von Julian Dasgupta,

Sind Nutzerinhalte überbewertet?

Spielkultur (Sonstiges) von 4Players
Spielkultur (Sonstiges) von 4Players - Bildquelle: 4Players


User-generated Content (UGC) - von Nutzern erstellte und bereitgestellte Inhalte - ein Schlagwort, das derzeit einige Firmen elektrisiert. Nachdem die Web 2.0-Welle binnen kurzer Zeit Phänomene wie YouTube gebar, sehen auch Spielehersteller ihre Kunden zunehmend nicht nur als reine Konsumenten ihrer Produkte. Einer der populäreren Vertreter dürfte wohl Second Life sein, welches es Teilnehmern ermöglicht, Land zu erwerben, dieses zu gestalten und außerdem eigene Modelle, Texturen und Animationen einzubinden.

Auch andere Firmen schenken den Spielern mehr Beachtung. Sony rief auf der Game Developers Conference "Game 3.0" aus und sieht dies als zentrales Konzept von Spielen wie LittleBigPlanet. Microsoft gar ermöglicht es mit XNA jedem Spieler, Software für die Xbox 360 zu entwickeln - derzeit nur daheim und auf der eigenen Konsole, die Roadmap des Konzerns sieht allerdings ein Distributionssystem vor, das irgendwann kommen wird.

Nicht überall findet UGC Zuspruch - auf der Digital Hollywood-Konferenz unterhielten sich mehrere Entwickler im Rahmen einer Diskussionsrunde über dieses Thema. So sagt David Christensen von Sony Online Entertainment, dass man hoffe zu wissen, was die Spieler eigentlich wollen, und bisher nicht die Notwendigkeit gesehen habe, eigene Titel UGC gegenüber zu öffnen. Origin-Veteran Starr Long, der nun für NCSoft an Tabula Rasa arbeitet, findet auch recht deutliche Worte:

"Es gibt einen Grund, warum Leute wie wir fest angestellt sind und bezahlt werden, um Spiele zu machen, und es gibt einen Grund, warum das bei den meisten anderen nicht der Fall ist. Sie sind einfach zu schlecht."

Mike Goslin von Disney ergänzt, dass sich die Nutzer ihrer Spiele ja bereits über die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten der Charakterattribute selbst verwirklichen könnten. Auch würden von Spielern eingebrachte Inhalte von der Marke Disney ablenken. 99 Prozent der Leute würden eh Dinge erstellen, die "ästhetisch nicht zufriedenstellend" seien.

Einzig Matt Bostwick von MTV scheint die Welt nicht zu verstehen. Die Diskussion erinnere ihn an die Fernsehindustrie, die YouTube belächelte und sich fragte, "wer sich diesen Müll den angucken wolle." Schon aus rein wirtschaftlicher Sicht müsste man UGC berücksichtigen.

Raph Koster, vormals bei Origin und später bei Sony Online Entertainment tätig, schaut in seinem Blog gar weiter zurück. In den 90ern habe es ebenfalls eine alteingesessene Garde im Onlinebereich gegeben, die meinten, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und es besser als andere zu wissen. Bis Firmen außerhalb dieses Kreises anfingen, Geld in die Hand zu nehmen und Amateure und Hobbyisten anzuheuern, die etwas Neues schufen und die alte Generation obsolet machten oder zur Anpassung zwangen.

Jene Anfänger, das seien Leute wie er oder Starr Long gewesen, die Spiele wie Ultima Online produzierten und so diesen Markt grundlegend veränderten. In vielerlei Hinsicht sei man jetzt selbst die alte Garde geworden, mahnt er, und sieht in Firmen wie MTV die nun aufstrebende Generation. Koster gilt selbst als Verfechter von UGC, und es dürfte mehr als wahrscheinlich sein, dass dies auch ein zentrales Konzept jener Dinge, an denen seine Firma derzeit werkelt, sein wird.



Kommentare

gracjanski schrieb am
ja klasse News, solche sind es, die 4players von anderen abheben :)
zum Thema: bin selber eher user, der viele Ideen hat, was man besser machen könnte, aber auf programmieren habe ich keine Lust :p Es gibt aber genug Leute, die davon eine Ahnung haben, das Stichwort Mods ist ja gefallen.
TNT.sf schrieb am
nicht zu vergessen das sogar der erfolgreichste ego shooter der welt ein mod ist :)
ich versteh nicht warum die konsolen jetzt plötzlich wieder mit ugc ankommen? die hätten das garnicht erst entfernen dürfen. damals zu commodore zeiten konnte man doch auch eigene sachen programmieren. klar heute ist die verteilung über das internet oder den online services einfacher, aber damals als der pc als spieleplattform aufkeimte hat die verteilung solcher inhalte auch ohne internet immer geklappt.
ich habe damals schon cs gespielt, wo ich noch jahrelang kein internet haben sollte, aber das hat alles gut geklappt.
jetzt wo die konsolen sehen, welche erfolge man mit solchen sachen auf dem pc feiern kann, wollen sie natürlich auch ein stück vom kuchen abhaben. aber ich kann mir nicht vorstellen, das so etwas wie xna ein erfolg wird. auf einer konsole ist soetwas einfach viel zu umständlich. es ist zwar gut, daß man mit xna genauso auf dem pc entwickeln kann, allerdings würde das ja nur sinn machen, wenn man die auf dem pc entwickelten sachen auch relativ einfach auf die konsole portieren kann.
Merandis schrieb am
Eine sehr interessante News. Und danke für die "Übersetzung". :)
Also kommt es nicht von ungefähr das Programmierer arrogant sind?! Muss man wohl auch irgendwie, aber ich kann das nicht beurteilen da ich ja keiner bin.
Aber: Ich denke das beste Beispiel was "einfach" benutzer/Spieler bewirken können, zeigen doch eindrucksvoll die diversen Mods! Es steckt oft so viel Potential in vereinzelte Leute, die es selber nie bis zum Programmierer schaffen.
Aber auch klar: Wenn jeder mit einfachen Mitteln "Spiele" erstellen könnten (z.B. anhand von einfachen Klick&Play-Mechnismen, Editoren), käme zu 95% nur Mist bei raus.
schrieb am