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03.05.2008 22:01, Julian Dasgupta

Spiele: "Die überraschende Wahrheit"

Es gibt so einige Studien über die Auswirkungen von Videospielen auf die Personen, die sie konsumieren - zweifelsfrei nachgewiesen wurde die oft debattierte mutmaßliche Wechselwirkung zwischen gezeigter Gewalt und daraus entstehender Aggression aber nicht. Untersuchungen, die entsprechende Tendenzen nahelegen, müssen sich oft den Vorwurf gefallen lassen, aus statistischen Zusammenhängen auch kausale konstruieren zu wollen. Ebenfalls oft nur unzureichend oder gar nicht betrachtet wird die Frage, ob Personen mit einem höheren Aggressionspotenzial nicht einfach eher dazu neigen, auch entsprechende Spiele auszuwählen.

Der jüngste Spross in der Familie der Untersuchungen, in denen kein kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden konnte, kommt von der renomierten Harvard University. Die Kollegen von der GEE unterhielten sich mit Cheryl Olson, einer der an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen, die die Ergebnisse dieser nun in Form eines Buchs, "The Surprising Truth About Violent Videogames" (Die überraschende Wahrheit über gewaltlastige Videospiele), zu Papier gebracht hat. Laut Olson sollten sich Eltern keine Sorgen über Kinder machen, die häufiger Zeit am PC oder mit der Konsole verbringen:

"Im Gegenteil: Unseren Ergebnissen zufolge besitzen Kinder, die keinen Kontakt zu Videospielen haben, mehr Probleme in der Schule oder im Elternhaus. Nicht dass Games per se glücklich machen - aber da die meisten Titel gemeinsam gespielt werden, ist ein Nichtspielen heutzutage ein Zeichen von fehlender Sozialkompetenz."

Ein Zusammenhang zwischen Spielen und Gewalt an Schulen oder gar den Amokläufen in Columbine, Erfurt oder Emsdetten - von diversen Politikern in der Debatte um Unterhaltungssoftware oft ins Feld geführt - sei nicht nachweisbar. Zu vielen Studien in dem Bereich hat Olson auch eine recht eindeutige Meinung:

"Mit Verlaub, aber die meisten Studien zum Thema sind Müll. Sie werden von Psychologen durchgeführt, die keine Ahnung von Videospielen haben und Menschen in einer künstlichen Umgebung 15 Minuten Games spielen und vergleichen lassen. Eine Viertelstunde! In der Zeit habe ich gerade mal die verdammte Steuerung verinnerlicht."

Oft würden im Rahmen einer Untersuchung zudem nur Extreme betrachtet - beispielsweise würde man einem Ego-Shooter dann Spiele wie Myst gegenüberstellen, die so weit am anderen Ende des Spektrums liegen würden, dass das Ergebnis dann fast zwangsläufig sein müsste, dass der Shooter eher Aggressionen induziert.

Bei den Untersuchungen müsse man generell auch darauf achten, wer das Ganze finanziert hat. So gebe es vielleicht auch die eine oder andere Studie, die von Spieleherstellern gefördert wurde, und die dementsprechend mit Vorsicht zu genießen sei - das wäre aber eher selten der Fall. Die Harvard-Studie sei beispielsweise von einem Politiker der republikanischen Partei angestoßen worden, der es nur zu gerne gesehen hätte, wenn man dort hätte aufzeigen können, dass ein Spiel wie GTA die Jugend gefährde. Der habe sich nach der Bekanntgabe der Ergebnisse bisher auch nicht mehr gemeldet, so Olson.

Die Forscher hatten 1200 Eltern und Kinder befragt und stellten dabei u.a. fest: Jungs konsumieren Spiele lieber in Gruppen, bei Mädchen hingegen ist die Anzahl der Solisten größer.  Nicht unbedingt erwartet hatte man übrigens, dass die GTA-Reihe nach der Sims-Serie bei Mädchen am beliebtesten ist.

Das komplette Interview ist bei Spiegel Online zu finden.

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