Spielkultur
09.03.2015 12:08, Michael Krosta

Liegt die Spieleindustrie falsch bezüglich Spielern, Alter und der Geschlechterfrage?

Eine gemeinsame und repräsentative Studie von Rosalind Wiseman und Ashly Burch soll belegen, dass die Spieleindustrie offenbar falsche Vorstellungen davon hat, was junger Spieler und Spielerinnen bevorzugen und wie sie der Geschlechterfrage der Protagonisten gegenüberstehen. Schaut man sich die Ergebnisse an, antworten die 1.583 befragten Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen elf und 18 Jahren anders als vielleicht vermutet - vor allem, was die Meinungen männlicher Spieler über weibliche Protagonisten angeht.

Tatsächlich ist es eher so, dass weibliche Spieler dem Geschlecht der Hauptfigur eine höhere Bedeutung beimessen. So ziehen es 60 Prozent der befragten Mädchen im Highschool-Alter vor, einen weiblichen Charakter zu steuern. Bei den Jungen im gleichen Alter waren es dagegen nur 39 Prozent wichtig, einen männlichen Hauptdarsteller zu haben. Gerade diesen Unterschied von 21 Prozent nehmen Wiseman und Burch als Anlass, die Industrie zum Umdenken zu bewegen, die ihrer Meinung nach immer noch zu stark auf männliche Helden setzt, weil sie (fälschlicherweise) davon ausgeht, dass genau dies von der Mehrheit der Spieler so gewollt ist.

Auf die Frage, ob Spieler den Kauf bzw. das Zocken eines Spiels vom Geschlecht des Hauptdarstellers abhängig machen, zeichnete sich ein ähnlicher Trend ab: 28 Prozenz der weiblichen Spieler antworteten mit ja, doch bei den Jungen waren es nur 20 Prozent.

Burch und Wiseman ziehen laut Kotaku daraus folgende Schlüsse für die Hersteller: Ignoriert man den Wunsch weiblicher Spieler nach einem weiblichen Helden, ignoriert man die Möglichkeit, den Bedarf zu decken. Setzt man dagegen weiter wie bisher auf männliche Helden, erhöht man dadurch nicht die Verkäufe bei männlichen Kunden. Stattdessen lässt man potenzielle Verkäufe bei weiblichen Käufern liegen.

"Es gibt einen höheren Prozentsatz an Highschool-Jungen, denen es egal ist, als Highschool-Jungen, die lieber als ein Mann spielen wollen", so Burch. "Aber wenn man Mädchen fragt, passiert genau das Gegenteil."

Und es gab weitere interessante Ergebnisse: Laut der Studie identifizieren sich 65 Prozent der befragten Jungen als Spieler, während sich 65 Prozent der befragten Mädchen nicht als "Gamer" identifizieren können oder wollen, obwohl sie einen ähnlich hohen Wissenstand über Spiele besaßen wie ihre männlichen Mitschüler.

Letztere zeigen sich darüber hinaus sehr aufgeschlossen, was weibliche Helden angeht: Nur 19 Prozent der Befragten sprachen sich dagegen aus, in Zukunft mehr weibliche Protagonisten in Spielen sehen zu wollen. Als Aufruf an die Spieleindustrie, den Wünschen der jungen Spieler mehr nachzukommen und weiblichen Charakteren einen höheren Stellenwert einzuräumen, zieht Burch Parallelen zur Comic- und Filmwelt, die dem Verlangen bereits beide nachkommen.

"Ihr kennt alle die Eiskönigin - Völlig Unverfroren, oder?", so Burch im Rahmen ihres GDC-Vortrags. "Also lasst uns über die Eiskönigin sprechen... Warum mögen kleine Mädchen Elsa? Weil sie Eis mit ihren Händen machen kann. Wie cool ist das denn? Mädchen haben keine Superhelden, zu denen sie aufschauen können. Deshalb kommt Elsa so gut bei ihnen an. Und schaut man sich jetzt die Marvel-Titel an, die rauskommen: Da ist Captain Marvel, bei denen sie mehr von Black Widow einbauen, dann gibt es den weiblichen Thor...Squirrel Girl. Es kommen immer mehr Titel mit weiblichen Hauptdarstellern - und nicht nur deshalb, weil es das Richtige ist."

"Es ist, weil sie wissen, dass Mädchen eine Kaufkraft haben. Und sie wollen, dass mehr Mädchen ihre Comics kaufen. Weil Frauen Nerds sind, liebe Männer, und sie wollen euer Zeug kaufen."

Wer sich die Folien des Vortrags ansehen möchte, wird hier fündig.

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