von Benjamin Schmädig,

E3-Eindruck: All Points Bulletin

All Points Bulletin (Shooter) von Electronic Arts
All Points Bulletin (Shooter) von Electronic Arts - Bildquelle: Electronic Arts


David Jones Das ist niemand Geringeres als der GTA-Erdenker, der Crackdown-Macher - und seit einigen Jahren auch der kreative Impuls hinter All Points Bulletin, oder APB, das hier im E3-Video gezeigt wird. Im völligen Widerspruch zu seinem actionreichen Portfolio ist David Jones aber auch ein ruhiger, unauffälliger Brite, der im abgelegensten Winkel des Messegebäudes mit sanfter Stimme sein aktuelles Projekt vorstellt. Ein Projekt, das übrigens schon vor der Veröffentlichung von Crackdown in Entwicklung war. Doch trotz der langen Entwicklungszeit bekamen wir auch auf der diesjährigen E3 nur eine Hand voll Spielszenen zu sehen, in denen nur schwer zu erkennen war, welche Art Spiel APB eigentlich sein wird.



Ist da eine Online-Variante von GTA im Anmarsch?


Ja, es ist ein Actionspiel. Und ja, es ist ein Online-Rollenspiel. Aber was genau die leicht futuristische Welt, in der Gangster und Gesetzeshüter im ständigen Clinch liegen, spielerisch bietet, lässt sich derzeit nur schwer erkennen. Die Trailer zeigen z.B. relativ leblos wirkende Großstädte. NPCs spielen eine untergeordnete Rolle und bis auf rein auf Action ausgelegte Missionen gibt es scheinbar wenig zu tun. Wir haben uns nach der Vorführung den Community Manager Chris Collins geschnappt und wollten wissen, was in APB abgesehen vom direkten Kampf oder dem Stehlen von Fahrzeugen möglich ist und er sprach von zahlreichen Aktivitäten. Nennen konnte er uns leider keine.

Aber von Anfang an: Was will APB überhaupt? APB will, sicherlich ähnlich wie Crackdown, eine offene Actionwelt sein, in der es an allen Ecken und Enden kracht. Das Besondere daran: Es gibt keine Kämpfe gegen vom Computer gesteuerte Gegner, denn jedes Gefecht wird unter Spielern ausgetragen! Knackt ein Gangster z.B. einen Wagen, werden Gesetzeshüter alarmiert - und zwar offenbar nur solche, mit denen es der Bösewicht laut Matchmaking-System auch aufnehmen kann. Dabei kann es sogar passieren, dass ein einzelner guter Spieler es mit mehreren schwächeren Feinden zu tun bekommt. Entscheidend ist nicht die Menge, sondern die Ausgeglichenheit. Deshalb können Außenstehende auch nicht in laufende Gefechte eingreifen.

Eine typische Mission beschreiben Jones und Collins z.B. so, dass man entweder alleine oder im Team einen Auftrag annimmt. Das könnte z.B. ein Banküberfall für die Gangster oder ein Transport für Gesetzeshüter sein. Im Falle eines Transports darf die Truppe anschließend gerne direkt zum Ziel rauschen - falls der Weg durch feindliches Territorium führt, ist die Gefahr allerdings größer, entdeckt zu werden. Und das bedeutet eben, dass die Gangster gewarnt werden. Entsprechend viele Bösewichte dürften dann die Aufforderung zum Kampf annehmen und der Transport wäre in Gefahr. Umgehen die Gesetzeshüter allerdings jene Gebiete, in denen zahlreiche Feinde lungern, gelangen sie vielleicht sogar unbemerkt ans Ziel... Dass man von einem Alarm erst erfährt, sobald man angegriffen wird, soll dabei die Spannung erhöhen.

Das Konzept klingt unheimlich faszinierend! Aber funktioniert das Matchmaking tatsächlich so zuverlässig, dass jeder Kampf zwischen ebenbürtigen Parteien ausgetragen wird? Was wäre, wenn einfach nicht genug Widersacher auf einen Alarm reagieren wollen? Und was wird man sonst anstellen dürfen?

Um Frust zu vermeiden, wird es übrigens eine sehr kurze Zeit geben, nach der eine gestorbene Figur weiterspielen darf. Jones spricht unter Vorbehalt von sechs Sekunden. Gelingt es den Gesetzeshütern hingegen, ihren Gegnern Handschellen anzulegen, müssen diese länger, vielleicht 30 Sekunden, warten - falls ihnen nicht ein Verbündeter zu Hilfe kommt. Eine besondere Belohnung soll es geben, falls eine Truppe jeden einzelnen Bösewicht durch das Anlegen von Handschellen unschädlich macht.

Ruft ein Gangster per Sprachchat um Hilfe, können ihn sämtliche Spieler in der Umgebung übrigens im dreidimensionale Raum lokalisieren. Das gilt auch für Musik, die sich entsprechend der Position eines Charakters durch den Raum bewegt. APB unterstützt dabei das Einbinden eigener MP3-Stücke, und sollte ein Spieler die gleiche Datei in seiner Musikbibliothek lagern, die z.B. ein Vorbeifahrender gerade im Autoradio aufgedreht hat, hören beide den gleichen Track!

Überhaupt legt Jones sehr großen Wert auf Personalisierung; nicht umsonst nimmt die Präsentation des enorm umfangreichen Editors wohl einen großen Teil der Vorführung ein. Immerhin entstehen in APB nicht nur verblüffend glaubwürdige Körper, deren Haut z.B. die menschliche Pigmentierung simuliert, anstatt nur den Farbton an die eigenen Vorlieben anzupassen. Vorgefertigte und eigens entworfene Symbole, die man u.a. als Tattoos oder Fahrzeug-Lackierungen nutzen kann, nehmen außerdem die physischen Eigenschaften der Oberfläche an, was ihnen ein realistisches Aussehen gibt. Clevere Idee: Wir sehen einen Mann, auf dessen Rücken die Worte "Can we make him?" prangen. Als die nach vorne gedrehte Figur schließlich dem aktuellen US-Präsidenten verblüffend ähnlich sieht, entdecken wir einen Schriftzug auf seiner Brust: "Yes, we can!"

Jones spricht übrigens nie von Polizisten, sondern erwähnt tatsächlich nur die "Enforcer", also die Gesetzeshüter. Der Grund: Wer will schon einen Cop in Einheits-Uniform spielen? Stattdessen sehen die Mitglieder der gesetzestreuen Gangs ihren böswilligen Widersachern sehr ähnlich: Beide tragen bevorzugt coole Street Wear, nur eine lässig umgehängte Dienstmarke kennzeichnet sie als Polizisten. Die Erweiterung der Fähigkeiten ist dabei unabhängig von den getragenen Kleidern und Waffen, denn Jones will die Entwicklung des Charakters von der Entwicklung seiner Werte trennen. So lassen sich unterschiedliche Eigenschaften um etwa ein Viertel ihres Ursprungswertes erhöhen und die Waffen durch den Einsatz von Mods erweitern - das Äußere bleibt allerdings stets gleich!

APB wird übrigens zunächst für PC entwickelt. Weitere Optionen will Realtime Worlds nach dem Release erörtern.

E3-Fazit

Es fällt schwer, selbst ein frühes Urteil über APB zu fällen. Tatsächlich fiel es uns sogar schwer, überhaupt ein griffiges Bild davon zu machen, wie sich das Spiel anfühlen wird. Wahrscheinlich liegt es am ungewöhnlichen Konzept, aber "Ballern, Autoklau und Fedex-Transporte" klingt nach sehr wenig. Hinzu kommt, dass die gezeigten Videos eine verhältnismäßig leere Stadt zeigen, in der lediglich hier und da Mitspieler vor wenig aufregenden Kulissen entlang schlendert. Deshalb der befriedigende Ersteindruck: Was zu sehen war, wirkt unspektakulär und einseitig. Daran konnte auch der imposante Figuren- und Fahrzeugeditor nichts ändern. Ich bin trotzdem weiterhin guter Hoffnung. Warum? Weil das Konzept exklusiver PvP-Action viel versprechend klingt. Und weil mich David Jones schon seit Blood Money stets fesseln konnte. Hoffentlich kann sein ambitioniertes APB diese Tradition fortsetzen! (Video: E3-Trailer).

Ersteindruck: befriedigend



Kommentare

Patta2210 schrieb am
Hmm... Sieht bis jetzt ja ganz nett aus. Aber mal ehrlich: Es kommt von EA, da werden sicherlich montaliche Kosten verlangt!
G/H/O/S/T/ schrieb am
Es fällt schwer, selbst ein frühes Urteil über APB zu fällen. Tatsächlich fiel es uns sogar schwer, überhaupt ein griffiges Bild davon zu machen, wie sich das Spiel anfühlen wird.

wieso tut ihr es dann trotzdem?!
eon wenig arg aus dem fenster gelehnt , wenn man mich fragt ;)
..
naja mal schaun was daraus wird grundsätzlich wäre ich an einem online gta sehr interresiert :)
gh0 schrieb am
ich bin da gespannt was hacker wieder draus machen werden...
ein gutes konzept wird dann wieder ad absurdum geführt werden, ich sehs kommen. :(
vienna.tanzbaer schrieb am
spannend - was da wohl am ende des tages rauskommen wird!? ob dieses konzept dann auch konsolen übertragen wird, wird sich zeigen - als auch ob wir das überhaupt wollen...^^
schrieb am