von Benjamin Schmädig,

GDC Europe 2015 - Gamebook: So entsteht die erste wöchentliche interaktive Sitcom

Game Developers Conference Europe 2015 (Messen) von
Game Developers Conference Europe 2015 (Messen) von - Bildquelle: UBM Tech Game Network
Telltale ist der große Vorreiter auf dem Gebiet episodischer interaktiver Erzählungen, aber auch The Walking Dead oder Spieleserien anderer Entwickler wie das aktuelle Life is Strange lassen sich nach der Veröffentlichung einer Episode mindestens einen bis zwei Monate Zeit, bis die Fortsetzung erscheint. Doch was, wenn Videospiele ähnlich wie Fernsehserien wöchentlich erscheinen könnten? Dieser Frage hat sich das Berliner Unternehmen Experimental Game angenommen und stellte im Rahmen der Game Developers Conference die auf den Namen Gamebook getaufte Technologie vor: ein Werkzeug, das Entwicklungszyklen stark verkürzen soll.

Der führende Technologieentwickler Thomas Franken und Produktionsleiter Nico Nowarra stellten Gamebook vor und wie Nowarra betonte, ist Spieleentwicklung vor allem von aufwändiger Programmierarbeit geprägt. Mindestens die Hälfte der Arbeitszeit müsse dafür veranschlagt werden – daher die im Vergleich zum Fernsehen langen Pausen zwischen einzelnen Episoden. Aus diesem Grund soll Gamebook den Entwicklern vor allem einen Großteil der Entwicklungsarbeit abnehmen.

In einer kurzen Präsentation stellte er das Werkzeug genauer vor. Im Wesentlichen ist Gamebook ein Editor, über den man im Handumdrehen z.B. Mimik und Gestik einer Figur ändern kann. Entsprechende Einstellungen wurden auf der noch unfertigen Benutzeroberfläche über Drop-down-Menüs vorgenommen. Über solche sowie in einfachen Textfenstern erstellte Nowarra einen Dialog mit zwei Antwortmöglichkeiten und dazugehörigen Reaktionen.

Autoren, nicht Programmierer sollen mit Gamebook im Vordergrund stehen, ihre Ideen schneller ins Spiel fließen. Ein Adventure mit zahlreichen Entscheidungsmöglichkeiten soll keine Herausforderung an die Technik darstellen, sondern an den Ideenreichtum der Schreiber. So könnten sie z.B. aktuelle Nachrichtenthemen binnen einer Woche erzählerisch verarbeiten – die von Experimental Game entwickelte Sitcom Genius & Evil soll Mitte kommenden Jahres zeigen, wie genau das aussehen kann.

Mit Gamebook lassen sich aber nicht nur Skripte für Unterhaltungen schreiben: Auch Kameraeinstellungen sowie die Bewegungen der Figuren soll man mit geringem Aufwand festlegen. Vorarbeit müssen die Entwickler natürlich weiterhin leisten. Immerhin müssen sich die Mimiken, Einstellungen oder Kulissen im System befinden, bevor ein Spieleregisseur die benötigten Elemente verwenden kann. Zwischen den Dialogszenen unterstützt das Werkzeug übrigens jede Art von Spiel, sei es Adventure oder Shooter. Damit wären Entwickler nicht auf Titel festgelegt, die an Telltale-Abenteuer erinnern.

Es bleiben noch Fragen offen. Wie flexibel ist Gamebook etwa? Reichen vorgefertigte Kameraeinstellungen und Gesichtszüge, um emotionalen Schlüsselmomenten gerecht zu werden bzw. wie schnell können neue Einstellungen erstellt werden? Und passt die Technologie die Lippenbewegungen der Charaktere automatisch einem gesprochenen Text an? Wir werden uns Gamebook in den kommenden Tagen genauer ansehen, um sowohl offene Fragen in Bezug auf das Werkzeug zu klären als auch nähere Informationen zur interaktiven Sitcom Genius & Evil einzuholen.


Kommentare

LeKwas schrieb am
Da kommen Erinnerungen an 'Go! Animate' auf. Es wurde auch für seine Effizienz und geringe Einarbeitungszeit gepriesen, von zahlreichen Flash-Animatoren wird es jedoch wegen seiner Restriktivität verschmäht und belächelt.
Es bleiben noch Fragen offen. Wie flexibel ist Gamebook etwa? Reichen vorgefertigte Kameraeinstellungen und Gesichtszüge, um emotionalen Schlüsselmomenten gerecht zu werden bzw. wie schnell können neue Einstellungen erstellt werden? Und passt die Technologie die Lippenbewegungen der Charaktere automatisch einem gesprochenen Text an?
Davon wird's wohl abhängen, ob auch professionelle Entwickler auf lange Sicht zu Gamebook greifen werden.
MrLetiso schrieb am
Klingt erstmal spannend. Was heutzutage schon allein mit dem RPG-Maker machbar ist... wer weiß, was man hier noch rausholen kann.
schrieb am