Dieser Tage ist FIFA klar die wichtigste Marke im Aufgebot von Electronic Arts: Kein anderes Spiel des Herstellers setzt jährlich derartig viele Exemplare ab und legt dabei noch stetig zu.
Bei MCV gibt es jetzt einen sehr lesenswerten Blick zurück auf die Anfänge der Serie, die keineswegs einfach waren. In der Firmenzentrale habe man sich nämlich ursprünglich einen "Scheißdreck" für das Fußballunterfangen interessiert.
Dank Madden und NHL hatte EA Sports sich im US-Markt einen Namen gemacht. In Europa verkauften sich jene Titel aber erwartungsgemäß nicht annähernd so gut. Bei EA Europe setzte man sich dann dafür ein, es mit einem relativ kleinen Team doch mal mit dem runden Leder zu versuchen und mit Titeln wie Sensible Soccer und Kick-off in den Ring zu steigen.
Im Management habe man sich wegen des US-zentrischen Blicks aber nicht wirklich für das Fußballgeschehen interessiert und habe auch keine hohen Erwartungen gehabt.
Da EA Europe selbst keine Produktionskapazitäten hatte, wurde das, was damals intern EA Soccer hieß, bei EA Canada entwickelt. Mit diversen Prototypen probierte das Studio verschiedene Ansichten - darunter auch eine klassische Seitenansicht - aus, bevor man sich schließlich auf die Iso-Perspektive festlegte. Mit dieser habe man sich stark von der Konkurrenz absetzen können.
Der Publisher habe sich dann mit einem Besuch bei der FIFA die Lizenz sichern können und einen Fünf-Jahres-Vertrag zu relativ günstigen Konditionen bekommen. Die FIFA-Lizenz habe damals noch nicht Spielernamen, Vereinsnamen und -logos umfasst.
Mit einem Budget von 50.000 bis 100.000 Dollar habe man sich in verhältnismäßig kleinen Bereichen bewegt. Jener Umstand und der schützende Mantel von EA Canada hätten letztendlich dafür gesorgt, dass das erste FIFA während der Produktion nicht eingestampft wurde - in der Firmenzentrale habe man weiterhin nicht an das Potenzial des Spiels geglaubt. Das Projekt sei zum Glück so klein gewesen, dass es das Radar vieler Leute im Unternehmen unterflogen habe. Es habe aber durchaus mehrere Meetings gegeben, wo jemand fragte: "Hatten wir das nicht schon eingestellt?"
FIFA International Soccer sollte ursprünglich im Frühjahr 1994 erscheinen. Da man dann aber gegen das offizielle WM-Spiel von Ubisoft angetreten wäre, wurde der Termin vorverlegt. Das Team habe geackert, um den Titel Ende 1993 fertigzustellen.
Nach und nach habe man auch in der Zentrale die Qualität des Spiels erkannt. EA ging irgendwann davon aus, in Europa 300.000 Exemplare des nur für das Mega Drive produzierten Titels verkaufen zu können. Nach vier Wochen waren jedoch bereits fast eine halbe Mio. Spiele über den Ladentisch gewandert - und der Grundstein für Größeres war gelegt worden.
von
Julian Dasgupta,
FIFA: Der unverhoffte Erfolg
