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09.11.2012 11:20, Julian Dasgupta

Silicon Knights: Muss Spiele & Code vernichten

Im Gerichtsprozess zwischen Silicon Knights und Epic Games hatten Letztere einen Sieg verbuchen können. Silicon Knights wurde dazu verdonnert, 4,45 Mio. Dollar an den Engine-Anbieter zu zahlen, da man sich Geschäftsgeheimnisse zu Eigen und geltendes Copyright verletzt hatte.

Das ohnehin angeschlagene Studio, das dem Vernehmen nach nur noch als Skelett mit fünf Angestellten existiert, dürfte jenen Betrag wohl kaum aus der Portokasse zahlen können. Der Gerichtsbeschluss geht allerdings noch weiter : Das Studio wurde angewiesen, sämtlichen Code von Too Human und X-Men: Destiny sowie der unveröffentlichten Titel The Sandman, The Box/Ritualyst und Siren in the Maelstrom bis zum 10. Dezember zu vernichten.

Den Sammlerwert erhöhen könnte eine weitere Anordnung: Silicon Knights darf die Spiele auch nicht mehr vertreiben/verbreiten und muss zudem sämtliche bisher nicht verkauften Exemplare zurückrufen und ebenfalls zerstören. Die Kosten dafür muss das Studio selbst tragen.

Unklar ist, wie die beiden betroffenen Publisher mit dem Urteil umgehen. Möglich wäre eine Einigung mit Epic, um den Weitervertrieb zu sichern. Für Microsoft dürfte das 2008 veröffentlichte, unter den Erwartungen gebliebene Too Human allerdings ein längst abgeschlossenes Kapitel sein. Das für Activision produzierte X-Men: Destiny kam vor einem Jahr in dem Handel, ging aber sowohl wertungs- als auch absatztechnisch völlig unter. Es ist davon auszugehen, dass sich die beiden Hersteller in ihren Verträgen gegen einen solchen Fall abgesichert haben und möglicherweise noch Strafzahlungen einfordern können für potenziell entgangene Verkäufe und Vertragsverstöße seitens der Entwickler - der Rechtsstreit zwischen den beiden Studios begann noch vor dem Stapellauf von Too Human.

Silicon Knights hatte seinerzeit Epic Games verklagt und der Firma vorgeworfen, mit der Unreal Engine 3 nicht das versprochene Produkt geliefert zu haben. Epic habe seine internen Ressourcen auf Gears of War fokussiert, statt ausreichend Support für die Lizenznehmer zu gewährleisten. Die Unzulänglichkeiten des Unterbaus und die Notwendigkeit, letztendlich eine eigene Technologie zu entwickeln, hätten die Produktion von Too Human verzögert. Dies wiederum habe sich auf die Vermarktung und den Absatz ausgewirkt - andernfalls hätte sich das Spiel deutlich besser verkauft. Da Microsoft aufgrund der mäßigen Verkaufszahl die Option auf zwei Fortsetzungen verstreichen ließ, stellt Silicon Knights gleich noch die hypothetisch dadurch erwirtschafteten Einnahmen in Rechnung und forderte später insgesamt einen Schadensersatz von knapp 58 Mio. Dollar.

Mark Rein & Co. antworteten in Form einer Gegenklage: Die Kanadier hätten die Engine neun Monate lang evaluiert, bevor das Lizenzabkommen letztendlich unterzeichnet wurde - das Team habe den Stand der Technologie genau gekannt. Silicon Knights hatte dann laut eigenen Angaben damit begonnen, den UE3-Code nach und nach durch eigenen Code zu ersetzen. Das Ergebnis betrachtete man als hauseigene Technologie, die auch in Folgeprodukten von Too Human zum Einsatz kam. Epic - und schließlich auch das Gericht - wollten aber jener Argumentation nicht folgen.

Update: Wer das volle Urteil lesen will, wird hier fündig . Darin wird u.a. dargelegt, dass Silicon Knights reichlich Code aus der Unreal Engine direkt in die hauseigene Engine kopiert hat. Die Entwickler hätten dann versucht, jenen Umstand zu vertuschen, indem der Code gesäubert und Copyright-Vermerke entfernt wurden. Allerdings hätte man auch nichtfunktionale Teile wie Kommentare von Epics Programmierern samt typografischer Fehler übernommen und nicht entfernt. An einer Stelle habe es auch die Anmerkung "ripped directly from Unreal" gegeben. Im Code von The Box/Ritualyst und The Sandman seien jeweils insgesamt 20.259 Code-Zeilen, die aus Epics Engine stammen, im Falle von X-Men: Destiny seien es 16.065 Zeilen.

Zusätzlich zu den bereits von der Jury festgelegten Zahlung von 4,45 Mio. Dollar für fällige Lizenzkosten und Vertragsstrafen entschied der Richter, dass Epic noch weitere 4,7 Mio. Dollar für Anwaltskosten, andere mit dem Verfahren in Zusammenhang stehende Ausgaben und entgangene Zinsen zustehen.


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(Bildquelle: neogaf-Forum)

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