Feier ich8BitLegend hat geschrieben: ("Ja, du auch. Haste gut gemacht.")
von Jan Wöbbeking,
GDC Europe 2015: Auf der Suche nach kreativen Geistesblitzen
Die GDC Europe sucht nach Geistesblitzen: Vom lasziv stöhnenden Stöpsel-Spielchen auf dem iPad bis hin zur finsteren Thematisierung des Drohnenkriegs präsentierten kleine Teams ihre frischen Spielideen auf der Bühne des 2015 European Innovative Games Showcase. Als Schwerpunkt kristallisierten sich klar Koop-Spiele heraus. Rosige Aussichten für gesellige Zocker? Manche der Titel waren bereits fertiggestellt, andere befinden sich noch in einer frühen experimentellen Phase. Plattformen und Erscheinungstermine lassen sich also noch nicht überall verlässlich voraussagen.
Bei Progress von „Team Progress“ (Joel Nystrom) handelt es sich um das zu Beginn erwähnte alberne Reaktions-und Assoziations-Spielchen für Touchscreens. Das Tablet gibt Befehle, die der Spieler schnell befolgt, um den „Fortschritt“ des Ladebalkens nach rechts zu schubsen – gestützt durch den Touchscreen, Bewegungs- und Ladesensoren. „Kitzel mich!“: Der Spieler trippelt auf dem Bildschirm herum, das Spiel kichert. „Ab auf's Boot“: Jetzt muss sich das Tablet im Wellengang wiegen. „Spaziere an der Decke entlang!“: Das Tablet wird über Kopf gehalten und man ahmt mit zwei Fingern Schritte nach. Auch das schlüpfrige Kommando „Steck es rein!“ ist dabei: Ein paar mal den Kopfhörer rein- und rausstöpseln und schon beginnt das iPad lasziv zu stöhnen.
Trine Laier und Lise Saxtrup von dänischen Entwickler „Klassefilm“ schicken ihre wandlungsfähige Heldin in das Krimi-Adventure Cosmic Top Secret: Die im Papier-Stil designte Heldin kann als zusammengeknüllte Kugel durch die surreale „interaktiven Dokumentation“ kullern und muss die geheime Vergangenheit ihres Vaters im kalten Krieg aufdecken. Dabei stöbert sie in Dokumentenmappen, Telefonaufzeichnungen, Filmschnipseln und anderen Beweisen herum.
Beim Entdeckungs-Knobler „Scanner“ von Ivan Notaros aus Belgrad wird die komplette Welt so dargestellt, als würde sie von einem 3D-Scanner erfasst. Der Grund dafür: Man schlüpft in die Rolle eines veralteten Roboters. Hunderte von Jahren nach seiner Ausmusterung wacht er in einer Zukunft auf, in der die komplette Menschheit verschwunden ist. Durch die Trägheit seiner Wahrnehmung sieht man bewegte Objekte gleich an mehreren Punkten des Bildes. Noch handelt es sich um erste Experimente von Notaros; das Projekt sei grob geschätzt erst zu zehn Prozent fertiggestellt. Vorher bastelte er als Modder an Kerbal Space Program.
Im Koop-Spiel FriendShapes von SFB Games laufen zwei Spieler als geometrische Figuren über den Bildschirm und „schneiden“ sich gegenseitig in die passende Form. Danach fährt z.B. ein Auto über ihren Rücken ans Ziel oder die zu einem Sternchen zurechtgeschnittene Figur wird zum Rädchen in einem Getriebe. Die Brüder Adam und Tom Vian entwickeln schon seit 15 Jahren zusammen Spiele und wollen ihren aktuellen Flash-Titel vermutlich in die Unity-Engine portieren, um ihn fit für Konsolen zu machen.
Vignettes von Pol Clarissou & Armel Gibson macht sich optische Täuschungen zu Nutze: Stilisierte Alltagsgegenstände werden so lange gedreht, bis z.B. aus einer Halbkugel eine Gitarre wird – oder eine Sanduhr, eine Babuschka und andere Dinge. Das Spiel ist für den PC und mobile Plattformen in Arbeit.
Fabulous Beasts von Alex Fleetwood ist ein Hybrid aus einem digitalen Spiel und physischem Turmbau im Jenga-Stil: Nach dem Sandbox-Prinzip stapeln zwei Spieler Gegenstände auf einer Basis, die an ein riesiges Skylanders-Podest erinnert. Sie überwacht allerdings die Balance des Turms und verarbeitet die Infos im digitalen Teil des Spiels. Durch verrückte Teilkombinationen können auch Tier-Hybriden wie einen Fuchs-Igel erschaffen werden. Danach muss man die Welt im digitalen Götterspiel in der Balance halten. Die Entwickler suchen noch nach Partnern für die Produktion; bislang wird das Projekt z.B. vom „REACT Knowledge Exchange Hub for the Creative Economy“ gefördert.
Auch We'll Meet Again vom italienischen Entwickler „We Are Muesli“ dreht sich um kooperatives Spielen: Zwei Teilnehmer sitzen jeweils an einem eigenen Rechner und bekommen unterschiedliche Hälften eines Puzzles vorgesetzt. Einer hört z.B. Soundfragmente auf der A-Seite einer Schallplatte, der andere auf der B-Seite. Auch visuelle Puzzles und andere Medien werden miteinbezogen – das Design wirkt dabei relativ minimalistisch. Ein Release ist für 2016 geplant, vielleicht sogar mit physikalischen Editionen samt echter Schallplatten. Das beim Global Game Jam entstandene Konzept soll als „Puzzle Novel“ auch Story-Anteile bieten und unter anderem luzide Träume thematisieren (also Träume, in denen man die Handlung bestimmt).
Einen offiziellen Überblick über die Vorträge gibt es übrigens hier.