Spielkultur
19.03.2013 11:50, Julian Dasgupta

Refenes: "DRM ist der Kampf gegen einen nicht quantifizierbaren Verlust"

Super Meat Boy sei mindestens 200.000 Mal kopiert worden, eröffnet Tommy Refenes einen Blog-Eintrag , in dem er sich leidenschaftlich mit dem Thema Kopierschutz auseinandersetzt. Das Spiel habe sich fast zwei Mio. Mal verkauft - eine angenommene Piraterie-Quote von zehn Prozent sei nicht weltfremd, so die eine Hälfte von Team Meat. Am Ende des Jahres entstehe dadurch aber kein Minus in der Bilanz.

Wenn man annähme, dass einige jener Leute das Spiel andernfalls käuflich erworben hätten, so gäbe es dennoch keinen zuverlässigen Weg, den Verlust zu berechnen. Und so frage er sich auch, wie Firmen, die in DRM investieren, denn eigentlich genau kalkulieren.

Er habe einst bei der Handelskette KMart gejobbt. Verluste durch zerstörte oder geklaute Waren seien dort einberechnet gewesen und hätten sich anhand einer Inventur auch genau quantifizieren lassen. In der digitalen Welt gebe es hingegen kein Inventar: Wer einen unbegrenzten Vorrat hat, habe diesen immer noch, wenn ein Produkt einmal oder eine Billion Mal kopiert wird. Ob durch eine Kopie ein potenzieller Kunde verloren geht, sei völlig irrelevant - dank Internetanbindung und Online-Bezahlmöglichkeiten sei theoretisch jeder Web-Nutzer ein potenzieller Kunde. Das bedeute aber nicht, dass jeder von ihnen auch ein Spiel kaufen würde.

Es gebe keinen Nachweis, dass 300 Kopien 300 verlorenen Verkäufen entspricht. Jegliches Zahlenwerk sei letztendlich Spekulation - und man sei gut damit beraten, sich nicht auf ein auf Spekulation basierendes Geschäftsmodell einzulassen.

Da der Verlust durch Kopien nicht berechenbar sein, könne man ebenso kalkulieren, ob sich die Investitionen in DRM letztendlich auszahlen. Es gäbe schlichtweg keinen zuverlässigen Weg, die Intention der Kunden zu quantifizieren. Außerdem sei die Netzgemeinde stets fix dabei, derartige Methoden zu knacken.

"Die Leute müssen euch unterstützen wollen"

Wie auch die Betreiber von GOG.com und andere Entwicklerkollegen geht Refenes davon aus, dass sich Piraterie letztendlich nicht vermeiden lässt. Die Nutzer wären aber weniger geneigt, den illegalen Weg zu nutzen, wenn die Software einfach zu kaufen und auszuführen ist und letztendlich das macht, was versprochen wird.

Dabei kommt Refenes auf jenen Titel zu sprechen, der wohl der Auslöser für jenen Artikel war: SimCity. Ihm sei klar, dass DRM hier vielleicht nicht das Hauptproblem sei, er könne sich aber den Gedanken nicht verkneifen, dass die serverseitigen Berechnungen letztendlich nur die "'Wolf-im-Schafspelz"-Version' eines Kopierschutzes" seien.

Wie das Spiel unter der Haube funktioniert, spiele letztendlich keine Rolle: EA und Maxis hätten jetzt ein größeres Problem: "A growing number of their customers no longer trust them and this has and will cost them money."

Er habe sich das Spiel gekauft und nach ein paar Tagen frustriert bei Origin um eine Rückerstattung gebeten, die auch gewährt worden sei. Dabei handele es sich um einen für den Publisher quantifizierbaren Verlust - und der sei viel gefährlicher als ein hypothetischer. In der Welt des traditionellen Handels könne man ein von einem Kunden zurückgegebenes Produkt an einen anderen weiterverkaufen. In der digitalen Welt habe der Hersteller nichts davon angesichts des ohnehin unbegrenzten Vorrats. Was bleibe, sei ein negatives frustrierendes Erlebnis des Spielers. Und genau das sollte man als gefährlicher erachten als den Torrent eines Spiels.

"Wir haben unsere Mac-Kunden enttäuscht"

Das werde Team Meat auch am eigenen Leibe zu verspüren bekommen, mutmaßt Refenes. Mit der Mac-Umsetzung von Super Meat Boy habe man schlechte Arbeit abgeliefert. Man habe viele Mac-Nutzer enttäuscht und bei Anfragen auch das Geld zurückgezahlt. Im sei eine beliebige Anzahl von Raubkopien lieber als ein einziger enttäuschter Kunde.

Enttäuschung münde in Apathie - und das sei das Anfang vom Ende eines jeden Entwicklers. Wenn sich Leute nicht für ein Spiel interessieren, kaufen sie es auch nicht. So gehe er davon aus, dass sich die Begeisterung der Mac-Nutzer über Team Meats kommendes Mew-Genics in Grenzen halten wird. EA und Maxis könnten ein ähnliches Problem haben, wenn deren nächstes Projekt ansteht, und müssten sich dann Fragen, wie sehr "das Gift des Verkaufsstarts von SimCity" dann eingedrungen ist und wirkt.

Auch dies sei ein nicht quantifizierbarer Verlust, aber Leute würden naturgemäß eher bei Anbietern kaufen, denen sie vertrauen, nicht dort, wo sie gefühlt schon mal über den Tisch gezogen wurden. Das Vertrauen der Kunden spiele eine wichtige Rolle - und momentan gebe es nicht viel davon bei EA und Maxis.

Abschließend heißt es:

"As a result of piracy developers feel their hand is forced to implement measures to stop piracy. Often, these efforts to combat piracy only result in frustration for paying customers. I challenge a developer to show evidence that accurately shows implementation of DRM is a return on investment and that losses due to piracy can be calculated. I do not believe this is possible.

The reality is the fight against piracy equates to spending time and money combating a loss that cannot be quantified. Everyone needs to accept that piracy cannot be stopped and loss prevention is not a concept that can be applied to the digital world. Developers should focus on their paying customers and stop wasting time and money on non-paying customers. Respect your customers and they may in turn respect your efforts enough to purchase your game instead of pirating it."

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