Spielkultur
03.02.2015 15:42, Jan Wöbbeking

Studie: Rollenspiele senken das Urteilsvermögen und führen zu "roboterhaftem Verhalten"

Beeinträchtigt der Konsum von Rollenspielen das Urteilsvermögen in der realen Welt? Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Studie der Universität Witten/Herdecke , geleitet von Prof. Ulrich Weger: Eine Meldung auf der offiziellen Website des Departments für Psychologie und Psychotherapie resümiert, dass bei Spielern des Genres die „Grenze zwischen menschlicher und maschinenhafter Realität" verschwimme. Rollenspiele am PC oder auf Spielkonsolen, bei denen sich die Konsumenten in die Fußstapfen eines virtuellen, oftmals roboterartigen Wesens begäben, führen demnach zu "erhöhtem roboterhaften Verhalten" in der wirklichen Welt.

Ein Auszug aus der Studie:
Participants in the gaming condition were more likely to indicate that they felt they were looking through the eyes of the character in the game; that they felt they were participating in a virtual landscape; and that they “felt the actions of the character in the game were representing me.

Anlass für diese Deutung ist ein Test, bei dem die Probanden einschätzen sollten, wie gut einige Personen zu bestimmten Berufen passen. Die erste Gruppe von Teilnehmern hätte sich nach einer Spiel-Session viel leichter von unlogischen Vorschlägen des Computers beeinflussen lassen, wobei der Name des Spiels in der ganzen Studie nicht einmal erwähnt wird (was nicht unerheblich sein kann). Andere Probanden, die lediglich beim Rollenspielen zugeschaut hätten, hätten die Berufe im Test deutlich logischer zugeordnet - selbst wenn der Computer sie mit unpassenden Vorschlägen aufs Glatteis führen wollte. Die Ergebnisse der Studie wurden im Netz und in der Fachzeitschrift Psychonomic Bulletin & Review veröffentlicht - hier ein zusammenfassender Auszug von der offiziellen Website:

"In den Versuchen zur Studie zeigte sich, dass Personen, die eine Weile ein virtuelles Rollenspiel spielten, anschließend eher geneigt waren, dem Urteil von Computern bei einer sozialen Einschätzungsaufgabe zu folgen, auch wenn dieses objektiv falsch war.

Für die Studie spielten Versuchspersonen ein virtuelles Rollenspiel. Probanden in der Vergleichsgruppe schauten den Spielern dagegen einfach nur über die Schulter. Anschließend mussten alle Versuchspersonen entscheiden, wie geeignet bestimmte Kandidaten für eine bestimmte Berufstätigkeit wären. Dazu wurden zwei Kandidaten kurz beschrieben, einer von beiden war dabei der nach beschriebener Motivation und Fähigkeit jeweils besser geeignete. Bevor die Versuchsteilnehmer ihre Meinung abgaben, beurteilten zwei virtuelle Assistenten die Kandidaten. In manchen Fällen waren diese Urteile – gemessen an einem Eignungswert – richtig, in anderen Fällen waren diese Urteile falsch.

„Von besonderem Interesse waren für die Studie die Fälle, in denen die virtuellen Assistenten falsche Urteile abgaben“, erläutert Prof. Weger. „In diesen Fällen zeigte sich, dass Personen, die vorab ein virtuelles Rollenspiel selbst gespielt hatten, eher geneigt waren, sozusagen blind den Einschätzungen der virtuellen Assistenten zu folgen – sie gaben dann auch ihrerseits gehäuft das falsche Urteil ab.“ Aus psychologischer Sicht sei es wenig verwunderlich, dass das Eintauchen in ein roboterhaftes Wesen auch in der realen Welt zu entsprechenden Veränderungen im menschlichen Urteils- und Erlebensvermögen führe, so Weger weiter."

Eine frühere Studie habe bereits einen Zusammenhang zwischen Computer-Rollenspielen und einer verminderten Empfindlichkeit gegenüber emotionalen Informationen aufgezeigt – verdeutlicht an der Schmerzwahrnehmung der Spieler und bei anderen Menschen. Daher beendet Prof. Weger die Pressemitteilung auch mit folgenden mahnenden Worten:

„Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Vor dem Hintergrund dieser Studien sollten wir uns fragen, was solche Spiele mit uns machen und wie wir damit umgehen wollen. Auch die längerfristigen Wirkungen sind völlig unbekannt. Wenn wir abwarten, bis wir völlige Sicherheit über solche langfristigen Wirkungen haben, ist es für geeignete Gegenmaßnahmen sicher zu spät.“


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