von Marcel Kleffmann,

Spielkultur - Ergebnis einer Studie: Ego-Shooter wie Counter-Strike sind kein beachtenswerter Risikofaktor zur Entstehung von Amokläufen an Schulen

Spielkultur (Sonstiges) von 4Players
Spielkultur (Sonstiges) von 4Players - Bildquelle: 4Players
Ego-Shooter wie Counter-Strike sind kein beachtenswerter Risikofaktor zur Entstehung von sogenannten "School Shootings" - also von Amokläufen an Schulen. Dies ist das zentrale Ergebnis einer Studie von Dr. Arabella Liedtke mit dem Titel "School Shootings und Counter-Strike - Eine qualitative Studie zur Erforschung der Risikoeigenschaft des Ego-Shooters Counter-Strike für die Tatgenese unter Einbeziehung von Spielern". Die Arbeit lief als Dissertation am Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Feltes, M.A.

In ihrer Arbeit gelangte Frau Liedtke zu dem Ergebnis, dass Ego-Shooter wie Counter-Strike und vergleichbare Spiele aus der First-Person-Perspektive keinen beachtenswerten Risikofaktor bei der Tatentstehung von School Shootings darstellen und weitere Forschungsvorhaben sich möglichst auf andere Gesichtspunkte konzentrieren sollten. Sie hat untersucht, ob der regelmäßige Konsum des Spiels Einfluss auf weitere Faktoren nimmt, die, wenn sie kumulativ vorliegen, zur Umsetzung eines School Shootings führen können. Zu diesen anderen Faktoren zählen beispielsweise Defizite im persönlichen oder sozialen Bereich, wie Depressionen, Züge einer narzisstischen Persönlichkeit oder sozialer Rückzug, die Entwicklung von Aggressionen und Tötungsfantasien und sodann das Abgleiten in eine gewaltbesetzte Nebenrealität. Hierzu zählen aber auch Elemente, die die Umsetzung einer solchen Tat erst ermöglichen, nämlich Waffenkenntnisse, Schießtraining und die Entwicklung einer Strategie zur "Stürmung" der eigenen Schule. Auf diese Faktoren haben Ego-Shooter wie Counter-Strike nach Liedtkes Ansicht keinen Einfluss, weil sie unter anderem keine interessante Story bieten, eine langfristige Charakterentwicklung der Spielfigur, eingebettet in einen sozialen Spielraum, nicht möglich ist und die Spielfigur nicht respawnt.

Nebenbei stellte Arabella Liedtke fest, dass eine Identifizierung mit der Spielfigur sich nicht allein auf die Ego-Perspektive zurückführen lässt. Mangels sozialem Spielraum und Charakterentwicklung der Spielfigur würde eine Identifikation mit der Spielfigur im Fall von Counter-Strike ausbleiben. Die Studie ergab ferner, dass die Möglichkeit eines Schießtrainings nicht gegeben ist. Es stellte sich heraus, dass besonders ausgezeichnete Spieler seit jeher über eine durch Erfolg in Ballsportarten nachgewiesene, gute Hand-Augen-Koordination verfügen, während sich diese bei Spielern mit mäßigen Leistungen in entsprechenden Sportarten durch jahrelanges Counter-Strike-Spielen nicht nennenswert verbessern ließ. Zur Tatplanung eignet sich die Map der eigenen Schule den Ergebnissen ihrer Studie nach nicht besser als eine Bleistiftzeichnung.

In der qualitativen Studie hat Frau Liedtke zunächst auf die Methode der teilnehmenden Beobachtung zurückgegriffen. In diesem Zusammenhang hat sie das Spiel Counter-Strike in den Versionen 1.6 und Source selbst gespielt und sich innerhalb der Community, unter anderem im Forum 4Players, bewegt. Hilfestellung beim Einstieg in die Welt von Counter-Strike erhielt sie von Amateuren ebenso, wie von professionellen E-Sportlern. Darunter fanden sich unter Anderem der Profi Michele 'zonixx' Köhler, der Mapper Michael_Z., ein E-Sport-Moderator sowie auch Mitglieder und Moderatoren der 4Players-Community. Um sich ein umfassendes Bild vom Spiel und der sich darum rankenden Community machen zu können, hat Arabella Liedtke auch die gewaltfreien Varianten des Spiels - Surf und Kreedz - beleuchtet, mit einem szenebekannten Mapper dieser Varianten gesprochen und den Erfinder der Bender-Comics befragt. Den Kern der Arbeit bilden schließlich sieben qualitative Interviews mit Spielern. Besonderheiten sind eine Analyse der Map des School Shooters aus Emsdetten sowie ein Interview mit einem Counter-Strike-Spieler, der ein School Shooting geplant und in diesem Zusammenhang auch eine Map seiner Schule entworfen hatte.

Abschließend sagt Arabella Liedtke, die mittlerweile als Strafverteidigerin in Dortmund arbeitet: "Ich habe mich dem sensiblen Thema objektiv genähert, was mir insbesondere deshalb gelang, weil ich persönlich keine Affinität zu Ego-Shootern habe und vor Beginn meiner Arbeit noch nie einen Ego-Shooter gespielt habe. Ich glaube, es ist mir gelungen, das Spiel umfassend und sachgerecht zu beleuchten. Darum habe ich mich sehr bemüht und versucht, bei Fragen stets auf Profis zurück zu greifen. Für das mir entgegen gebrachte Vertrauen bin ich allen Spielern sehr dankbar."

Die Arbeit wird demnächst im Felix-Verlag veröffentlicht. Vorab ist folgender Artikel erschienen.


Kommentare

Sabrehawk schrieb am
Bambi0815 hat geschrieben:Zählt der Typ der gerade einen Mitschüler abgestochen hat (In den Nachrichten momentan) auch als Amokläufer ?
Man müsste doch nun sein Haus durchsuchen und gucken ob er Counter Strike oder Minecraft gespielt hat. Ich halte das für sehr wichtig ! Man muss doch den Schuldigen finden !
Mord und Totschlag sind Straftaten. Amoklauf existiert nicht im Strafgesetzbuch. Ich würde mal sagen nein ..es sei denn er ist wahllos auf den nächstbesten zugerannt und hat den gemeuchelt ohne Ansehen der person...dann würde wohl "Amok" zutreffen und je nachdem mit welchem Hintergrund der Meuchelnde agiert kommt auch gerne der "Terroranschlag" zur Anwendung im medialen Geschwurbel.
Elite_Warrior schrieb am
Da gibts noch eine Option: X hat nicht gefrühstückt -> X hat keine neue Energie -> X kann kein Amok mehr laufen.
Brotverbot rettet leben!
?: oh, hab den Post der Vokuhilia übersehen. :Blauesauge:
Hafas schrieb am
VokuhilaChildLover hat geschrieben:
sphinx2k hat geschrieben:Korrelationen und Kausalität...schon schwer :P
Bild
Ohne vorherige Nahrungsaufnahme wird es auch sehr schwer, die benötigte Energie für sowas aufzubringen. Also ich ehe da schon eine kausale Kette 8O
Die Nahrungsaufnahme ist aber nur eine notwendige Bedingung und keine hinreichende. Daher geht die Kette in die andere Richtung.
X läuft Amok => X hatte dafür genug Energie => X hat gut gefrühstückt.
und nicht
X hat gut gefrühstückt => X hat genug Energie => X läuft Amok
VokuhilaChildLover schrieb am
sphinx2k hat geschrieben:Korrelationen und Kausalität...schon schwer :P
Bild
Ohne vorherige Nahrungsaufnahme wird es auch sehr schwer, die benötigte Energie für sowas aufzubringen. Also ich ehe da schon eine kausale Kette 8O
schrieb am