von Julian Dasgupta,

Dear Esther: "Emotionale Sandbox"

Dear Esther (Adventure) von thechineseroom / Curve Digital
Dear Esther (Adventure) von thechineseroom / Curve Digital - Bildquelle: thechineseroom / Curve Digital
Dear Esther ist ein durchaus polarisierender Titel: Während die einen die Stimmung und die Erzählweise des Inseltrips schätzen, können andere nicht viel mit dem Konzept anfangen und fragen stattdessen, ob es überhaupt noch als Spiel einzuordnen sei. Eine Fangemeinde hat das Debüt von thechineseroom allerdings gefunden: Innerhalb weniger Stunden nach dem Verkaufsstart hatte das Adventure seine Kosten wieder eingespielt.

Der hohe Grad der Deutungsfreiheit sei einer der Gründe für den Anklang gewesen, den der vielfach prämierte Titel gefunden hat, findet Dan Pinchbeck. Man gebe dem Spieler ein paar Teile sowie etwas Zeit und Raum, um dem Erlebnis selbst eine Bedeutung zu geben, so der Autor, der das Ganze Unterfangen als "emotional sandboxing" beschreibt. Man stelle Symbole, Ideen und Bilder bereit und setze darauf, dass die Person vor dem Bildschirm daraus die "emotionale Architektur" erschafft, die sie will.

"Wir erzählen euch nicht, wie ihr euch fühlen sollte, genauso wenig wie Minecraft euch sagt, wie man bauen soll. Und genau auf diese Art und Weise ist Minecraft innerlich belohnend, wenn man die Blöcke zusammenpackt, um die Kombinationen zu bauen. Dear Esther setzt auf die Idee, dass es innerlich belohnend ist, sich mit den Bildern und Symbolen auseinanderzusetzen, die da rauskommen."

Keinesfalls erhebt Pinchbeck den Anspruch, sich da etwas völlig Neues ausgedacht zu haben - derartige Erlebnisse habe es schon länger gegeben. Shadow of the Colossus sei das erfolgreiche Beispiel eines emotionalen Sandkastens. Im Falle von Heavy Rain sei hingegen die Komplexität der Spielmechanik eher ein Hindernis für die gefühlsmäßige Bindung gewesen.


Kommentare

superboss schrieb am
Ich brauch eigentlich auch ne Art von Interaktion, Spannung und Umfang(damit ich das Gefühl hab, dass da noch was kommt).
Aber wenn ein Spiel einfach nur ne spannnende Situation oder Geschichte auf seine Art beschreibt, könnte das vielleicht auch spannend und neugierigmachend sein. Keine Ahnung..ich spiel momentan nicht am pc. Von daher werd ich das wohl nicht erfahren................
edit: wobei ich mit Spannung und Interaktion nicht meinte, dass klar sein muss, was der Sinn des Spiels ist. Oder es ein bestimmtes Gameplay geben muss. Im Gegenteil: Ich liebe Sachen , die mich neugierig machen, die nicht klar sind. Ne interessante Umgebung , wo man nicht genau weiß, was man eigentlich tun kann.
Das war ja das Problem mit Journey. Hier war vieles recht schnell klar und hat mich eher an ein 0815 Action Adventure erinnert. Und es war eine viedeospieltypische Reise und das Ziel war definiert.
Bedlam schrieb am
Fiddlejam hat geschrieben:
Unsinn. Ihr müsst aufhören in beschränkten Kategorien zu denken. Grenzen sind in diesem Fall nicht klar abgesteckt. Auch bei Dear Esther findet Interaktion statt ... aber eben nur zu einem Minimum. Man navigiert durch eine Welt einem Ziel entgehen, entdeckt narrativ interessante Stellen wenn man danach sucht etc.
Und genau das ist die falsche Denkweise.
Wenn wir unser Medium als Kunst definieren wollen, müssen wir endlich aufhören mit dieser "alles geht"-Mentalität. Das ist einfach nur eine Entschuldigung für "ich will nichts eigenes sein, also imitiere ich andere"
Falsch. In anderen Medien ist es nicht anders, z.b. bei Filmen. Das Medium wird schon lange unter künstlerischen Gesichtspunkten diskutiert und dabei würd es dieselben Stolpersteine bereit halten wenn man es zu sehr eingrenzen würde. Auch beim Film kommen mehrere künstlerische Gattungen zusammen, auch beim Film gibt es Kommerzdreck und Kunst im selben Ausmaß. Die einzige filmeigene Errungenschaft sind die bewegten Bilder, und dennoch bestehen Filme aus weit mehr (Schauspielerleistungen, Musik, etc.). Videospiele haben nun Interaktivität dazu gebracht, das heißt aber keineswegs, dass es ausschließlich um diesen Aspekt gehen muss wenn das Medium als Kunst ernst genommen werden soll.
Es ist daher völlig falsch zu behaupten "je interaktiver, desto mehr Spiel, desto mehr Kunst". Und wie gesagt, Interaktion findet in Form von Navigation auch bei Dear Esther statt. Es ist nur nicht das, was viele Spieler mit eingeschränkter Spielersicht unter Interaktion verstehen (ballern, Gegenstände aufheben, Leute anlabern etc.). Der Begriff "Interaktion" ist viel breiter als du denkst. Sobald du Dear Esther startest, interagierst du mit dem Medium. Wenn du einfach davor sitzen bleibst wie vor einem Bild oder einem Film, dann passiert auch nix.
Chibiterasu schrieb am
Seh ich anders. Das ist sicher ein Teilaspekt aber ich finde Videospiele gerade so toll, weil sie diverseste kreative Sparten miteinander verknüpfen (könnten).
Das Videospiel lässt sich nicht gut abgrenzen - das ist ja das Schöne.
Fiddlejam schrieb am
Unsinn. Ihr müsst aufhören in beschränkten Kategorien zu denken. Grenzen sind in diesem Fall nicht klar abgesteckt. Auch bei Dear Esther findet Interaktion statt ... aber eben nur zu einem Minimum. Man navigiert durch eine Welt einem Ziel entgehen, entdeckt narrativ interessante Stellen wenn man danach sucht etc.
Und genau das ist die falsche Denkweise.
Wenn wir unser Medium als Kunst definieren wollen, müssen wir endlich aufhören mit dieser "alles geht"-Mentalität. Das ist einfach nur eine Entschuldigung für "ich will nichts eigenes sein, also imitiere ich andere".
Videospiele können nicht zu Kunst werden durch beeindruckende Bilder, großartige Soundtracks, ich denke nicht einmal durch besonders gute Storys - lasst das andere Medien machen, die sich darauf spezialisiert haben.
Videospiele werden ihren Platz in der Kunst nur finden, wenn sie sich auf ihren Kern besinnen: Interaktion, Kontrolle und deren Verlust, aktives Erleben.
Bedlam schrieb am
Übrigens würden sich viele Kunst-Elitisten auch gegen die Behauptung wehren, dass Dear Esther irgendwas mit Kunst zu tun hat. Für diese Leute ist der Grad an Interaktion noch zu hoch um es in "ihre Welt" zu lassen.
Und in der Mitte, zwischen "ist keine Kunst!" und "ist kein Spiel!"-Schreiern treffen sich offene Gemüter, deren Weltbild nicht durch klar abgesteckte und eng eingeschränkte Kategorien strukturiert ist.
Vacruz hat geschrieben:Mein Gehirn ist mit sowas jedenfalls nicht kompatibel. Wenn ich sehe, dass ein par Farbkleckse für mehrere Millionen Dollar versteigert werden fass ich mir nur an den Kopf.
Den Leuten, die solche Summen für Kunst bezahlen, gehts meiner Ansicht nacht auch eher weniger um die emotionale Erfahrung sondern eher darum teure Statussymbole zu erwerben.
schrieb am