von Benjamin Schmädig,

Anita Sarkeesian: Belästigung und Drohungen müssen anerkannt werden

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In ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit dem erzwungenen Verlassen ihres Zuhauses (wir berichteten) hat Anita Sarkeesian auf dem XOXO-Festival, einem Zusammenkommen unabhängiger Künstler, über die Mittel gesprochen, denen sich die Gegner ihrer Aufklärungsarbeit bedienen. Wie The Verge berichtet, regte Sarkeesian in ihrer zwanzigminütigen Rede vor allem dazu an, jenen Frauen Glauben zu schenken, die von Belästigung und Drohungen berichten.

"Die Täter sehen sich nicht als Täter. Sie halten sich für noble Krieger." Und um sich weiterhin in diesem Licht darzustellen, würden sie die Drohungen verneinen. "Sie machen uns für jede gegen uns gerichtete unfaire Behandlung verantwortlich und sagen, dass wir sie entweder provoziert hätten oder einfach erfinden."

Die Gegner ihrer Videoserie Tropes vs. Women hätten zudem Profile auf sozialen Medien angelegt, die ihren eigenen ähnlich sehen und über diese Kanäle gefälschte Aussagen veröffentlicht, die die Ängste all jener stärken würden, die sich von ihrer feministischen Arbeit bedroht fühlen. Falschaussagen würden so lange im Internet zirkulieren, bis sie zu "viralen Memes" würden, also einer Art allgemeinen Wahrheiten.

Es werde keine einfache Lösung für derartige Probleme geben. Als ersten Schritt zur Besserung der Lage empfiehlt Sarkeesian aber das Anerkennen der Tatsachen: "Zu den radikalsten Schritten, die man gehen kann, gehört es, den Frauen zu glauben, die von ihrer Erfahrungen erzählen."
Quelle: The Verge

Kommentare

Lord Hesketh-Fortescue schrieb am
Tjaja, die relativistische Denkfalle eines durch und durch konstruktivistischen Weltbilds. Schwieriges Thema.
Irgendwie ist ja alles, was irgendwo von irgendwem auf dieser Welt an bösen Dingen getan wurde/wird/werden wird, subjektiv nachzuvollziehen. Will man manchmal gar nicht nachvollziehen können, versucht es aber trotzdem, wie ein sorgsam eingeübtes Programm, was sich automatisch abspult. Das ist schon erschreckend: Man denkt sich in das unsagbar Böse hinein, und merkt dabei, dass man selbst - unter ganz anderen Vorzeichen - selbst ein solches Monster sein könnte. Locker sogar! Schlimmer noch sogar! Vielleicht sogar ein Leader, einer, der mit voller Überzeugung den Ton angibt. Weil es so viele Realitäten gibt wie Menschen. Sagt jedenfalls die Uni.
Und dann noch diese ganzen gruppendynamischen Prozesse, Sozialisation, Habitus, Diskurs, Peer Groups usw., die simpelste Freund-Feind-Schemata erzeugen, die einen selbst jederzeit erfassen können, ohne dass man es überhaupt merkt. Und zack, plötzlich hat einen "die Welle" erfasst, und man kämpft selber für die gute, äh böse, also jedenfalls schwarz-weiß gefärbte Sache, gegen einen ausgemachten "Freund", äh "Feind". Ist bestimmt schon längst passiert: ICH bin der Böse. Und in 500 Jahren landen unabhängige, vollkommen neutrale Aliens auf der Erde und verkünden, dass die Nazis damals in Wahrheit die Guten waren, nur dass die pragmatische Weitsicht den Menschen damals leider fehlte. Schlimm!
Kann man nichts machen. Außer, im vollen Bewusstsein um die Relativität des Handelns und Denkens seinen eigenen Standpunkt finden, und sich auf seinen moralischen Kompass und auf seinen Arschloch-Detektor zu verlassen. Denn ein Arschloch ist ein Arschloch ist ein Arschloch, wie und warum auch immer er dazu geworden ist. Ganz deterministisch, ganz undifferenziert und (bestimmt!) ganz furchtbar schwarz-weiß.
adventureFAN schrieb am
Ja und? Dann relativiere ich halt.
Ist das verboten? Mache ich mich damit direkt zum Mittäter? Ist Relativisation nicht diskussionswürdig?
Tatsache ist doch, das "Böse" immer im Ansichtsache ist.
In Israel sind die Palästinenser böse, und im Gazastreifen sind die Israeliten die Bösen.
Mehr wollte ich damit doch nicht sagen. Eine Feststellung.
Kommt halt immer darauf an wo und wie man aufwächst.
Ich will hier sicher Niemanden anstiften jetzt ins HQ der IS zu gehen und ihnen die Köpfe zu streicheln.
sourcOr schrieb am
adventureFAN hat geschrieben:
sourcOr hat geschrieben: Aus heutiger Sicht sind deine Beispiele grau, der Holocaust aber halt nicht :D Genauso wie die IS halt der reinen Barbarei verfällt. Ich bin auch vorsichtig "gut" und "schlecht" auf sowas zu projezieren, aber bei solcher Gewalt fällt das denke ich nicht schwer.
Das sagst du als wohl behütet aufgewachsener Deutscher mit den ganzen Vorteilen die wir Deutsche genießen können.
Aber stell dir mal vor du wächst im gleichen Millieu auf wie jemand der sich zur IS bekennt.
Würde es dir dann immernoch so leicht fallen?
Sollte hier eigentlich jeder gelesen haben, aber ich empfehle wirklich dringend "Die Welle" zu lesen.
Der basiert auf wahren Begebenheiten.
Ich habe doch gerade den Vorteil, von außen darauf schauen zu können. Gerade als Deutscher, der in der Schule schon eingetrichtert bekommt, wie tief Menschen sinken können. Du relativierst schon wieder und sagst, ich soll mich mal in deren Lage hineinversetzen. Mich interessiert auch, warum die da unten diesen Unsinn treiben, aber das ist teilweise maßloser Terror. IHRE Weltanschauung ist doch getrübt durch Hass, Neid und vor allem falsche Prediger.
billy coen 80 schrieb am
Wulgaru hat geschrieben:Wäre mir manchmal sogar ganz lieb, wenn man das auch in einer differenzierten Diskussion ausspricht und nicht endlos relativiert und differenziert. :wink:
Und schon wieder muss ich dich rügen: Du kleiner Schelm!!! :wink:
In seinem Fall kann ich dir aber teilweise sogar beipflichten. Meine Haltung zur "Differenzierung" gründet ja, wie ich schrieb, auf dem Bestreben, zugrundeliegende gesellschaftliche Entwicklungen zu erörtern, welche zu Radikalisierungen führen können, um vielleicht ähnliche Fälle zukünftig als potentielle Gefahr erkennen zu können. Ist zwar auch eher illusorisch, aber man darf ja wohl mal träumen dürfen... :)
Dies kann aber nur auf eine Art der organisierten Gruppenradikalisierung wie im Falle der Nazis oder eben aktuell der IS sinnvoll erfolgen. Einzeltätern mit wirren Weltanschauungen wird man niemals entgegensteuern können, weil sich deren Radikalisierung viel mehr im Kleinen und Verdeckten vollzieht.
Aber noch einmal: auch ich wollte niemals für ein Verständnis im Sinne von "man muss das auch mal aus ihrer Sicht betrachten" werben. Es gibt Dinge, die dürfen von einer Gesellschaft nicht toleriert werden, egal was die Motivation dahinter war.
Wulgaru schrieb am
billy coen 80 hat geschrieben:
Wulgaru hat geschrieben:Leute wie Breivik handeln schlicht "böse" und nur weil ich nachvollziehen kann, warum er glaubte damit richtige Dinge zu tun, kann ich es für mich immer noch als so etwas einordnen, denn für keinen Menschen der nicht des Massenmords fähig ist, stellt Breiviks Tat etwas nachvollziehbares da, nicht einmal für Menschen die keine Probleme haben andere Menschen zu töten, dürfte eine solche Tat verständlich sein.
Hast du dich durch meine Kommentare geackert oder bist du auch in dem Zusammenhang direkt auf diesen Namen gekommen?
Ist schon echt hart, was sich dieses Arschloch für eine nachhaltige Popularität verschafft hat mit seinem Massenmord...
Neulich habe ich übrigens gehört, dass von dem "schillernden Kreuzritter", als welchen er sich gerne inszenierte, nicht mehr viel übrig ist. Er soll wohl in Haft inzwischen massiv lamoyant mit seinem eigenen Schicksal hadern. Er plant wohl sogar ein Gnadenersuch und möchte nach seiner Freilassung gerne in die Politik gehen. Da sieht man echt, in was für einer Welt der Typ irgendwo leben muss... Erstmal schon zu glauben, nach einer solchen Tat schon nach wenigen Jahren Haft Gnade in Form von Bewährung zu erfahren und dann auch noch von einer Politikkarriere zu träumen... ohne Worte. Ist ja auch echt sexy für die Wählerschaft, wenn ein Kandidat in seiner Vita eine verbüßte Haftstrafe wegen 77fachen Mordes stehen hat.
Diese Meldung habe ich aber als gutes Argument gegen die Todesstrafe aufgefasst. Hätte man ihn für seine Taten hingerichtet, wäre er in dem Glauben gestorben, etwas großes geleistet zu haben und wäre für so manche Gruppierung geradezu zum Märtyrer geworden. So scheint ihn die Inhaftierung doch scheinbar massiv weichzuklopfen, so dass man vermuten kann, dass er sich und seine Ideologie mit seiner eigenen Lamoyanz zunehmend selbst dekonstruieren wird.
Nun, über was reden wir denn, wenn wir von Isis oder Nazis reden? Wir reden doch nicht über sie, weil sie...
schrieb am