von Dieter Schmidt,
Respawn - Gathering of Game Developers: Succesfully Failing - Things to Do in the Game Industry When You are Dead
Jan Wagner von den Cliffhanger Productions, die Shadowrun Chronicles entwickelt haben, spricht in seinem Vortrag sehr offen über die Teil-Insolvenz des Unternehmens. Viele kleinere Entwicklerstudios sind davon betroffen, dass sie Insolvenz anmelden oder sich mit finanziellen Durststrecken herumplagen müssen. Und die meisten von ihnen sind schlichtweg nicht darauf vorbereitet. Seit 25 Jahren ist er als Entwickler tätig und er dachte, dass er alles über die Entwicklung und betriebswirtschaftliche Abwicklung von Spielen wüsste. Er wollte keine Abhängigkeit von einem Publisher. Per Kickstarter sollte seine Firma eigenständig bleiben. Denn er wusste aus seiner Zeit mit Jowood, wie Publisher über Milestones argumentieren, dann nicht erreichbar sind und am Ende gar kein Geld bezahlen. Hier sollte man nach gewissen Zeichen Ausschau halten, damit man früh agieren kann. Und man sollte deswegen immer eine Notkasse aufmachen, in die man frühzeitig Geld sichert.
Er hat auch bei Blizzard mitbekommen, wie man zum Beispiel Ghost „gekillt“ hat. Es war zu 80 Prozent fertig. Anstatt das Ding bis zum Ende durchzuziehen, muss man die Liebe für das Spiel beiseitelegen und das Spiel einstampfen – so sehr es auch wehtut. In seinem Fall hätte man zwar 40 Entwickler gefeuert, aber noch Geld für die letzten zehn gehabt, um an einem neuen Projekt zu arbeiten. Hier muss man auch nicht um das Geld des Investors trauern. Schließlich handelt es sich um Risikokapital, wo solche Dinge einfach passieren. Und man sollte immer zwei Firmen gründen. Die eine bezahlt die Angestellten und die andere ist die Firma, die das Geld einsammelt. Dieser Umstand hätte ihm das Leben gerettet. So konnte man in die Insolvenz gehen, aber die andere Firma noch weiterführen, die dann nicht für die Abfindungen aufkommen musste. Mit diesem Prinzip konnte man wenigstens wieder neu anfangen und einige Entwickler wieder in der anderen Firma anstellen.
Und es wäre ganz wichtig, dass man offen darüber spricht: Viele in Deutschland schämen sich für das Scheitern. Viele meiden dann das Studio, weil das Scheitern ja einen Grund haben würde. Stattdessen muss man offen und ehrlich damit umgehen. Auch mit den Angestellten. Darüber wie man in den ersten Monaten nur die Hälfte des Lohns zahlen kann. Als Motivationsquelle hat er den Angestellten die Eigentümerrechte über ihre eigenen Pitch-Projekte gegeben. So hat man einen Tag eingeführt, der nur der freien Kreativität diene und trotzdem sei die Produktivität angestiegen. Man darf den Druck nicht auf das Team aufbauen. Er glaubt, dass langfristig Druck kein probates Mittel ist. Und man soll das Geld in ein Paypal-Konto zahlen. Denn ist man erst einmal insolvent, dann kann es sein, dass die Bank das vorhandene Firmengeld einfriert. Das sei zwar illegal, aber die Banken wüssten, dass man sich einen Gerichtsprozess nicht leisten könne. Und man muss der Welt wieder deutlich machen, dass man ehrlich sagt, dass man gescheitert ist, aber dass man weitermacht. Er war erstaunt, auf wieviel Verständnis er doch auf Publisher- und Investorenseite gestoßen ist.