Tomb Raider: Underworld
16.06.2009 15:43, Julian Dasgupta

"Next-Gen-Entwicklung unterschätzt"

In der Juni/Juli-Ausgabe des Game Developers Magazine geht Eric Lindstrom im Rahmen eines Post Mortem-Artkels auf die Produktion von Tomb Raider: Underworld (ab 4,33€ bei kaufen) ein und benennt dabei wie üblich Dinge, die gut bzw. nicht so gut funktionierten.

Das Hauptproblem von Crystal Dynamics: Man habe die Produktion eines Spiels für PS3 & Co. und den damit verbundenen Bedarf hinsichtlich der Grafiken und Level unterschätzt. Mit der Xbox 360-Version von Tomb Raider: Legend hatte man zwar etwas in die Xbox 360 reinschnuppern können, dabei handelte es sich jedoch letztendlich nur um eine Umsetzung.

Das Verwenden einer eigenen Engine die als 'shared technology' das Grundgerüst von TR Underworld bilden sollte, erschien anfangs handhabbar, fußte das Ganze doch auf der Technologie, die schon in TR Legend zum Einsatz kam. Bald jedoch zeigte sich ein strukturelles Problem: Die für die Technik zuständigen Mannen waren nicht direkt in das Team integriert und mussten verschiedenen Gruppen mit teils konfligierenden Ansprüchen oder Zielen 'dienen'.

Auch entschloss man sich zu einem Umbau des Spielercodes, um ihn flexibler zu machen und neue Funktionen zu ermöglichen. Erst später sei einem klar geworden, dass man die Engine dafür auseinandernehmen müsste und während dieser Zeit nicht wirklich verwenden können würde. Jene beiden Faktoren seien zwei der Gründe, warum die Pre-Production des Spiels nicht wie geplant und zu kurz verlief. Die Designer hätten viel auf dem Papier arbeiten müssen, anstatt sich in spielbarer Form ausprobieren und die Praxis testen zu können. Da man schon ein Tomb Raider-Spiel entwickelt hatte, ging Crystal Dynamics jedoch davon aus, auch jenes Hindernis nehmen zu können.

Aufgrund der technischen Herausforderungen habe man die gesamten Herausforderungen und Anforderungen hinsichtlich der Produktion der Grafik- bzw. Level-Assets nur unzureichend abschätzen können. Wegen der terminlichen Gegebenheiten und des festgesetzten Releasezeitraums habe man die Pre-Productions abschließen müssen, ohne einige zentrale Spielelemente in der Praxis überprüft zu haben, und ohne eine fertige Pipeline für die Produktion der Grafiken zu haben.

Auch seien andere Teile des Teams noch nicht verfügbar gewesen, hätten diese noch Tomb Raider: Anniversary fertigstellen müssen. Crystal Dynamics habe sich in eine neue Phase der Produktion gewagt, ohne die vorherige wirklich abgeschlossen zu haben.

"Das ist einer dieser sich wiederholenden Fehler, also warum haben wir das so gemacht? Kognitive Dissonanz ist ein Teil der Antwort. Wunschdenken ist ein anderer. Aber vor allem gilt: In einer unvollkommenen Welt ist jedes Risiko, das man wagt, eine Wette, die schiefgehen kann, und am Ende des Unterfangens, muss man sich nur für die Wagnisse rechtfertigen, die wie das hier nicht funktioniert haben."

Crystal Dynamics habe der Marketingabteilung mehr Demos spendiert als ursprünglich geplant - für eine solche Anspiel- oder Vorführversion seien dann schon mal zwei Wochen Produktionszeit draufgegangen.

'Höhere Gewalt' hätte zudem dafür gesorgt, dass man einige zentrale Mitglieder des Teams ersetzen musste. Der Art-Director des Studios sei in eine andere Branche gewechselt, die Lead-Designerin sei am Ende der Produktion ausgefallen, da sie schwanger war. Der Lead-Leveldesigner von TR Underworld verstarb vor der Produktionshalbzeit. Man habe jene Leute bestmöglich ersetzt, allerdings wäre die Entwicklung zweifelsohne reibungsloser verlaufen, hätte es jene Lücken nie gegeben.

Die Alpha-Phase sei länger ausgefallen, um die Mängel aus der Pre-Production auszugleichen - dafür sei die Polish-Phase - also der Zeitraum, in dem das nahezu fertige Spiel auf Hochglanz poliert wird - kürzer ausgefallen als erwartet.

Das Fazit des Creative Directors:

"Ermöglicht es das Wissen um potenzielle Hindernisse nicht, sie zu vollständig vermeiden? Nein, das ist nicht der Fall. Ein kreatives Unterfangen ist naturbedingt chaotisch, und dort, wo kreatives Chaos, Ambition und Hingabe mit Produktionsbesorgnissen und den harten Mauern, die durch den Publisher in Form von Deadlines und Zielen gesetzt werden, kollidieren, fällt man oftmals in viele dieser Löcher - oder schlimmer - wird dort reingelenkt.

Die Antwort liegt nicht darin, alles Mögliche zu machen, um alle bekannten Fallen zu vermeiden, weil das Innovation und Kreativität töten würde; der Trick ist es sich ihrer bewusst zu sein, bereit zu sein, schnell und fix die negativen Auswirkungen abzuschwächen, wenn man in eine tritt."

0
0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.