von Julian Dasgupta,

Civilization V: Produktionsrückblick

Civilization 5 (Taktik & Strategie) von 2K Games
Civilization 5 (Taktik & Strategie) von 2K Games - Bildquelle: 2K Games
Während Jon Shafer, der Lead-Designer von Civilization V, mittlerweile bei Stardock in Lohn und Brot steht, nutzt Dennis Shirk (Producer) die Gelegenheit, in der März-Ausgabe des Game Developer Magazine auf die Entwicklung des Strategiespiels zurückzublicken. Wie üblich werden dabei sowohl positive als auch negative Erfahrungen aufgezählt, die man während jener Zeit gemacht hat.

Sehr gut funktioniert habe die konzeptuelle Trennung von Gameplay und Technologie. Schon am Anfang der Produktion vor fast vier Jahren sei klar gewesen, dass die neue Engine frühestens 18 Monate vor dem angepeilten Releasetermin nutzbar sein würde. Es sei für die Gamedesigner deswegen unumgänglich gewesen, die Grundlagen der Spielmechanik noch mit der Engine des Vorgängers zu verwirklichen. Dabei habe Firaxis stets auf saubere Schnittstellen geachtet - die Umstellung auf die neue Engine sei dann auch recht problemlos verlaufen. Dank der guten Unterstützung von Partnern wie nVidia oder ATI habe man die neue Technik auch besser als zuvor austesten können.

Ebenfalls bewährt habe sich das Unterfangen, die einzelnen Gruppen innerhalb des Teams auch der Organisation entsprechend in den Büros zu verteilen. Damit sei die Kommunikation zwischen den einzelnen Disziplinen wie Programmierung oder Grafik gefördert worden.

Die Modbarkeit des Spiels habe Shafer - der selbst der Civ-Mod-Szene entstammt - sehr am Herzen gelegen. Die von Shaun Seckman entwickelten Systeme und die neuen Tools seien jetzt der Benchmark für alle kommenden Firaxis-Titel, bei denen auf Modding Wert gelegt werden soll. Die bisherigen Downloadzahlen bei den Mods - mehr als eine Million - hätten die Erwartungen des Studios deutlich übertroffen.

Civilization 4: Beyond the Sword sei in Sachen Funktionsumfang und Spielmechanik seinerzeit der ausgereifteste Vertreter der Reihe gewesen. Dementsprechend habe sich Firaxis ambitionierte Ziele für den fünften Teil gesetzt und sei auch erpicht darauf gewesen, einige riskante bzw. große Änderungen vorzunehmen.

Die wohl stärkste Änderung sei die Beschränkung auf eine Einheit pro Feld gewesen. Shirk ist davon überzeugt, dass sich Civ dadurch jetzt interessanter spielt - allerdings habe das neue Konzept den Designern reichlich Kopfschmerzen bereitet und viel Zeit gekostet. Das Team habe natürlich auch die KI neu schreiben müssen. Insgesamt habe man den Aufwand für die Umstellung unterschätzt.

Das Studio habe sich klar auf die neuen Systeme konzentriert, um ein frisches Spielerlebnis bieten zu können. Man habe schließlich sicherstellen müssen, dass der Kern funktioniert. Leider habe man deswegen aber auch einige bewährte Aspekte der Serie vernachlässigen oder gar beschneiden müssen. Das Fehlen einiger Funktionen habe die Hardcore-Fans dann enttäuscht. Die Entwickler hätten aber immerhin eine solide Basis dafür geschaffen, dass man die mangelhaften Features jetzt nach verbessern bzw. wiederherstellen kann. Das sei der Plan für die kommenden Monate.

Es sei schon seit Civ IV üblich gewesen, dass Firaxis mit einigen ausewählten Vertretern der Community zusammenarbeitet und das Gameplay kommender Spiele abklopfen lässt - das so genannte "Frankenstein"-Team. Das habe auch im Falle von Civ V ganz gut geklappt, so lange man noch auf Basis der alten Engine arbeitete. Die war nämlich zu jenem Zeitpunkt bereits ohne DRM-System, so dass man den Testern Builds ohne Probleme zur Verfügung stellen konnte.

Als man auf die neue Engine umstieg, war die DRM-Lösung dafür (Steam) weder abgesegnet noch integriert. Erst nach zwei Monaten habe man das Testteam dann wieder eine Version zukommen lassen können. Firaxis habe während jener Zeit ohne externes Feedback arbeiten müssen.

Das Studio sei mit einigen großen Baustellen in die Vollproduktion gegangen. Das Multiplayer-Team sei lange Zeit unterbesetzt gewesen, obwohl die Gameplay-Änderungen und die neue Engine frischen Netzwerk-Code erforderten. Dank eines Kraftaktes habe man es imerhin geschafft, die Mehrspieler-Komponente in einen auslieferungstauglichen Zustand zu hieven - allerdings hätten viele Funktionen gefehlt, die die Fans aus den Vorgängern eigentlich gewohnt waren. Firaxis betrachte den Online-Part deswegen auch nach wie vor als offene Baustelle, auf der man weiterhin tätig sein und nachbessern wird.

Die industriellen und modernen Zeitalter seien längst nicht so ausgereift und ausbalanciert wie die erste Hälfte des Spiels, merkt Shirk außerdem an. Dies habe zweierlei Gründe. Die Designer hätten sich voll auf das neue Kampfsystem konzentriert, dieses aber vor allem in den frühen Spielphasen getestet. Auch hätten die Tester die ersten Zeitalter produktionsbedingt viel häufiger gespielt. Da neue Versionen des Spiels oft nicht kompatibel mit älteren Spielständen waren, hätten die QA-Leute das Civ V oft wieder von Anfang an spielen müssen. Nicht selten sei dann ein neuer Build eingetroffen, bevor der alte bis zum Ende durchgespielt werden konnte. Das Fazit: Bei der nächsten Produktion werde die versionsübergreifende Kompatibilität von Spielständen eine deutlich höhere Priorität erhalten.

Last but not least: Die Entlassungen bei Firaxis in den finalen Wochen der Beta-Phase hätten sich natürlich überhaupt nicht gut auf die Moral und Produktivität des Teams ausgewirkt. Es sei nicht einfach gewesen, den Abgang geschätzter Kollegen zu verkraften.
Quelle: GDM 03/11

Kommentare

Schlindwein1910 schrieb am
Nightred hat geschrieben:Ich freue mich in 1 Jahr das Spiel für 19,99 Euro als Ultra-Deluxe-DLC-Steam Weekend Deal zu kaufen. ^^ Bis dahin macht mir Civ IV noch viel Spaß.
Geht mir ganz genauso. Gerade mit den unzähligen Mods macht Civ IV immer noch jede Menge Spaß, da kann ich auch gut und gerne noch ein paar Monate auf Civ V warten und dann wesentlich günstiger den vollen Umfang genießen. :)
Nightred schrieb am
Ich freue mich in 1 Jahr das Spiel für 19,99 Euro als Ultra-Deluxe-DLC-Steam Weekend Deal zu kaufen. ^^ Bis dahin macht mir Civ IV noch viel Spaß.
Sid6581 schrieb am
Mit den nächsten Änderungen bin ich mir ganz sicher, dass Civ V (wieder einmal) das beste Civ aller Zeiten wird. Man sieht an dem Bericht auch deutlich, dass sie versucht haben, nicht den Fehler von Civ IV zu wiederholen, welches eigentlich erst mit Beyond the Sword (also zwei Jahre nach dem Hauptprogramm!) zum heutigen Klassiker wurde. Hat nicht geklappt, aber ich bin zuversichtlich, dass sie es hinkriegen und die Modding-Tools sind immerhin schon jetzt sehr gut, die Community schwenkt ja auch bereits deutlich Richtung Civ V.
Nekator schrieb am
Kein Wunder, dass die Downloads für Mods hoch sind, ist das doch derzeit der einzige Weg dem Spiel einen Teil der verlorenen Komplexität wiederzugeben. Wobei mich die Mods auch noch alles andere als überzeugen.
Das Spiel ist einfach zu beschnitten worden, Langzeitmotivation ist kaum gegeben. Sogar ihre ach so revolutionäre One Man Army finde ich eher langweilig. Gibt einfach nicht das Gefühl eines Weltreiches, mit diesen Einzelarmeen..
trineas schrieb am
corvex hat geschrieben:wird auch zeit... der multiplayer ist ALLeS ANDERE als "auslieferungsfertig" ... und das nach doch einigen monaten!!!!
Der normale "Standard-Multiplayer" ist durchaus spielbar. Hatte bei mehreren Spielen kein Problem damit. Tatsächlich war es auch das erste mal, dass ich Civ im MP gespielt habe, in Civ3 und Civ4 habe ich um diesen Menüpunkt immer einen weiten Bogen gemacht.
Dass MP-Fans der Vorgänger Dinge wie Play per Mail und Hotseat wollen, ist natürlich verständlich. Allerdings wurde auch vor dem Release gesagt, dass diese nicht enthalten sein werden. Jeder wusste also, dass er nur den "normalen" MP bekommt.
schrieb am