von Jan Wöbbeking,

Elite Dangerous: David Braben über Crowdfunding und Probleme großer Publisher: "neuerdings bestimmt die Qualität, was sich verkauft"

Elite Dangerous (Simulation) von Frontier Developments
Elite Dangerous (Simulation) von Frontier Developments - Bildquelle: Frontier Developments
In Zeiten von Crowdfunding, leichter gewordenem Eigen-Publishing und Meinungsaustausch im Internet setzt sich immer mehr die Qualität durch - zu diesem Fazit kommt David Braben im Gespräch mit Videogamer.com. In dem ausführlichen Interview gewährt der Entwickler von Elite: Dangerous aufschlussreiche Einblicke in die ehemaligen und neuen Mechanismen der Industrie. Nicht weiter verwunderlich ist, dass er sich leidenschaftlich für Crowdfunding und die Veröffentlichung ohne einen Publisher ausspricht - Elite: Dangerous war schließlich eines der ersten großen von Spielern finanzierten Projekte im damals noch verwaisten Genre der Weltraum-Sims. Im klassischen Modell, das noch vor fünf Jahren dominierte, sei solch ein Spiel nicht möglich gewesen, resümiert Braben - und erklärt auch, warum:

"Vor rund fünf Jahren wurde die Entscheidung, ob ein Spiel gemacht wurde oder nicht, noch davon diktiert, ob es sich verkaufen würde. Der limitierende Faktor war der Platz in den Ladenregalen: Dass man es auch wirklich in die Shops schaffte. Das wurde wirklich von solchen wie Activision, EA, Microsoft oder Sony kontrolliert. Es war sehr sehr schwierig, Regalplätze bei den großen Einzelhändlern zu bekommen, wenn du nicht zu diesen Leuten gehörtest. Sogar die Publisher der zweiten Riege hatten es schwer, mehr als einen Einzel-Platz für die Vorderseite der Box zu bekommen, und sie mussten sich entscheiden, welches Spiel es sein sollte. Das tötete die Langlebigkeit. (...) Das Geld in den ersten zwei Wochen wieder hereinholen zu müssen, ist tödlich. Du musst im Voraus zahlen, damit die Einheiten gefertigt werden, weil das schneller geht als weitere Auflagen zu produzieren. Du benötigst solch eine große Investition: Es ist ein großes Risiko, und das bedeutet für ein Unternehmen wie Frontier, dass wir dort einfach nicht berücksichtigt würden.

Dies [also der Online-Verkauf und Kickstarter] verändert die Dinge - nicht nur den Fakt, dass wir uns direkt an unsere Kunden wenden und wir keinen Vorrat benötigen, wir konkurrieren auch auf Augenhöhe mit EA und Activision. Und dieser Wettbewerb dreht sich um Qualität. Was sich plötzlich geändert hat - und ich glaube, darum sind Spiele in letzter Zeit viel besser geworden (...) liegt zum Teil daran, dass das Internet wirklich kritisch gegenüber Dingen ist, die nicht sonderlich gut sind. Du weißt, wenn etwas nicht sonderlich gut ist, selbst, wenn du es nicht gespielt hast. Versteht mich nicht falsch, es gibt da draußen im Internet eine Menge Hater gegen alles Mögliche. Aber ich denke, was passiert ist, dass die Qualität bestimmt, ob sich etwas verkauft, und das ist sehr gut, sehr gesund. Möge es lang anhalten! Es ist eine wundervolle Sache!"




Der Plattformer LostWinds sei ein wichtiger Testlauf für Frontier gewesen, weil man das Eigen-Publishing in kleinerem Rahmen ausprobieren konnte. Fehler und Probleme aus dem Prozess habe man bereits vor dem Start von Elite Frontier vermeiden bzw. in die Planung einbeziehen können. Außerdem habe man auf globaler Ebene ein Publikum erreicht, welches sich nicht vorhersagen ließ und welches man mit klassischem Publishing nicht so leicht hätte bedienen können. LostWinds sei nämlich wider Erwarten in China am populärsten gewesen, die USA stellte nur den zweitgrößten Markt dar. Fünf Jahre früher hätte man noch ein Büro in jedem der Territorien haben müssen. Dazu wären die Kosten und Risiken bei der Auslieferung gekommen, weil man nie wisse, ob nicht zu viel produzierte Einheiten liegen bleiben.

Ohne einen Publisher müsse man außerdem nicht unnötig viel Zeit in eine grafisch aufwändige Demo stecken, die man früher den Entscheidungsträgern präsentiert habe, um sie zu beeindrucken. Das sei vor allem deswegen wichtig gewesen, weil in der Branche erstaunlich viele Leute arbeiteten, die mit dem Thema oder dem entsprechenden Genre gar nichts anfangen könnten. Bei Schwarmfinanzierung sei das anders, weil potenzielle Interessenten sich allein schon durch ihre Leidenschaft für das Thema interessieren würden. So könne man wertvolle Entwicklungszeit sparen und den ersten Prototypen eher um die spieltechnischen Features herum bauen - wovon auch das finale Produkt profitiere. Später kümmere man sich dann mehr um visuelle Feinheiten. Für Endkunden bringe die allgemeine Veränderung der Vertriebsstrukturen ebenfalls Vorteile mit sich: Da Kosten für die Spieleproduktion allgemein sänken, würden die Titel auch für den Verbraucher immer günstiger.



Auch abseits von direktem Publishing und Schwarmfinanzierung spricht Braben über Hintergründe der Industrie: Ein wichtiger Faktor für den Erfolg von Spielen sei, dass man nicht auf die Technologie der Gegenwart, sondern auf die der Zukunft setze. Als Roller Coaster Tycoon 3 während der Entwicklung im Jahr 2004 Pixelshader unterstützen sollte, hätten viele dem Team noch einen Vogel gezeigt, weil die Kosten der dafür nötigen Hardware sehr hoch war. Ein Jahr später habe es die 8.000-Dollar-Workstations allerdings bereits für 2.000 Dollar gegeben. Bei der 4K-Unterstützung von Elite: Dangerous sei es ähnlich gewesen:

"[Die Leute sagten:] 'Weißt du nicht, dass der günstigste 4K-Monitor 8.000 Pfund kostet?' Das stimmte. Damals waren sie sündhaft teure High-end-Geräte. Aber als wir das Spiel veröffentlicht haben, konntest du 4K-Monitore schon für vielleicht 600 Dollar bekommen und mittlerweile befinden sie sich unter der Grenze von 300 Dollar - für die kleinsten, billigsten Exemplare. Man kann also ruhig 4K, 8K oder 16K unterstützen - okay, 16K wirkt nach wie vor ziemlich bescheuert. Aber die Zukunft ändert sich. Du musst dich dahin ausrichten, wo die Zukunft sein wird, und du musst bedenken, was sich während der Lebensdauer deines Spiels verändern wird. Die Welt wie sie jetzt ist - so dass man Spiele kontinuierlich patchen kann - ist großartig! Du kannst sie aktuell halten."

Was David Braben über den wachsenden VR-Trend zu sagen hat, lässt sich hier nachlesen.

Letztes aktuelles Video: Close Quarter Championships-Trailer

Quelle: Videogamer.com

Kommentare

Armin schrieb am
Ist doch egal was es ist, es geht nunmal um das, was es aussagt. Es geht um finanzierte Spiele und ob davon 90% crap sind.
HanFred schrieb am
Armin hat geschrieben:So ist aber nunmal dies Law
Sicherlich sind zumindest viele Projekte auf Kickstarter Blödsinn. Man denke z.B. an den ganzen Mist, der früher nur via Teleshopping an den Mann gebracht werden konnte. Auf Kickstarter dürften die Versuche diesbezüglich noch sehr viel weiter gehen.
Abgesehen davon ist das Law nicht wirklich ein Gesetz sondern allerhöchstens ein Diktum. Und ein Diktum ist kein Dogma.
Armin schrieb am
So ist aber nunmal dies Law
HanFred schrieb am
Armin hat geschrieben:
HanFred hat geschrieben: Das wäre nur dann so, wenn die Kundschaft effektiv nur Qualität finanzieren würde. Aber davon kann keine Rede sein, vieles ist ein Beliebtheitswettbewerb.
Ja, meinste 90% der kickstarter finanzierten Spiele sind bisher crap?
Das kann ich nicht beurteilen, dafür habe ich mich nicht genug damit beschäftigt. Bisher wurden von meiner Seite aus bloss drei Spiele gebacked, zwei davon sind durch gekommen.
Easy Lee schrieb am
Vielleicht sind wir jetzt an einem Punkt angekommen, wo die Entwicklungen allmählich zu qualitativ brauchbaren Ergebnissen führen. Im Einzelfall zumindest. Denn die schiere Masse schwemmt immer noch viel Müll mit, dessen Filterung mitunter schwierig ist.
schrieb am
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