Spielkultur
06.11.2012 15:10, Julian Dasgupta

Florence: "Berichterstattung kaum von PR unterscheidbar"

Mit etwas Verspätung und einer zusätzlichen hurricane-bedingten Unterbrechung des Seitenbetriebs hat sich jetzt auch Kotakus Stephen Totilo mit der Kolumne von Robert Florence und ihrem Echo ausführlich auseinandergesetzt . In dem Artikel kommen Kollegen wie Jeff Gerstmann zu Wort, die davon überzeugt sind: PR-Aufmerksamkeiten wie Geschenke für Journalisten würden vermutlich nur bei kleineren, weniger erfahrenen Magazinen Auswirkungen haben - alteingesessene Schreiber wie er hätten im Laufe der Jahre eh schon zu viel Kram bekommen, als dass man eine wirkliche Verwendung für Geschenke hätte. Geoff Keighley - dessen sponsor-beladenes Foto einer der Auslöser für den Artikel von Florence war - wollte das ganze Thema gegenüber Kotaku übrigens nicht kommentieren und wird jene Strategie vermutlich auch weiter verfolgen.

Florence selbst wurde ebenfalls gefragt und legt nach: Das Gros der Berichterstattung könne kaum von PR unterschieden werden:

"Dieser ganze Vorbestell/Verkaufsstart/Mitternachts-Launch-Zirkus hat viele Autoren in Cheerleader für Produkte verwandelt. Mal ehrlich - die PR-Leute leisten hervorragende Arbeit. Von dem Zirkus, den sie veranstalten, profitieren auch die Magazine. Die exklusiven Previews und Reviews sorgen für Traffic, die Presse treibt den Hype voran, und wir haben da diese ganze merkwürdige symbiotische Beziehung, die von der PR bestimmt wird. Ich habe viele Spielejournalisten gesehen, die in der vergangenen Woche gesagt habe, dass sie nie durch PR beeinflusst wurden. Aber PR ist eine subtile Sache. Wir werden alle beeinflusst dadurch."

Es müsste endlich alternative Spielemagazine geben, die PR-Beziehungen in ihrer derzeitigen Art und Weise zurückweisen, so Florence. Der findet, dass man PR-Leute deswegen nicht komplett meiden müsse, sondern kritische Fragen stellen, und Geschenke oder Dankesbriefe den Lesern gegenüber offenlegen sollte. Die Hersteller würden dann wahrscheinlich keinen Zugang mehr gewähren - die Leser wüssten dann aber, warum das so ist.

Der schlechte Ruf der Spielepresse sei teils begründet, teils auch unbegründet. Wenn ein Test mit der eigenen Meinung nicht übereinstimmt, sei es für manchen Leser auch einfacher, eine Verschwörungstheorie zu erschaffen oder Korruption zu vermuten, sinniert John Walker (RockPaperShotgun), der die Vorgänge um den Florence-Artikel bereits mit deutlichen Worten begleitet hatte. Es wäre doch viel schöner, wenn die Presse das "PR-Spiel" nicht mehr mitspielen würde, findet Walker, der idealistisch mutmaßt: "Es geht mir um diesen Kampf um Exklusivberichte, um das Platzierung von Berichterstattung. Es ist im Interesse der Publisher, dass ihre Spiele auf den Webseiten besprochen werden, und es ist im Interesse der Magazine, dass sie Informationen über Spiele haben - also wäre es doch im Interesse aller Beteiligten, dass es freien und offenen Zugang zu all dem gibt, was die Entwickler zeigen wollen."

"Habe in Panik gehandelt"

Mit Lauren Wainwright reagierte immerhin jene Person auf eine Anfrage Totilos, deren Verhalten die Kolumne erst richtig ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit katapultiert hatte. Sie habe Ende 2011 und Anfang 2012 zwei Pseudo-Reviews für Square Enix verfasst, über die der Hersteller Feedback über zwei Spiele bekommen wollte. Es sei dabei weder um Hitman- noch um Tomb Raider-Spiele gegangen, so die Autorin, die aber nicht weiter ins Detail geht: "Viele Journalisten fertigen Pseudo-Tests an, bei denen es sich quasi um echte Reviews handelt, die dann intern verwendet werden. Diese helfen den Publishern dabei abzuschätzen, wie ein Spiel ankommen wird. Ich habe niemals irgendwelche Produkte (für ein Magazin) getestet, bei denen ich in beratender Funktion tätig war. Da das eigentlich eine gängige Praxis ist bei Journalisten, die viel erfahrener sind als ich, habe ich das nie als Interessenkonflikt wahrgenommen. Ich und viele andere hinterfragen jetzt aber diese Praxis."

Sie bedauere, dass sie die Erwähnung von Square Enix als Klient in ihrem Journalisted-Profil gelöscht hat - dies sei eine Panikreaktion gewesen. Trotz der vermeintlichen Einsicht hat Wainwright allerdings bis zum heutigen Tag den Eintrag nicht nochmals aktualisiert - im Gegensatz zu dem (nicht mehr vorhandenen) Lara Croft-Bild auf ihrer Twitter-Seite.

Das Posten von Tomb Raider-Inhalten auf ihrem Twitter-Account sei rückblickend schon problematisch. Sie werde nicht von Square Enix bezahlt, um nette Sachen über Produkte des Herstellers zu verbreiten. Sie und viele ihrer Follower seien eben Tomb Raider-Fans. Sie werde jetzt aber überdenken, wie sie zukünftig über Tomb Raider oder andere Spiele plaudert.

Aus recht offensichtlichen Gründen bedauert Wainwright auch die Art und Weise, wie ihr Gespräch mit Eurogamer.net verlief. Sie habe keine Anwälte konsultiert oder rechtlichen Beistand bemüht: "Ich habe gesagt, dass das als üble Nachrede bzw. Verleumdung gesehen werden könnte, dass ich mich deswegen beraten lassen werde. Die Redaktion hat sich dann mit ihren Anwälten in Verbindung gesetzt, welche empfahlen, die Passage zu entfernen. Auch das war ein Fehler, der mir wirklich leid tut. Die Beschimpfungen waren in der Sekunde losgegangen, als der Artikel ins Netz ging, und du machst und sagts dumme Dinge, wenn dich das Internet angreift. Ich bedauere das. Ich bedauere das wirklich."

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