von Jan Wöbbeking,

EU-Urheberrechtsreform: Verhandlungen zu Artikel 13 stehen bevor; Kritiker warnen erneut vor Upload-Filtern

EU-Urheberrechtsreform (Sonstiges) von Europäische Union
EU-Urheberrechtsreform (Sonstiges) von Europäische Union - Bildquelle: Europäische Union
Eine Vereinbarung zwischen Frankreich und Deutschland hat am Freitag eine wichtige Hürde für die Reform des EU-Urheberrechts beseitigt. Wie Golem.de berichtet, einigten sich die EU-Staaten am Freitagabend mehrheitlich auf den Kompromiss, der die Verhandlungen mit dem Europaparlament ermögliche. Sie sollen vermutlich am Dienstag, 12. Februar stattfinden, das Datum könne sich laut einer Diplomatin aber noch ändern. Netzaktivisten und Branchen-Insider stehen auch dem aktuellen Modell äußerst kritisch gegenüber.

20 Länder stimmten demnach für dem Kompromiss, sieben dagegen, eines enthielt sich. Startups sollen von Upload-Filtern ausgenommen werden, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Der auf Medienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt es folgendermaßen:

"Der Verhandlungsstopp hing insofern unmittelbar mit einer fehlenden Einigung zwischen Deutschland und Frankreich zusammen. Und nicht etwa wegen der Frage, ob Uploadfilter zum Einsatz kommen sollen oder nicht. Vielmehr ging es offenbar lediglich darum, welche Plattformen zum „Zensieren“ der Uploads verpflichtet werden sollen. Der nun geschlossene Deutsch-französische Kompromiss sieht vor, dass Artikel 13 für alle profitorientierten Plattformen gelten soll. Somit müssten alle Uploadfilter installieren, außer wenn die Plattform jünger als 3 Jahre alt ist, der Jahresumsatz weniger als 10 Millionen Euro umfasst und die Plattform weniger als 5 Millionen Nutzer pro Monat hat."

Golem erläutert auch technische Probleme, die Plattformbetreibern künftig das Leben schwer machen könnten:

"Durch die Neuregelung sollen große Plattformen wie Youtube stärker in die Pflicht genommen werden, so dass weniger urheberrechtlich geschützte Werke unerlaubt im Netz landen. Dazu könnte Youtube entweder Lizenzen von den Rechteinhabern kaufen oder mit Uploadfiltern die hochgeladenen Inhalte prüfen. Beides gilt unter Praktikern als unrealistisch - viele der Rechtebesitzer dürften nicht an einer Lizenzierung interessiert sein, und Uploadfilter dürften nicht ausreichend zuverlässig arbeiten."

Eine der schärfsten Kritikerinnen, MdEP Julia Reda von der Piratenpartei, bezeichnet die aktuelle Version auf Twitter als "schlimmer als je zuvor" und ruft alle Bürger erneut dazu auf, ihre Europa-Abgeordneten zu kontaktieren, um eine Verabschiedung zu verhindern:




Auch die Aktion #Saveyourinternet ruft dazu auf. Andernfalls könnte die Reform noch vor der Europawahl verabschiedet werden, die Ende Mai 2019 stattfindet. Der IT-Branchenverband Bitcom warnte auf seiner Website kurz nach der deutsch-französischen Einigung vor Angriffen auf die Meinungsfreiheit:

"Wer für Uploadfilter stimmt, schadet allen. Mit der E-Commerce-Richtlinie ergänzt durch umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung besteht bereits ein angemessener und flexibler Rechtsrahmen zum Schutz von Urheberrechten im Internet. Ihn sollte man stärken und weitere Angriffe auf die Meinungsfreiheit unterlassen. Der jetzt vorgelegte Kompromiss ist nicht mehr als ein diplomatisches Lippenbekenntnis. Die dort definierten Grenzen sind so gesteckt, dass auch kleinere und mittlere Unternehmen gezwungen werden, Upload-Filter einzuführen.“


Golem.de berichtet allerdings auch, dass das Parlament bereits Bedenken gegen den deutsch-französischen Kompromiss geäußert habe. Axel Voss, Berichterstatter des EU-Parlaments für die geplante EU-Urheberrechtsreform, habe den Vorschlag ebenfalls zurückgewiesen: Der CDU-Politiker habe betont, dass eine Ausnahmeklausel für die Betreiber noch junger und kleiner Plattformen für nutzergenerierte Inhalte mit weniger als fünf Millionen monatlichen Besuchern einen neuen sicheren Hafen für Urheberrechtsverletzungen auf deren Portalen schaffe. Dies "können wir nicht akzeptieren".

Im vergangenen Jahr hatte das EU-Parlament nach der Ablehnung im ersten Anlauf bei der zweiten Abstimmung für die Einführung eines Leistungsschutzrechts und für Upload-Filter auf Online-Plattformen gestimmt.
Quelle: Golem.de, wbs-law.de, bitkom.org, saveyourinternet.eu/de, juliareda.eu

Kommentare

James Dean schrieb am
Uploadfilter sind ja keine Zensur. Hier wird nur Hausrecht umgesetzt, also regt euch mal nicht so auf. Zensieren können nur Staaten.
Kajetan schrieb am
BMTH93 hat geschrieben: ?13.02.2019 15:34 ... ein FBI welche ohne Genehmigung Häuser und Personen festnehmen kann, ...
Häuser festnehmen? Oh Gott!!! Da fehlt wohl ein "durchsuchen"? :)
Nein, ich weiß schon, was Du meinst. IMHO ist das aber nicht Grund für depressives Zusammensacken, weil "man kann ja eh nix machen", sondern eher Grund für leises Lächeln.
Denn man darf nicht ausser Acht lassen, dass die Reichen und Mächtigen all diese Systeme nur deswegen aufbauen, damit sie nachts besser schlafen können, weil sie glauben damit diese komische Bevölkerung besser im Griff haben.
Sie bauen sich eine Kontrollillusion auf, die auf dem Papier total geil wirkt, sobald aber genug Menschen die Faxen dick haben und einfach aufhören das System zu unterstützen, nützt Dir die dollste Überwachung nämlich gar nix. Weil diese sich nur gegen Leute richtet, die sich aktiv wehren und sich organisieren wollen. Gegen eine träge Masse, die keinen Finger krümmt, wenn das System in eine Schieflage gerät (und JEDES System gerät irgendwann in eine Schieflage), kannst Du nichts tun. Du kannst sie nicht zwingen das System zu stützen, wenn sie jeden Gedanken aufgegeben haben vom System profitieren zu können.
Siehe das Ende der DDR. Da wusste die Stasi über alles, was in der Bürgerbewegung vorging, vollständig Bescheid. NICHTS war verborgen, überall saßen Informanten, alles war bekannt. Hat es ihnen etwas genützt? Nope. Weil genug DDR-Bürger einfach die Faxen dick und somit keine Lust hatten dieses System weiter zu unterstützen. Die DDR ist ansatzlos kollabiert, weil genug DDR-Bürger nicht mehr DDR-Bürger sein wollten und innerlich längst ausgewandert waren.
Ich lächle, weil dieses perfide Überwachungssystem zu nichts anderem beiträgt als zu einer Kontrollillusion, welche die Reichen und Mächtigen in Sicherheit wiegt, während all das, von dem sie profitieren, Stück für Stück unter ihnen wegbricht, weil sie ja keine Notwendigkeit für Reformen und Teilhabe sehen, weil sie glauben alles fest im...
BMTH93 schrieb am
Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird Orwells Zukunftsvision zur bitteren Realität. Wir haben bereits eine NSA die theoretisch alles und jeden überwacht. Eine CIA die unangenehme Regierungen einfach wegputscht, ein FBI welche ohne Genehmigung Häuser durchsuchen :D und Personen festnehmen kann, Foltergefängnisse auf Guantanamo, Gesetzte welche für die Elite keine Geltung besitzen.
Das einzige was ihnen noch gefährlich werden kann ist das Internet, da man unterschätzt hat, welche Möglichkeiten und Dynamiken sich durch das WWW entwickeln. Das haben sie erkannt und werden langsam, aber sicher dafür sorgen, dass es zu einer überwachten Zone wird.
CritsJumper schrieb am
Zum Thema Browser und App.
Ich bin darauf gekommen weil in vielen Ländern schon Facebook als das Internet gilt. Beobachtet man dann halt das immer mehr neue Nutzer, sowohl Senioren, die auch erst mit WhatsApp überhaupt erst das internet kennen gelernt haben, als auch viele ganz junge Menschen die das Internet über die Konsole, Tablet oder noch schlimmer, den SMART-TV und Alphabets Vido-App, kennen lernen.
Die kommen wahrscheinlich gar nicht merh da raus. Die verstehen nicht was das Interent eigentlich ist. Jede App.. verschärft das Verhalten indirekt. Ein wenig wie jeder der etwas mit Internet machen möchte bei einem der Großen Player ein Konto haben muss sonst hat man de Fakto fast keine Möglichekit mehr die Masse an Menschen zu erreichen.
Es ist für viele zu kompliziert eine URL aufzurufen oder eine Domain. Sie fragen einfach den digitalen Assistenten nach der Telefon-Nummer für X, Y oder nach den Öffnungszeiten und der nährt sich aus Crawlern oder den Datenbanken dieser großen IT Unternehmen. Die wenigsten prüfen da ob es sich bei der Infomation wahrscheinlich wirklich um den selben dienst handelt oder der nur Namensgleich ist und Regional überlappt mit einem anderen. Wenn dann das Navi automatisch auch noch diese Adresse setzt ist das für die meisten schon gehalten.
Ich denke das wird weg brechen. Apple drängt ja schon die Verleger über eine Newsflattrate und 10 Euro Gebühr nachzudenken, damit die Nutzer auf Appel-Geräten bequem "Nachrichten zugestellt und bezahlt" bekommen. Dahin geht unser Netz leider und das nur weil diese Platzhirsche zu viel Macht haben und die Nutzer zu bequem ist.
Aber ich hab gut reden, bin ja selber zu bequem die Angebote diser Riesen zu nutzen.. ;)
schrieb am