Bethesda
21.05.2014 22:34, Julian Dasgupta

ZeniMax Media verklagt Oculus VR

Nun ist es also passiert: ZeniMax Media und id Software haben Oculus VR und dessen Gründer, Palmer Luckey, offiziell verklagt  (via The Verge ). Dies hatte sich bereits vor einigen Wochen abgezeichnet, als der Hersteller seine Anwälte in Bewegung gesetzt hatte.

Das Mutterunternehmen von Bethesda und der ebenfalls dazu gehörende einstige Arbeitgeber von John Carmack werfen den VR-Spezialisten die Veruntreuung von Geschäftsgeheimnissen vor. Im Rahmen einer Schweigeverpflichtung habe ZeniMax Zugang gewährt zu geistigem Eigentum, das man "nach Jahren von Forschung und Investitionen entwickelt hatte." Darunter seien per Copyright geschützter Code, andere Geschäftsgeheimnisse und allgemeines technisches Know-how gewesen. Die Kurzfassung Luckey und andere Oculus-Mitarbeiter hätten sich laufend bei ZeniMax (sicherlich insbesondere id Software) bedient, seien unterstützt worden mit Hardware, Software und Manpower - ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu liefern. Stattdessen habe man letztendlich damit begonnen, ZeniMax-Mitarbeiter abzuwerben.

In dem NDA sei eindeutig festgeschrieben, dass jenes geistige Eigentum von ZeniMax nicht einfach ohne Erlaubnis der Firma von anderen verwendet werden darf. Genau das sei hier aber passiert. Oculus VR habe persönlich profitiert und habe auch dadurch Milliarden verdient, heißt es da mit Anspielung auf die bis zu 2,3 Mrd. Dollar schwere Übernahme durch Facebook.

ZeniMax habe in den vergangenen Jahren zweistellige Millionenbeträge in Forschung und Entwicklung investiert - darunter eben auch Virtual Reality und immersive Technologien. Carmack habe 2011 und 2012 ebenfalls in jenem Bereich geforscht - er habe dabei in den Büros des Herstellers gearbeitet und auf Kollegen und die Arbeitsrechner zurückgegriffen.

Im April 2012 seien Carmack und Luckey in Kontakt getreten. Der Rift-Prototyp habe zu jenem Zeitpunkt keine Kopfbefestigung gehabt, keine VR-spezifische Software, keine integrierten Sensoren und andere wesentliche Features. Carmack und andere ZeniMax-Angestellte hätten den Prototypen in vielfacher Hinsicht verbessert, die Hardware erweitert und spezielle Software entwickelt. Auch habe man die Doom 3: BFG Edition Rift-kompatibel gemacht - das Spiel sei dann für Technologie-Demos verwendet worden.


Man habe jene Hardware- und Softwareverbesserungen dann im Rahmen des NDAs Luckey gegenüber offengelegt. Auf der E3 2012 sei Rift dann auch im ZeniMax-Stand gezeigt worden. ZeniMax habe jene Termine organisiert und so dabei geholfen, Rift bekannter zu machen.

"Ohne ZeniMax wäre Rift kein praktikables Produkt geworden"

Luckey habe dies und den Wert Carmacks erkannt und nur Tage nach der E3 Oculus VR gegründet, um aus Rift ein kommerzielles Produkt zu machen. Oculus habe Hardware und Software von ZeniMax verwendet, um ein SDK für das Headset zu produzieren. ZeniMax habe die Spezifikation dafür geliefert und die Entwicklung gesteuert. Luckey und Oculus hätten die Expertise gefehlt, um ein gangbares VR-Headset zu erschaffen. Ohne das Know-how von ZeniMax wäre Rift nie ein praktikables Produkt geworden.

Von der E3 2012 bis in den Winter 2013 hinein hätten sich beide Parteien über einen angemessenen Ausgleich für ZeniMax unterhalten. Nach guten Feedback der E3 seien aber noch andere Leute zu Oculus gestoßen, die nur ihre eigenen kommerziellen Interessen im Sinn gehabt hätten. Gegen Ende 2012  sei die Firma immer ausweichender und weniger kooperativ geworden in den Gesprächen - es kam nie zu einer Einigung, und eine Entschädigung habe es nie gegeben.

Weniger als zwei Jahre nach der Gründung habe dann Facebook die Übernahme in Höhe von zwei Mrd. Dollar verkündet und damit letztendlich "den enormen Wert des von ZeniMax erschaffenen geistigen Eigentums bestätigt."

Der Hersteller pocht erwartungsgemäß auf Schadenersatz. Im Anhang der Klage merkt man an, das Unternehmen und seine Tochterfirmen hätten sich schon in den 90ern mit VR beschäftigt und außerdem Prototypen für einige seiner großen Marken wie The Elder Scrolls produziert, die für ein VR-Erlebnis optimiert worden seien. Auch id Software habe VR erforscht und dies auch nach der Übernahme durch ZeniMax weiterhin getan. Dabei verweist man u.a. auf dieses Video , in dem Carmack verlauten lässt, dass er sich schon vor 20 Jahren mit dem Thema auseinandergesetzt hatte. In einem anderen Video merkt id Softwares damalige Technical Director an, dass er den Rift-Prototypen mit eigenen Sensoren, einem Gurt und entsprechender Software ausgestattet hatte. Der Durchbruch, den Carmack mit Rift feiern konnte, habe auf Jahren früherer Forschung bei ZeniMax gefußt.

Das Unternehmen präsentiert außerdem die entscheidenden Passagen aus dem NDA, das Luckey unterschrieben hatte. Luckey habe später Daten per FTP-Zugang erhalten und sei mit weiteren Infos versorgt worden. ZeniMax habe ihm auch Kabel und speziell angepasste Sensoren zugeschickt.

Für die im Juni 2012 losgetretene und sehr erfolgreiche Kickstarter-Kampagne habe sich Oculus dann auch allerlei Erweiterungen von ZeniMax zu Nutze gemacht. Auch habe Luckey ZeniMax gebeten, den Bekanntheitsgrad des Rift zu steigern durch einen Gastauftritt im Kickstarter-Video und eine Erwähnung durch Carmack auf der QuakeCon. Auch hier gibt es entsprechende Email-Ausschnitte.

Ab Mitte Juli 2012 habe ZeniMax um Gespräche darüber gebeten, wie die zukünftige Zusammenarbeit gestaltet werden soll. Diese Bitten habe Oculus ignoriert. Dennoch habe man weiter bei der Optimierung und Kalibrierung der Doom-3-Demo geholfen, die Oculus in einem Kickstarter-Video zeigen wollte. Im Laufe des Monats habe Luckey weiteren Code und Infos zum Ändern der Firmware der von ZeniMax bereitgestellten Sensoren angefordert.

Carmack habe es abgelehnt, im Kickstarter-Video aufzutreten und Luckey außerdem empfohlen, nichts zu verwenden bei der Vermarktung, was als Eigentum von ZeniMax gesehen werden könnte. Obwohl Oculus nicht die Erlaubnis erhalten habe, Doom 3 BFG Edition für die Kickstarter-Kampagne zu verwenden, habe man die Demo dennoch in das Video eingebaut. Und obwohl es keine derartige Absprache mit ZeniMax gab, sei Unterstützern auf Kickstarter versprochen worden, dass sie an das Rift angepasste Versionen des Shooters bekommen würden. Auch warb man mit der niedrigen Latenz, die nur durch ZeniMax möglich gewesen sei. All dies sei direkt im Erfolg der Kampagne gemündet.

Luckey: Keine Ahnung von Software

Oculus habe später außerdem eine Tech-Demo von Rage verwendet, um potenzielle Angestellte und Investoren zu überzeugen. Oculus sei außerdem auf der QuakeCon 2012 präsent gewesen und habe sein Headset dort ebenfalls vermarkten können. Ohne die Hilfe von ZeniMax hätte Oculus die Hardware dort nichtmal richtig zum Laufen bekommen. Luckey habe außerdem in einer Rede betont, dass die Software-Seite überhaupt nicht sein Metier sei.

Nach der Kampagne habe ZeniMax Oculus vorgeschlagen, enger zusammenzuarbeiten und vielleicht sogar eine Partnerschaft zu bilden. Im August habe man nochmal das Anliegen zur Sprache gebracht, in Form von Firmenanteilen an Oculus VR entschädigt zu werden. Man habe keine Antwort erhalten. Oculus VR habe derweil weiterhin die Doom-3-Demo verwendet, u.a. auf der gamescom und auf der PAX.

Im September - nach mehreren weiteren Anfragen - habe Oculus dann verlauten lassen, man sei bereit für formelle Gespräche über die zukünftige Beziehung zu ZeniMax. In dem Vorschlag habe Oculus dann die exklusiven Rechte an Code von ZeniMax eingeordert und außerdem gewollt, dass man noch weitere Dinge entwickelt, die einzig für Oculus gedacht waren.

Oculus habe außerdem Marketing sowie 10.000 kostenlose Exemplare der Doom 3 BFG Edition für Kickstarter-Kunden gewollt. Im Gegenzug habe man einen Firmenanteil von zwei Prozent in Aussicht gestellt und die Option, weitere drei Prozent für 1,2 Mio. Dollar zu erwerben.

Ende September habe Oculus dann einen Prospekt an Investoren verschickt, in dem Carmack als Berater und Unterstützer genannt und das Logo von id Software verwendet wurden. Weder Carmack noch id Software hätten dafür ihre Erlaubnis gegeben. Auch Doom 3 sei dort mehrfach aufgetaucht, obwohl es eine klare Ansage gegeben hatte, kein ZeniMax-Eigentum bei den Promo-Maßnahmen zu verwenden. Zudem habe es darin eine Roadmap gegeben, in dem sowohl der Shooter als auch Skyrim als Spiele genannt wurden, die Rift-Support bekommen werden - ein solches Abkommen habe es nie gegeben.

Mitte Oktober 2012 habe ZeniMax einen Gegenvorschlag dargeboten, in dem mehr Anteile gefordert wurden. Dafür hätte man weiterhin Support geleistet und Zugang zu weiterem Material gewährt, das nicht über das NDA verfügbar gemacht worden sei. Mitte November habe Oculus geantwortet: "Mit dem Vorschlag wurde so weit über das Ziel hinaus geschossen, dass wir uns fragen, ob noch Hoffnung besteht." Trotzdem habe sich die Firma weiter auf die Unterstützung von ZeniMax verlassen und noch Ende November bei Entwicklern wegen Hilfe angefragt. Dabei zeigt man mehrere Emails, in denen Oculus-Angestellte bei Carmack & Co. nachfragen, wie sie bestimmte Sachen in ihren Spielen umgesetzt haben.

Im Dezember habe Oculus einen neuen Vorschlag unterbreitet: In dem hätte es keinerlei Anteile als Entschädigung gegeben, nur die Möglichkeit, Anteile für mehrere Millionen Dollar zu erwerben. Auch habe man einen neuen Investorenprospekt anfertigen lassen, in dem nach wie vor ZeniMax-Eigentum prominent auftauchte. Ungeachtet all jener Dinge habe man ZeniMax auch weiterhin um Hilfe gebeten.

Da sich Oculus ernsthaften Verhandlungen verweigert hatte, habe man Carmack Anfang 2013 angewiesen, Luckey & Co. keine Hilfe mehr zu gewähren, bis es endlich eine Einigung gibt. Anstatt ZeniMax angemessen zu entlohnen, habe sich Oculus dann bemüht, Carmack und andere Entwickler abzuwerben. Carmacks Vertrag sei im Juni 2013 ausgelaufen - er habe seinen Arbeitgeber darüber informiert, dass er das Abkommen nicht verlängern wird und stand dem Hersteller dann noch drei Monate als technischer Berater zur Verfügung. Bei seiner Verpflichtung habe Oculus wieder und wieder betont, wie groß Carmacks Beitrag zu Rift gewesen sei.

Im Februar 2014 hätten dann fünf weitere einstige und eng verbundene Kollegen von Carmack gleichzeitig gekündigt. Diese hätten Zugang zu Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Infos gehabt - mindestens einer davon habe sich geweigert, schriftlich zu bestätigen, dass er sämtliches vertrauliches Material nach seiner Kündigung wieder an ZeniMax übergeben hat. Jene fünf Entwickler hätten dann bei Oculus angeheuert.

ZeniMax habe Carmack am 20. Februar per Brief an seinen einstigen Arbeitsvertrag erinnert, in dem ihm untersagt wird, innerhalb der ersten zwei Jahre nach seinem Abgang ZeniMax-Personal abzuwerben. Auch habe man daran erinnert, dass sämtliche Entwicklungen aus seiner Zeit bei id Software Eigentum von ZeniMax seien, wenn sie im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit entstanden waren.

Nach der Bekanntgabe des Facebook-Deals habe man sich erneut mit Oculus in Verbindung gesetzt. Dort habe man mit einer "erstaunlichen Pressemitteilung" reagiert, in der behauptet wurde, ZeniMax habe weder Marken noch Technologie beigetragen. Das Unternehmen habe so getan, als sei ZeniMax jemand völlig Fremdes.

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