Game Developers Conference Europe 2011
16.08.2011 06:50, Jan Wöbbeking

Silent Hill: Geschichte und Zukunft

Brian Gomez hat auf der GDC Europe 2011 seine Vision für das kommende Silent Hill: Downpour präsentiert. Er arbeitete zuletzt an Alone in the Dark und Clive Barker's Jericho und leitet jetzt als Game Designer die Entwicklung beim tschechischen Team Vatra. Wichtig sei ihm vor allem, dass Horror-Titel den Spieler aus ihrer "Comfort Zone" reißen. Survival-Horror-Klassiker hätten dieses Ziel vor allem dadurch erreicht, dass sie dem Spieler im Gegensatz zu Action Games seiner Fähigkeiten beraubten. Im Grunde genommen seien Titel wie Resident Evil einfach schlecht funktionierende Action-Spiele gewesen: Die Steuerung war hakelig, der Einsatz von Waffen und Extras fummelig, doch genau das habe den Unterschied ausgemacht und für Spannung gesorgt.

Obwohl Figurensteuerung und andere Aktionen heutzutage viel nutzerfreundlicher von der Hand gehen, gebe es aber trotzdem viele Möglichkeiten, den Spieler seine Machtlosigkeit spüren zu lassen und so Horror zu kreieren. Downpour soll weder den Weg von Silent Hill: Homecoming (mehr Action) noch den von Shattered Memories (das beinahe ohne Kämpfe auskommt) gehen. Stattdessen hätten die Entwickler sich für einen Mittelweg entschieden. In Downpour wird es Gefechte gegen Monster geben - allerdings gegen übermächtige Exemplare.

Horror durch Hilflosigkeit

Die Flucht sei daher meist eine bessere Option, als es mit den Gegnern aufzunehmen. Das gilt vor allem, weil die Hauptfigur - ein entflohener Sträfling - schon im Knast nicht zu den Stärksten gehörte und des öfteren Schläge von seinen Zellengenossen einstecken musste. Auch das Design der nur eingeschränkt nutzbaren Waffen soll seinen Teil zur Angst beitragen: Die Munition sei stark begrenzt. Hat man ein Brett zum Schlagstock umfunktioniert, zerbricht der nach einigen Schlägen schon wieder in seine Einzelteile.

Silent Hill 2 habe seinerzeit die psychologische Komponente in den Mittelpunkt gerückt: Der Hauptcharakter wird durch einen Brief seiner verstorbenen Frau an eine verlassenen Ort gelockt, in dem all seine Ängste und dunklen Charakterzüge sich in der Welt materialisieren. Das kommende Silent Hill: Downpour soll an genau diesen psycholgischen Schwerpunkt anknüpfen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Wetter: Wenn der Regen im Laufe des Spiels immer stärker wird, symbolisiert das die schwindende Zurechnungsfähigkeit des Protagonisten. Unterschiedliche Lichtquellen sollen verschiedene Ebenen der Wahrnehmung representieren: Die finsteren Kulissen werden unter anderem von einem Feuerzeug, einer Taschenlampe oder einer UV-Lampe erleuchtet.

Als Gomez damit begann, das Team zu unterstützen, habe er inhaltlich einiges am Konzept umgekrempelt: Die Monster sollen nicht einfach als gruseliger Selbstzweck oder Widersacher im Kampf existieren, sondern die psychologischen Abgründe der Hauptfigur widerspiegeln - also auf bestimmte Situationen der Geschichte zugeschnitten sein.

In Downpur gebe es z.B. jede Menge enge, ungemütliche Orte wie Aufzüge und schmale Gänge. Ein praktisches Stilmittel sei es auch, zwischen dem Spieler und seinem Alter Ego viel Raum zu lassen, so wie es bei alten Titeln mit fixer Kameraperspektive wie Resident Evil der Fall war. Das kann z.B. ein langer finsterer Gang sein, den man am liebsten links liegen lassen würde. Insgesamt soll die Welt aber rund fünf mal so groß sein wie in anderen Serienteilen. Schließlich sei die Erkundung der Umgebung neben dem Lösen von Puzzles ein wichtiger Baustein in weniger actionlastigen Gruselspielen.

Die Zukunft des Horrors

Nach einem kurzen Exkurs über die Geschichte des Genres ging Gomez auch darauf ein, was er sich für die Genre-Zukunft wünscht: Entwickler sollten mehr Situationen einbauen, in denen befreundete Charaktere dem Spieler plötzlich in den Rücken fallen, denn Misstrauen erzeuge Panik.

Auch kooperative Gruselspiele würden den Schrecken gut vermitteln: Wenn man  erst einmal gesehen hat, was seinem Partner zugestoßen ist, reagiere man umso vorsichtiger und schreckhafter. Interessant seien außerdem neue Animationstechniken wie in LA Noir und GPRS-unterstützte Spiele mit dem Mobiltelefon in echten Spukhäusern. Auch Kinect und Move steht der Entwickler offen gegenüber, solche Spiele könnten darauf reagieren, wie viele Spieler sich wo im Raum befinden: "Es wäre bestimmt verdammt gruselig, wenn mich plötzlich eine flüsternde Kinderstimme wie in Poltergeist an den Fernseher locken würde, bis ich schließlich direkt davor stehe."

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