von Julian Dasgupta,

Kritik an der Jugendschutzänderung

Kritik am gestern vom Bundeskabinett abgesegnetem Entwurf der ersten Änderung des Jugendschutzgesetzes kommt aus den Reihen der CSU. Dort wird allerdings erwartungsgemäß nicht bemängelt, dass das derzeitige Gesetz erweitert wird - Bayerns Jugend- und Familienministerin Christa Stewens gehen die Änderungen nicht weit genug.

Die beschlossenen Maßnahmen seien zwar grundsätzlich richtig, "ihre Wirkung jedoch eher kosmetischer Natur." Das verwundert nicht, schließlich hatte der mittlerweile zum Ministerpräsidenten des Bundeslandes aufgestiegene Günther Beckstein schon länger strafrechtliche Konsequenzen für die Herstellung und Verbreitung der so genannten "Killerspiele" gefordert - ein ungleich härteres Vorgehen als die gestern abgenickte Neuformulierung der Indizierungskriterien sowie die bschlossene Vergrößerung der Alterkennzeichen auf den Packungen und Datenträgern.

Stewens moniert außerdem, dass keine der Maßnahmen für den Onlinebereich gilt - dort bestehe aber großer Handlungsbedarf. Das Bundesfamilienministerium hatte hingegen verlauten lassen, etwaige Änderungen dort erst später initiiert werden würden, da man noch den Abschluss der Evaluation der Studie des Hans von Bredow-Instituts abwarten werden.

Bayerns Familienministerin wiederum hätte sich ein "klares politisches Zeichen gewünscht, dass gewaltbeherrschte Spiele in unserer Gesellschaft nichts verloren haben." Schließlich seien diese "nicht mit dem Wertesystem des Grundgesetzes vereinbar." Man werde sich deswegen weiterhin für ein strafrechtlich verankertes Herstellungsverbot, höhere Bußgelder und schärfer Indizierungskriterien einsetzen.

Mittlerweile hat sich auch der Publisherverband BIU zu Wort gemeldet. Die beschlossenen Maßnahmen sind laut Olaf Wolters, Geschäftsführer des BIU, "verfassungwidrig" und würden die aktuelle Situation auch nicht verbessern. Mit der gesetzlichen Indizierung von Spielen würden die bisherigen Prüfverfahren von USK und BPjM einfach übergangen, für Hersteller und Händler würde es zudem weiterhin keine validen Kriterien dafür geben, was denn noch zulässig, und was bereits verboten sei.

Auch kritisiert der BIU das voreilige Handeln der Politiker - der abschließende Bericht des Hans von Bredow-Instituts liege erst seit Ende Oktober vor, hätte somit noch gar nicht vollständig ausgewertet werden können. Die verfrühte Initiative der Bundesfamilienministerin "würde mehr Lücken öffnen als schließen", heißt es schließlich in der Hoffnung darauf, dass der Bundestag bei der endgültigen Abstimmung vielleicht doch seine Zustimmung verweigert. Der Jugendschutz könne besser gestaltet werden, wenn man das Gesamtsystem auf den Prüfstein stelle, anstatt vorschnell und mit vereinzelten Änderungen zu handeln.
Quelle: Heise.de/Pressemitteilung BIU

Kommentare

Max Headroom schrieb am
@CRA:
Im Grunde genommen hast Du vollkommen Recht im Bezug zur CO2-Abgabesteuer. Es kann gerechter verlaufen als geplant. Doch hier siehst Du es ganz deutlich... wärend um Umweltbereich die Kaiserin direkt mit der Hand auf den Tisch haut, da "Arbeitsplätze gefährdet sind", bzw. die Preise für unsere Autos steigen, wird bei ungerechter Behandlung hiesiger Spielefirmen nicht ein Finger gerührt. Würde die CSU-Regelung in Aktion treten, dann ergibt sich folgendes Bild: Hersteller müssen sich bücken, um jeglichen Bluttropfen und menschlich anmutende Gegner zu entfernen, mitsamt der am rechten Bildschirmrand sichtbaren Waffe. Würde man das Spiel sogar hier im Lande entwickeln, wäre man mit einem Bein schon im Gefängnis. Schiessereien an sich, ob "Ego-Shooter" (korrekter: Killerspiel) oder Top-Down Söldnerspiel, wären zwecks menschenverachtender Aktion gegenüber der sich mit Schusswaffen verteidigenden Horden an Sprites, auf dem Index. Rennspiele, dessen fiktive Handlung auf öffentlichen Strassen zu finden sind, wären gefährdet. Schließlich ist das Risiko, Fiktion nicht mehr von der Realität trennen zu können, zu hoch. Schüler können mit einem gestohlenem Fahrzeug und angezogener Handbremse Burnouts auf dem Schulhof vorführen ! Und wir alle wissen ja längst über die GTA-süchtigen Kinder bescheid. Noch nicht mal volljährig, offenbaren sie Amokläufe im Internet, planen Anschläge auf Botschaften, verteilen Kinderpornos auf dem Schulhof und versenken Kriegsschiffe... in der Badewanne. Gut, das zumindest die CSU die Weitsicht hatte, diese unerträgliche und mit dem Grundgesetz nicht vereinbare Unterhaltungsform zu unterbinden ! Ich geh' mir gleich einen hinter die Binde kippen und besuche danach meinen an Lungenkrebs erkrankten Onkel im Krankenhaus. Ihm wurde letzte Woche das Raucherbein amputiert. Die Kirchenmänner haben oft genug Kirchenkinder an gewissen Stellen "missioniert", und die kath. Kirche hat nicht einen einzigen Schlag abbekommen. Da muss nur der Papst einmal...
Nerix schrieb am
Interessanter Beitrag, dem ich im großen und ganzen zustimmen kann.
Ich denke diese Problematik wird erst dann gelöst werden, wenn eine Generation an die politische Macht kommt, die mit Computerspielen aufgewachsen ist. Dies wird zwangsläufig zu einer realitätsnäheren Betrachtungsweise mit der Thematik führen. Man sollte zwar die Hoffnung haben, dass auch die heutigen Politiker rational genug sind um die Argumente zu sehen, aber dafür fehlt es wie gesagt an einer Lobby die diese auch vortragen kann. Außerdem verteufelt man natürlich gerne Dinge, die man selber nicht kennt...
Max_Headroom hat geschrieben:Jüngstes Beispiel ist z.Bsp. die CO2-Abgabesteuer hiesiger Automobilfirmen.
Auch wenn es nicht wirklich zum Hauptthema gehört, bin ich in diesem Punkt anderer Meinung als Du. Das Ziel dieser Verordnung ist es, den CO2 Ausstoß in Europa zu senken und somit den Umweltschutz zu stärken. Allerdings ist es ein Witz, wenn von dieser Veordnung hauptsächlich Automobilhersteller großer Fahrzeuge betroffen sind, da der Marktanteil dieser Fahrzeuge nicht sonderlich groß ist. D.h. selbst wenn diese Fahrzeuge ihren CO2 Ausstoß erheblich senken, aber die große Masse an Kleinwagen nicht, führt dies zu kaum einem Effekt.
Abgesehen davon würde dies schlicht und ergreifend dazu führen, dass die Hersteller großer Autos sich Hersteller kleiner Wagen einverleiben, um ihren Schnitt zu senken. Kann das das Ziel sein?
Wenn man hingegen einen progressiven CO2-Ausstoß vereinbart, ist der Umwelt viel mehr geholfen, da dann sowohl kleine als auch große Hersteller etwas tun müssen, was insgesamt einen sehr viel größeren Effekt auf den CO2 Ausstoß hätte und somit wesentlich schneller zum anvisierten Ziel führen. Abgesehen von der Industriepolitik für das eigene Land (die jedes Land machen muss, Frankreich ist hier ein besonders extremes Beispiel), sind in diesem Fall auch die rationalen Argumente auf unserer Seite.
Max Headroom schrieb am
Es folgt... das Wort zum Samstag. Ihr Gastgeber Max H. zum Thema: "Gib mir Deine Gedärme !"
Wir leben im 21stem Jahrhundert und unsere Kultur ist geprägt von Konsum und Unterhaltung. Wir besitzen beste medizinische Versorgung, ein Fachwissen, das sich trotz PISA immer noch - besser gesagt: gerade noch - vorzeigen lässt. Und wir haben Potenzial und Qualität auf unserer Seite. Und dennoch... wir besitzen teilw. ein völlig veraltetes Wertesystem, welche auch noch mit dem falschen Maßstab benutzt wird.
Ja, in vielen gewaltdarstellenden Unterhaltungsspiele wird "Mord und Totschlag" als Hauptthema dargestellt. Und ja, in den Shooter-Spielen ist eine der wichtigsten Fragen immer noch: "Wieviele Waffen hat den mein Held ?".
Doch die Projizierung dieser "Waffenauswahl-Problematik" auf die Probleme unsere Gesellschaft (Amoklauf, Elternpflicht,...) ist gelinde gesagt: wahnsinnig!
Doch leider existiert absolut kein Erklärungsbedarf, weder von der Spielerseite, noch von der Herstellerseite aus. Oder hat jemand tatsächlich mitbekommen, dass ein Herr XXX persönlich zu Herrn Becksteins Residenz eingeladen wurde um ihn aufzuklären, dass die Auswahl der Waffen in Spielen nicht dazu dient, den nächsten Amoklauf zu planen, sondern den Ursprung in den alten Automatenspielen hatte, um damit Abwechslung im monotonem "Space Invaders" Genre zu bringen, und um schwerer zu besiegende (End-)Gegner zu meistern ? Wenn ja, dann habe ich wirklich etwas verpasst... das verwunderte Gesicht dieses Beamten ;)
Leider erfolgt eine völlig andere Art der Aufklärung. Redaktionelle Berichte auf öffentlich-rechtlichen Sendern erzeugen ein Bild von verstumpften, gewaltbereiten und kriegstreuen Spielen. Der zweite Weltkrieg wird als "Computerspiel" dargestellt, dessen einzigste Ziel die Auslöschung der andere Rass.. äh... das töten aller Mitspieler ist. Die Jugend wird durch solche Spiele manipuliert und mutiert zum amoklaufendem Mob. Gegendarstellungen dazu werden, wenn überhaupt, nur in Foren und auf...
Nerix schrieb am
NSoldat hat geschrieben: PS: Kann man sich dagegen als Ewachsener Spieler net wehren? Ich werd doch hier gegen meinen Willen bevormundet? Verstöst das nicht gegen gültige Gesetze?
Ein wenig weiter oben haben wir genau die Frage diskutiert.
schrieb am