzen.

Das Geschäftsmodell, auf Anzeigen der Firmen zu setzen, deren Produkte man bewerten soll, sei vergleichbar mit dem Pakt, den Faust mit dem Mephisto schloss. Und nun, da Webseiten wie IGN oder Gamespot über Marketingdienste wie GamerMetrics bzw. GameSpot Trax den Werbekunden einen genauen Überblick darüber geben, wie sich die Leser in den Portalen bewegen, wieviel Interesse mit einem Spiel generiert wird und wie es sich im Vergleich mit anderen schlägt, sei die Beziehung zwischen Hersteller und Presse eher parasitischer als symbiotischer Natur. Jene Daten hätten nämlich nicht nur Auswirkungen auf den Werbebereich, Firmen würden nun auch ihre PR-Politik danach ausrichten und jene Magazine entsprechend (nicht) versorgen je nach Bedarf.

Im besten Falle würde das die Grenzen zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten nur aufweichen, im schlimmsten würde die Redaktion zum verlängerten Arm des Herstellers. Previews seien generell nur positiv. Die Mitarbeiterin eines Publishers vertraute Croal an, dass es der herausfordernste Teil ihrer Arbeit sei, ihren Vorgesetzten verständlich zu machen, warum ein Titel eine schlechte Wertung bekommen hat, obwohl die Vorberichterstattung doch gut war.

Die Bedeutung der letztendlichen Wertung habe dank Webseiten wie Gamerankings stark zu genommen. So würden manche Publisher beispielsweise bestimmte Wertungsvorgaben in Verträge mit Entwicklern einbauen, die auch darüber entscheiden würden, wie hoch die Boni ausfallen werden. Jene Durchschnittswertungen würden wie ein Damoklesschwert über manchen Studios hängen.

Das Pochen auf die Wertungen gehe mittlerweile so weit, dass Hersteller potenzielle Käufer sogar in die Irre führen würden. So hatte Eidos bis vor Kurzem auf der offiziellen Webseite von Kane & Lynch Grafiken und Zitate aus Previews derartig kombiniert, dass der Eindruck entstand, dass das Spiel Höchtwertungen in diversen Magazinen bekommen hatte.

Publisher würden die Spielepresse eher geringschätzig betrachten. Was u.a. darin begründet sei, dass diese aus der Fanszene heraus entstanden ist, sich nicht aus einem Bereich des Journalismus abgekoppelt hat. Der Aufstieg des Internets habe das Verhältnis nicht gerade verbessert, da es nun neue Medien wie Blogs gab, die sich aus Sicht der Hersteller noch schlechter kontrollieren ließen. Es gehöre aber zum Selbstverständnis mancher Firmen zu glauben, den Informationsfluss und die Berichterstattung in Magazinen bestimmen zu können.

Ein Publisher wie Eidos würde es kaum wagen, jemanden wie ihn, der für ein großes Magazin wie Newsweek arbeitet, unter Druck zu setzen, so Croal. Schließlich sei man nicht abhängig von Kunden aus der Spielebranche. Umso frustrierender sei es für ihn, die Entwicklung in der Spielepresse zu sehen. Deren einzige Option sei es, offen und transparent über derartige Vorgänge zu berichten, anstatt sie zu verschweigen. Wer das nicht mache, dem könne auch nicht geholfen werden.

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