Deus Ex: Human Revolution
29.12.2011 15:49, Julian Dasgupta

Dugas blickt zurück

Deus Ex: Human Revolution (ab 6,61€ bei kaufen) darf zu den Marken-Comebacks des Jahres gezählt werden. In der jüngsten Ausgabe des Game Developer Magazines blickt Jean François Dugas zurück auf Produktion des Spiels und nennt dabei - wie bei Post-Mortem-Artikeln üblich ein paar Dinge, die während der Entwicklung gut oder schlecht gelaufen sind.

Blaupausen und Einschnitte

Anfang 2007 sei ein kleines Team bei Eidos Montreal damit beauftragt worden, Deus Ex neues Leben einzuhauchen. Fünf Monate lang habe man dann ein Konzept entwickelt und natürlich auch die beiden Vorgänger ausführlich gespielt, um zu sehen, was dort funktionierte oder nicht gut ankam. Ideen habe man innerhalb der Gruppe diskutiert und dann in wöchentlichen Meetings dem erweiterten Team vorgestellt und versucht, die anderen Entwickler zu überzeugen. Nach einer abschließenden, zwei Tage langen Präsentation habe das Eidos-Management dann das Projekt abgesegnet.

In den danach folgenden drei Monaten arbeiteten die Game- und Leveldesigner zusammen mit den Leuten um die Story-Autorin Mary DeMarle die Geschichte und die Missionen aus. Dort, wo die Story den Vorrang hatte, sei das Gameplay angepasst worden; in anderen Fällen sei es aber auch umgekehrt gewesen. Am Ende des so getauften "Blueprint-Prozesses" habe man konkret gewusst, wie das Spiel aufgebaut sein wird, und eine Einheit aus Story und Spielmechanik gehabt. Dadurch habe man Risiken minimieren und besser planen können.

Das Studio habe oft nicht damit gezögert, die Schere anzusetzen, wenn Inhalte sich als problematisch erwiesen und nicht den Qualitätsansprüchen der Entwickler genügten. So seien mit Detroid, Hengsha und Bangalore ursprünglich drei Städte-Hubs geplant worden. Beim Produzieren des Detroid-Prototyps sei aber recht schnell aufgefallen, wie aufwändig jenes Unterfangen wird. Bangalore sei daraufhin gestrichen worden. Relevante Story-Teile aus jenem Bereich habe man dann in Hengsha eingearbeitet. Auch dort und in anderen Bereichen sei aber später nochmals die Schere angesetzt worden. Die Einschnitte seien nicht immer einfach, definitiv aber notwendig gewesen, um einen klaren Fokus zu wahren.

Das Spiel habe auch davon profitiert, dass die Mitglieder des Teams im Durchschnitt schon über zehn Jahre an Branchenerfahrung aufwiesen. Zudem habe man Wert auf Transparenz gelegt und Probleme offen diskutiert. Es sei wichtig für den Aufbau des gegenseitigen Vertrauens gewesen, dass man negative Sachen gegenüber dem Mutterschiff nicht verschwieg oder beschönigte.

"Zu spät und nicht richtig reagiert"

Das Thema "Bosskämpfe" wird rückblickend nicht gar so verzückt beschrieben. Jenes Element sei einst eingeplant worden, um den Rhythmus des Spiels etwas zu variieren und auch ein paar Neuerungen für die Serie zu präsentieren.

Schon recht früh habe man Bedenken gehabt und gewusst, dass man eigentlich ein eigenes Team für die Boss-Begegnungen benötigt. Dies sei jedoch besonders in den ersten zwei Jahren schwierig gewesen, weil das Team insgesamt sehr klein war. Nach einem Jahr habe zwar das Grundkonzept für die einzelnen Kämpfe gestanden - über das Papier hinaus habe es aber keine Fortschritte gegeben. Einige Monate lang habe man dann einem eher unerfahrenen Leveldesigner jene Aufgabe zugewiesen, ihn aber nicht mit den entsprechenden Ressourcen unterstützt. Jener Entwickler sei dann abgezogen worden, ohne dass man sich um Alternativen kümmerte - das Team sei zu ausgelastet gewesen durch andere Baustellen in der Produktion. Nach zwei Jahren habe es letztendlich nur die Grundlagen für einen von vier Boss-Kämpfen gegeben.

Irgendwann habe man nicht mehr das Wann, sondern auch das Ob diskutiert. Das Streichen jener Kämpfe hätte aber nicht unwesentliche Auswirkungen auf die Story gehabt und so andere Probleme verursachen können: Deswegen hielt man daran fest.

Letztendlich habe man ein externes Studio für jenes Element verpflichten müssen. Zwei der Boss-Kämpfe seien dort umgesetzt worden, zwei habe man intern gestemmt. Aufgrund der Zeitnot seien die Bosskämpfe viel traditioneller geworden als geplant und hätten nicht gut in das restliche Konzept des Spiels gepasst. Auch habe man die KI des Spiels überarbeitet, dabei aber die Bosse nur unzureichend berücksichtigt, was sich wiederum negativ auf den Umfang jener Begegnungen auswirkte und Umbaumaßnahmen erforderte.

Das Team habe um die designtechnische Schwäche gewusst - die internen Tester hätten die Bosse aber dennoch als unterhaltsam eingestuft. Vom negativen Feedback und der Frustration der Käufer sei man dann insgesamt überrascht worden.

Schlechte Planung habe es auch bei den Zwischensequenzen gegeben. Diese sollten ursprünglich komplett mit der Engine verwirklicht werden, damit es keinen Stilbruch gibt. Die dafür benötigte Manpower habe man aber völlig unterschätzt und auch zweieinhalb Jahre nach dem Beginn der Produktion keine Cutscene gehabt, die finale Qualität hatte. Ein Jahr vor dem angepeilten Ende der Entwicklung habe man einsehen müssen, dass dies nicht mehr zu schaffen ist. Auch hier musste sich Eidos Montreal letztendlich an einen externen Partner (Goldtooth) wenden und aus zeitlichen Gründen mit vorgerenderten Szenen vorliebnehmen.

Auch in technologischer Hinsicht sei nicht alles glatt gelaufen. Der ursprüngliche Plan hätte eine Entwicklungszeit von zwei Jahren vorgesehen - das erschien nie wirklich realisitisch. Um sich auf Inhalte konzentrieren zu können, habe man die Engine des Schwester-Studios Crystal Dynamics verwendet. Nach zwei Jahren sei aber recht klar geworden, dass jenes Team aufgrund eines eigenen Projekts nicht genug Ressourcen hat, um noch den Support füt Eidos Montreal zu gewährleisten. Die Lösung: Eidos Montreal kümmerte sich dann selbst um die Weiterentwicklung bzw. Anpassung der Engine, der Tools und der benötigten Pipeline sowie die Implementation von Features wie Deferred Lighting. Es sei grundsätzlich eine gute Idee, Technologie zu teilen - das werde aber schwierig, wenn die Spiele unterschiedlicher Natur sind.

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