von Michael Krosta,

Der 4P-Technik-Check: Sound in Spielen (Teil 2)

In der vergangenen Woche gab es bereits den ersten Teil zum Thema Sound in Spielen. Heute geht es weiter mit...

Dolby Digital

Der Sprung von Mono auf Stereo wird allgemein als eine der größten Errungenschaften in der Audio-Entwicklung angesehen. Ähnlich ist das Format Dolby Digital eingeschlagen, das verglichen mit dem bis dahin gängigen Dolby Surround-Formaten einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht hat, denn hier werden die Kanäle nicht mehr länger mit der Hilfe einer Matrix aus einem analogen Stereosignal heraus gemischt, sondern jeder der fünf Kanäle (Front rechts, Front links, Center, Rear rechts, Rear links) separat und digital kodiert. Zudem gibt es hier eine eigene Spur für niedrige Frequenzen, die den Subwoofer ansprechen. Deshalb wird dieses System in der Regel auch als 5.1 bezeichnet, also fünf Kanäle plus Subwoofer. Der eingeschränkte Frequenzbereich für die hinteren Boxen wird außerdem aufgehoben, so dass hier das gleiche Spektrum abgedeckt werden kann wie bei den Hauptlautsprechern. Vor allem die strikte Trennung der Kanäle sowie die Stereo-Abmischung in den Rear-Lautsprechern sorgen für einen hervorragenden Raumklang, der vor allem mit dem Einzug der DVD viele Fans gewonnen hat.



In Videospielen kam Dolby Digital zum ersten Mal auf der PlayStation 2 zu Einsatz. Im Gegensatz zu ersten Ankündigungen wurde das Format allerdings nur in Filmsequenzen unterstützt, wie etwa dem Intro von Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty, Primal oder Gran Turismo 4 - eine Echtzeit-Kodierung von Dolby Digital war mit der Sony-Konsole noch nicht möglich. Erst Microsoft setzte dieses Vorhaben mit seiner ersten Xbox-Konsole um, bei der die Software standardmäßig nicht nur in Filmsequenzen, sondern auch während des Spielens mit einer Tonabmischung in Dolby Digital die Ohren erfreuten. Es war einfach ein Erlebnis, die Boliden aus Project Gotham Racing von hinten heran rasen zu hören oder zu lauschen, wie die Dialoge in Halo bei Drehungen über alle fünf Boxen wanderten. Auf der Xbox 360 und PlayStation 3 ist Dolby Digital auch heute am meisten vertreten und lässt vor allem in Action-Spielen seine Klangmuskeln spielen. So zeigt z.B. Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots, was mit einer mühevollen Abmischung alles möglich ist, wenn die Dialoge kristallklar aus den Boxen strömen und sich Gekkos und Gegner schon von hinten ankündigen. Auch Battlefield: Bad Company überzeugt durch einen intensiven und brachialen Sound, wenn es aus allen Richtungen kracht und auch der Subwoofer ins Schwitzen kommt. Wie sehr der Ton zur packenden Atmosphäre beitragen kann, hat im letzten Jahr auch EA mit dem Horror-Titel Dead Space unter Beweis gestellt, bei dem allein die multidirektionale Klangkulisse für eine Gänsehaut gesorgt hat. Nicht zu vergessen die Musikspiele, die ebenfalls enorm vom Raumklang profitieren: Wenn in Rock Band der Fangesang aus den hinteren Boxen den Sänger auf der Bühne unterstützt, kommt dabei eine ähnlich geniale Live-Atmosphäre zustande wie im virtuellen Stadion eines FIFA 09.



DTS

Genau wie im Filmbereich bekommt Dolby Digital auch in der Videospielwelt Konkurrenz durch das Format DTS (Digital Theatre System), das vom Aufbau her mit fünf vollen Kanälen plus LFE (Low Frequency Effect)-Kanal für den Subwoofer genau so aufgebaut ist wie das Vorbild. Der Vorteil von DTS liegt jedoch in der höheren Bit-Rate, mit dem man sich klangtechnisch näher unkomprimierten Originalton befinden will. Die Dolby Laboratories behaupten jedoch im Gegenzug, die gleiche Audioqualität auch bei niedrigeren Bitraten erreichen zu können und damit sogar Platz auf den Datenträgern zu sparen. Das alles erinnert ein wenig an den Streit zwischen HD-DVD und Blu-ray, die sich ebenfalls kaum voneinander unterschieden - mit dem Unterschied, dass sich hier das Sony-Format durchgesetzt hat, während Dolby Digital und DTS immer noch parallel existieren. Während auf der Xbox 360 einzig Dolby Digital in Spielen eingesetzt wird, bieten manche Spiele auf der PlayStation 3 auch einen DTS-Ton, wenn ein entsprechender Receiver angeschlossen und eine Unterstützung in den Audio-Optionen aktiviert wird. Dazu zählen z.B. Uncharted, Ferrari Challenge oder zuletzt auch SOCOM: Confrontation. Große Unterschiede zwischen den Formaten wird der Otto-Normal-Spieler kaum hören, doch sagen manchen Experten der DTS-Spur eine bessere Dynamik und einen natürlicheren Klang nach.



Da Dolby Digital in Echtzeit auf der PlayStation 2 noch nicht möglich war, schuf man mit DTS Interactive eine Alternative, bei der die Kanaltrennung bereits deutlich besser funktionierte als beim Standard-Surroundsound. Allerdings wurden nur wenige PS2-Titel mit diesem Feature ausgestattet. Zu den ersten Spielen, die dieses Format unterstützten zählen NHL 2002 und SSX Tricky. Auch am PC kommt DTS Interactive in manchen Spielen zum Einsatz, doch werden dafür entsprechende Soundkarten benötigt.

Dolby Surround Pro Logic II

Ähnliche Klangresultate wie bei DTS Interactive konnte man bei den Dolby Laboratories mit dem Format Dolby Surround Pro Logic II erzielen. Obwohl es im Prinzip noch genau so funktioniert wie Pro Logic I, leistet die Matrix hier eine deutlich beeindruckendere Arbeit bei der Verteilung des analogen Stereo-Signals auf die fünf Kanäle, wobei die hinteren Boxen wie bei Dolby Digital mit Stereo-Effekten auftrumpfen können. Zwar kommt man klangtechnisch nicht an den digitalen Standard mit seinen fünf komplett separaten Kanälen heran, doch ist Pro Logic II ein gewaltiger Fortschritt gegenüber der Qualität des Vorgänger-Formats. Einziger Nachteil war und ist, dass sich Besitzer eines älteren AV-Receivers unter Umständen ein neues Gerät zulegen müssen, da die alten Pro Logic-Verstärker das neue Format nicht dekodieren können bzw. nur zur gewohnten Tonausgabe mit Mono-Sound in den hinteren Lautsprechern fähig sind. Schon auf Nintendos GameCube glänze Pro Logic II bei Titeln wie Eternal Darkness mit einer hervorragenden Darbietung und da man auch bei Wii hardwaretechnisch noch auf eine "echte" 5.1-Unterstützung verzichtet hat, ist das analoge Dolby-Format bei Spielen immer noch angesagt und macht dabei einen guten Job.



EAX & Co

Auf dem PC brauchte der Raumklang dagegen etwas länger, um Einzug in die Spielewelt zu halten. Musste man in der Vergangenheit die Boxensysteme mit zig Kabeln mit der Soundkarte oder einem Decoder verbinden und auf eine Unterstützung seitens der Software hoffen, funktionieren Standards wie Dolby Digital Live wie bei den Konsolen über ein Lichtleiterkabel. Doch auch hier gilt, dass eine entsprechende Soundkarte im Inneren ihren Dienst beim Raumklang verrichten und die Spiele das Format auch unterstützen müssen. Oft wird der Raumklang oder 3D-Sound mit EAX (Environmental Audio Extension) von Creative Labs in einem Atemzug genannt. Tatsächlich handelt es sich dabei aber lediglich um eine Ansammlung an hardwarebeschleunigten Soundeffekten, mit denen der Klang beeinflusst aber nicht dessen Position bestimmt wird.



Im Prinzip funktioniert EAX deshalb mehr wie ein DSP (Digital Signal Processor), der mit Presets wie "Halle", "Disco" oder "Konzertsaal" die Klangcharakteristik verändert. So ertönt ein Schuss z.B. völlig anders aus den Boxen, wenn er in einer Höhle oder auf freiem Feld abgefeuert wird. Genau um diese Unterschiede kümmert sich EAX. Windows Vista machte Creative Labs zunächst jedoch einen kleinen Strich durch die Rechnung, indem die Hardwarebeschleunigung für DirectSound und DirectSound 3D unmöglich gemacht wurde, doch sorgen mittlerweile ein Patch von Creative Labs sowie die Alternative in Form von OpenAL (Open Audio Library) für Abhilfe und machen EAX auch wieder unter Vista möglich. Insgesamt ist echter Raumklang in Spielen am PC noch nicht so etabliert wie auf den Konsolen, wo selbst kleine Download-Titel auf Xbox Live Arcade oder im PlayStation Network mit einer 5.1-Tonausgabe glänzen. Dafür kommt am PC schon seit längerer Zeit der so genannte 3D-Sound zum Einsatz - wahrscheinlich auch deshalb, um sich die Lizenzgebühren an Dolby zu sparen.  

HDTV für die Ohren?

Eine starke Tonabmischung sowie das gezielte Nutzen von multidirektionalen Effekten und Soundtracks ist mehr als nur schmückendes Beiwerk, sondern kann die Atmosphäre und damit auch den Spielspaß enorm bereichern - siehe MGS 4, das auch im Audiobereich im Rahmen unserer Spiele des Jahres-Wahl ordentlich abräumen konnte. Zwar fließen solche Punkte bisher kaum in die Wertung ein, doch da die Messlatte immer höher gelegt wird, wird der Audiobereich in Zukunft sicher eine immer größere Rolle spielen. Die Anschaffung des entsprechenden Equipments für Surround-Sound ist auf jeden Fall lohnenswert, falls das Wohnzimmer entsprechend günstig geschnitten ist. Moderne Receiver kalibrieren sich sogar automatisch und passen die Lautstärken der Boxen den Räumlichkeiten an. Mittlerweile geht man vor allem beim Film über das gewohnte 5.1-System hinaus und setzt mit Standards wie Dolby Digital EX, Dolby Digital Plus oder DTS-ES auf Konfigurationen wie 6.1, 7.1 oder höher. Auf Blu-ray und HD-DVDs finden sich zudem Tonspuren in Dolby Digital True-HD sowie DTS HD, auf denen das Audio-Material verlustfrei und in bis zu acht separaten Kanälen kodiert wiedergegeben wird. Bei Spielen beschränkt man sich dagegen weiterhin noch überwiegend auf die Ausgabe über fünf Boxen. Wer aber einmal ein super abgemischtes Videospiel in 5.1 erlebt hat, will so schnell nicht wieder in Stereo spielen - genau so wie man nur ungern zu seinem Standardfernseher zurückkehren will, wenn man vorher die ganze Pracht an einem HDTV erlebt hat.


Kommentare

S3rious Phil schrieb am
Auch mir ist mittlerweile der Sound wichtiger als eine bombastische Grafik.
Hatte noch bis vor kurzem das Z-5500 aber bin jetzt auf ein richtiges Heimkino umgestiegen was ich nach und nach aufrüste wie einen PC.
(IMO sollte man beim Heimkino generell die Finger von Plastik Komplettanlagen lassen und stattdessen die Lautsprecher selber zusammenstellen)
Auf DTHD und DTSHD steige ich noch nicht um und somit auch nicht auf 7.1.
Witzig finde ich es, wenn Leute High End PCs haben und dann mit einem Onboard Soundchip spielen...
Jointorino schrieb am
Auf-Den-Punkt hat schon recht, man sollte doch gewisse vorkenntnisse im soundbereich vorraussetzen. Nichts desto trotz finde ich den artikel sinnvoll da er die ganze geschichte des sounds in games nochmal zusammenfasst. Die ein oder andere Kleinigkeit hab ich auch nich gewusst.
Und was den sourround sound angeht, ich kann es wirklich jedem empfehlen. Hab mir endlich nen 5.1 System fürn PC angeschafft, für den Preis is das ne großartige Investition. Musik hören is der Wahnsinn, und von Spielen bzw. Filmen brauch ich ga nich ers zu reden, einfach großartig
Auf-den-Punkt schrieb am
Nbass hat geschrieben:Nett geschrieben, aber wirkliche Erkenntnisse sind hier leider augeblieben.. jedenfalls bei mir ;)
Was für Erkentnisse ?
Das ist doch ein Thema, mit dem sich jeder Gamer, wenigstens sporadisch auskennen sollte.
@ topic : Ich bin mitlerweile bei 7.1 angekommen und die PS3 bietet, dank eines AV Receivers, beeindruckende Klänge.
Leider bisher nur bei manchen Blu rays.
Man gewöhnt sich wirklich schnell an Qualität, vorallem bei True HD oder DTS HD.
Weil es nicht so oft unterstützt wird, ist die rückgewöhnung rec ht häufig und im ersten Moment schon störend.
Daher würde ich es begrüssen, wenn in Zukunft sowas stärker Wertungsrelevant werden würde.
Einen guten Sound hinzubekommen ist nicht weniger Arbeit, als einen Titel grafisch aufzupolieren.
Also warum nicht genauso würdigen ?
Nbass schrieb am
Nett geschrieben, aber wirkliche Erkenntnisse sind hier leider augeblieben.. jedenfalls bei mir ;)
schrieb am