von Julian Dasgupta,

Deus Ex Human Revolution: Dugas blickt zurück

Deus Ex: Human Revolution (Rollenspiel) von Square Enix
Deus Ex: Human Revolution (Rollenspiel) von Square Enix - Bildquelle: Square Enix
Deus Ex: Human Revolution (ab 6,61€ bei kaufen) darf zu den Marken-Comebacks des Jahres gezählt werden. In der jüngsten Ausgabe des Game Developer Magazines blickt Jean François Dugas zurück auf Produktion des Spiels und nennt dabei - wie bei Post-Mortem-Artikeln üblich ein paar Dinge, die während der Entwicklung gut oder schlecht gelaufen sind.

Blaupausen und Einschnitte

Anfang 2007 sei ein kleines Team bei Eidos Montreal damit beauftragt worden, Deus Ex neues Leben einzuhauchen. Fünf Monate lang habe man dann ein Konzept entwickelt und natürlich auch die beiden Vorgänger ausführlich gespielt, um zu sehen, was dort funktionierte oder nicht gut ankam. Ideen habe man innerhalb der Gruppe diskutiert und dann in wöchentlichen Meetings dem erweiterten Team vorgestellt und versucht, die anderen Entwickler zu überzeugen. Nach einer abschließenden, zwei Tage langen Präsentation habe das Eidos-Management dann das Projekt abgesegnet.

In den danach folgenden drei Monaten arbeiteten die Game- und Leveldesigner zusammen mit den Leuten um die Story-Autorin Mary DeMarle die Geschichte und die Missionen aus. Dort, wo die Story den Vorrang hatte, sei das Gameplay angepasst worden; in anderen Fällen sei es aber auch umgekehrt gewesen. Am Ende des so getauften "Blueprint-Prozesses" habe man konkret gewusst, wie das Spiel aufgebaut sein wird, und eine Einheit aus Story und Spielmechanik gehabt. Dadurch habe man Risiken minimieren und besser planen können.

Das Studio habe oft nicht damit gezögert, die Schere anzusetzen, wenn Inhalte sich als problematisch erwiesen und nicht den Qualitätsansprüchen der Entwickler genügten. So seien mit Detroid, Hengsha und Bangalore ursprünglich drei Städte-Hubs geplant worden. Beim Produzieren des Detroid-Prototyps sei aber recht schnell aufgefallen, wie aufwändig jenes Unterfangen wird. Bangalore sei daraufhin gestrichen worden. Relevante Story-Teile aus jenem Bereich habe man dann in Hengsha eingearbeitet. Auch dort und in anderen Bereichen sei aber später nochmals die Schere angesetzt worden. Die Einschnitte seien nicht immer einfach, definitiv aber notwendig gewesen, um einen klaren Fokus zu wahren.

Das Spiel habe auch davon profitiert, dass die Mitglieder des Teams im Durchschnitt schon über zehn Jahre an Branchenerfahrung aufwiesen. Zudem habe man Wert auf Transparenz gelegt und Probleme offen diskutiert. Es sei wichtig für den Aufbau des gegenseitigen Vertrauens gewesen, dass man negative Sachen gegenüber dem Mutterschiff nicht verschwieg oder beschönigte.

"Zu spät und nicht richtig reagiert"

Das Thema "Bosskämpfe" wird rückblickend nicht gar so verzückt beschrieben. Jenes Element sei einst eingeplant worden, um den Rhythmus des Spiels etwas zu variieren und auch ein paar Neuerungen für die Serie zu präsentieren.

Schon recht früh habe man Bedenken gehabt und gewusst, dass man eigentlich ein eigenes Team für die Boss-Begegnungen benötigt. Dies sei jedoch besonders in den ersten zwei Jahren schwierig gewesen, weil das Team insgesamt sehr klein war. Nach einem Jahr habe zwar das Grundkonzept für die einzelnen Kämpfe gestanden - über das Papier hinaus habe es aber keine Fortschritte gegeben. Einige Monate lang habe man dann einem eher unerfahrenen Leveldesigner jene Aufgabe zugewiesen, ihn aber nicht mit den entsprechenden Ressourcen unterstützt. Jener Entwickler sei dann abgezogen worden, ohne dass man sich um Alternativen kümmerte - das Team sei zu ausgelastet gewesen durch andere Baustellen in der Produktion. Nach zwei Jahren habe es letztendlich nur die Grundlagen für einen von vier Boss-Kämpfen gegeben.

Irgendwann habe man nicht mehr das Wann, sondern auch das Ob diskutiert. Das Streichen jener Kämpfe hätte aber nicht unwesentliche Auswirkungen auf die Story gehabt und so andere Probleme verursachen können: Deswegen hielt man daran fest.

Letztendlich habe man ein externes Studio für jenes Element verpflichten müssen. Zwei der Boss-Kämpfe seien dort umgesetzt worden, zwei habe man intern gestemmt. Aufgrund der Zeitnot seien die Bosskämpfe viel traditioneller geworden als geplant und hätten nicht gut in das restliche Konzept des Spiels gepasst. Auch habe man die KI des Spiels überarbeitet, dabei aber die Bosse nur unzureichend berücksichtigt, was sich wiederum negativ auf den Umfang jener Begegnungen auswirkte und Umbaumaßnahmen erforderte.

Das Team habe um die designtechnische Schwäche gewusst - die internen Tester hätten die Bosse aber dennoch als unterhaltsam eingestuft. Vom negativen Feedback und der Frustration der Käufer sei man dann insgesamt überrascht worden.

Schlechte Planung habe es auch bei den Zwischensequenzen gegeben. Diese sollten ursprünglich komplett mit der Engine verwirklicht werden, damit es keinen Stilbruch gibt. Die dafür benötigte Manpower habe man aber völlig unterschätzt und auch zweieinhalb Jahre nach dem Beginn der Produktion keine Cutscene gehabt, die finale Qualität hatte. Ein Jahr vor dem angepeilten Ende der Entwicklung habe man einsehen müssen, dass dies nicht mehr zu schaffen ist. Auch hier musste sich Eidos Montreal letztendlich an einen externen Partner (Goldtooth) wenden und aus zeitlichen Gründen mit vorgerenderten Szenen vorliebnehmen.

Auch in technologischer Hinsicht sei nicht alles glatt gelaufen. Der ursprüngliche Plan hätte eine Entwicklungszeit von zwei Jahren vorgesehen - das erschien nie wirklich realisitisch. Um sich auf Inhalte konzentrieren zu können, habe man die Engine des Schwester-Studios Crystal Dynamics verwendet. Nach zwei Jahren sei aber recht klar geworden, dass jenes Team aufgrund eines eigenen Projekts nicht genug Ressourcen hat, um noch den Support füt Eidos Montreal zu gewährleisten. Die Lösung: Eidos Montreal kümmerte sich dann selbst um die Weiterentwicklung bzw. Anpassung der Engine, der Tools und der benötigten Pipeline sowie die Implementation von Features wie Deferred Lighting. Es sei grundsätzlich eine gute Idee, Technologie zu teilen - das werde aber schwierig, wenn die Spiele unterschiedlicher Natur sind.
Quelle: GDM Januar-Ausgabe

Kommentare

wcgevampire schrieb am
grandios war das Spiel allemal, das einzigste was stört sind die blöden bosskämpfe und das Ende ... naja. jeder der es gesehen hat wird sich denken das es das doch nicht gewesen sein kann...
Wo][rm schrieb am
Deus Ex HR war beileibe kein schlechtes Spiel. Wenn die berechtigte Kritik zu Herzen genommen wird sehe ich durchaus Chancen das Eidos es schafft qualitätstechnisch direkt an Teil 1 anzuknüpfen.
DSFreak schrieb am
Hervorragendes Spiel, was die Welt, das Stealth-Gameplay und den kleinen Rollenspiel-Part angeht.
Leider nur OK, was die Characktere und vor allem die belanglose Story betrifft. Die hätte mich aber nicht weiter gestört, wenn der Spielfluss nicht durch die Bosse so zerstört worden wäre. Warum nicht einfach rauslassen? Oder optional lassen und ich hätte auf irgendeine Belohnung verzichtet? Allein das stundenlange Suchen nach Waffen, weil ich kurz vom Boss einfach keine hab; wenn ich schon No-Kill spielen kann, will ich das wenigstens auch durchziehen könnnen...
Portal 2, Batman und Skyrim sind für mich dieses Jahr definitiv besser gewesen. Dennoch freue ich mich bei keinem davon mehr auf eine Fortsetzung als bei DeusEx:HR, da es natürlich sehr gut ist und bei keinem sonst so offensichtlicher Verbesserungsbedarf vorhanden ist und so viel Potential steckt.
johndoe1173938 schrieb am
ich habe es kurz angespielt und mir wurde schlecht....habe allerdings Deus Ex1 2 nie gespielt.Dieser Cyberpunkkram liegt mir einfach nicht.
Bei Spielen is es eben wie bei Frauen,man sieht zuerst die Optik und den Rest lernt man mit der Zeit kennen...
crewmate schrieb am
Pennywise hat geschrieben:
RRRabbid/Gamer hat geschrieben: Früher hat man ein Spiel entwickelt, rausgebracht, sich an die Fortsetzung gemacht.
Und heute werden 20 Mitteilungen in 6 Monaten rausgebracht und großartig rumgeschwafelt.
Krass gesagt würde ich einfach meinen, Messlatte von damals nicht gänzlich erreicht, jetzt schön zurückziehen und nächsten Teil produzieren.
Fertig.
Die Presse in dem Bereich ist halt auch gewachsen und fordert mehr Interviews und Einsichten.
Dir bleibt halt noch übrig das ganze zu Ignorieren und fröhlich zu sein :P
Jop, ich lieber diesen Blick hinter die Kulissen.
Früher war die Spieleentwicklung ein geheimnisumwobener Bereich. Keine Einsicht in den kreativen Prozess. Klar, da werden irgendwelche Leute an Monitoren sitzen und das Spiel zusammen zaubern. Der Aufwand dahinter interessiert mich sehr, wie der Dreh eines Films oder das aufnehmen eines Musikalbums.
schrieb am
Deus Ex: Human Revolution
ab 6,61€ bei