von Julian Dasgupta,

Quo Vadis 2014: CD Projekt über Klagen und Vorteile der Unabhängigkeit

In ihrem Vortrag auf der Quo Vadis 2014 gingen Marcin Iwinski und Michal Nowakowski darauf ein, welche Vor- und Nachteile es für ein Unternehmen mit sich bringt, unabhängig zu sein.



Das Unternehmen wurde 1994 von zwei Leuten gegründet, um Computerspiele in Polen zu vertreiben. CD Projekt RED wurde dann 2002 aus dem Boden gestampft. Dabei habe man auf der Expertise aufgebaut, die man beim Verkauf von Spielen gesammelt hatte. Es sollte dann fünf Jahre dauern statt geplanter drei, bis der Debüttitel des Studios erschien: The Witcher. Mittlerweile haben sich die Spiele der Firma über sieben Mio. Mal verkauft.

Bei The Witcher hatte man bekanntermaßen die Aurora Engine von BioWare lizenziert, die in Neverwinter Nights zum Einsatz kam. Da man keine Erfahrung im Bereich Technologie-Entwicklung hatte und es ansonsten keine für Rollenspiele geeignete Engine gab, sei dies die optimale Wahl gewesen.

Vertragsklausel unterschätzt

Vom ersten Tag an sei klar gewesen: Man müsse die Rechte an den eigenen Marken besitzen und wolle diese nicht abtreten. Ein Großteil der Entwicklung von The Witcher konnte man über das Distributionsgeschäft finanzieren - da die Produktion aber deutlich länger dauerte als erhofft, benötigte man doch irgendwann einen externen Geldgeber.



Mit Atari habe man einen Partner gefunden, mit dem man dann aber sechs Monate verhandeln und kämpfen musste, bis der finale Vertrag stand, der CD Projekt die Rechte am eigenen Spiel zusicherte. Eine Klausel habe man dabei aber mehr oder weniger unterschätzt: Atari sicherte sich das Recht auf "first negotiation & last refusal". Für kommende Projekte verpflichtete sich das Studio damit, zuerst mit Atari zu verhandeln, bevor man sich mit anderen Publishern unterhalten durfte. Mit Letzterem hatte Atari außerdem den Anspruch auf einen Deal, falls man mit dem Angebot eines anderen Publishers mithält.



Atari finanzierte dann auch die Konsolenumsetzung des ersten Teils, The Witcher: The Rise of the White Wolf. Fünf Tage nach einer erfolgreichen Präsentation bei Atari sei man aber vom französischen Partnerstudio kontaktiert worden: Dort wollte man das Projekt fünf Monate verschieben, um eine interne Finanzierungslücke zu schließen. Da CD Projekt befürchtete, dass jenes Team nicht mehr die erwünschte Qualität liefern kann, beschloss man, das Vorhaben einzustampfen.

Der Vertrag mit Atari für The Witcher 2 sei eher aus Not geboren worden, am Ende hätten aber beide Seiten davon profitiert. Wichtig: CD Projekt behielt das Recht, das Rollenspiel eigenmächtig digital vertreiben zu können.

Auch war klar, dass man nach den Erfahrungen mit The Witcher mit der RED Engine eine eigene Technologie entwickeln wollte. Dadurch würde man eine Engine haben, die an die eigenen Bedürfnisse angepasst ist - und bei der man keine Lizenzgebühren abführen musste.

Die alte Vertragsklausel mit Atari sollte sich später schmerzhaft bemerkbar machen. Bandai Namco Games - in Europa der Nachfolger von Atari - hatte Interesse an einer Xbox-360-Umsetzung geäußert. Das Angebot sei aber nicht ansprechend gewesen. THQ habe sich dann aber mit dem Studio in Verbindung gesetzt und eine bessere Offerte unterbreitet. Man habe sich mit mit Bandai Namco unterhalten und vermeintlich geeinigt. Der Publisher bereitete aber derweil eine Klage gegen CD PRojekt vor. Das Gericht entschied dann auch: Die Entwickler müssen das Spiel über Bandai Namco vertreiben.

Man sei dann zu THQ geflogen, um die Kooperation irgendwie abzuwickeln und habe dort so ziemlich "das schlimmste Meeting" erlebt, das man je hatte. Am Ende verlor man Geld wegen des verlorenen Verfahres und da man THQ quasi auszahlen musste. Immerhin: Die Beziehung zu Bandai Namco ist mittlerweile repariert: Man habe sich aus freien Stücken dafür entschieden, den Hersteller als  Euro-Distributionspartner für The Witcher 3 ins Boot zu holen.

Für die Ankündigung des dritten Teils habe man sich eine Coverstory bei Game Informer sichern können - dem auflagenstärksten Spielemagazin der Welt. Erst danach habe man begonnen, sich mit potenziellen Geschäftspartnern zu unterhalten, wobei man dann vom bereits vorhandenen Hype profitierte.

Die Moral der Geschichte:



Hätte man die Rechte an der Marke damals abgetreten, wären die Witcher-Sequels vielleicht von anderen Studios entwickelt worden. Auch hätte The Witcher zu den Marken gehört, die nach der Pleite Ataris zum Verkauf standen.


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