von Julian Dasgupta,

GDC Europe 2011: Cerny blickt zurück & voraus

"The Long View" hatte Mark Cerny seinen Vortrag genannt, in dem er auf die vergangenen 30 Jahre zurückblickte  - so lange ist Cerny nämlich bereits in der Branche umtriebig.

Er sei ein Fan früher Arcade-Spiele gewesen und habe 1982 angefangen, bei Atari zu arbeiten. Sein Traum vom schnellen Ruhm und Geld sei aber nicht in Erfüllung gegangen. Credits gab es noch nicht - und in den Highscore-Listen habe man maximal drei Buchstaben eintragen können. Wirklich Geld verdient habe nur der Automatenhersteller - nicht die Entwickler.



1982 hätten insgesamt 15 Spieleentwickler bei Atari gearbeitet - heute würden insgesamt so viele Leute der Präsentation lauschen, wie damals insgesamt in der Spielebranche tätig waren. Seinerzeit hätten sich alle Entwickler theoretisch noch persönlich kennen können.

Marketing für Spiele habe es Anfang der 80er noch nicht gegeben - man habe einfach einen Automaten aufgestellt und geschaut, wie erfolgreich er wird. Erst danach sei er massenweise produziert worden. Zwei von drei Spielen seien eingestampft worden. Jedes Spiel sei in hardwaretechnischer Hinsicht ein Unikat gewesen - standardisierte Automaten gab es nicht.

Aus Sicht des Managements sei Erfolg damals nur Zufall gewesen - deswegen habe es keine speziellen Boni oder Gehaltserhöhungen für Entwickler gegeben. 1984 hätten die Angestellten dann aber rebelliert.

Die einzige Konstante bei Spielen sei "Veränderung", sinnierte Cerny. Angesichts der neuen Trends wie Smartphone-Spielen, Free-to-play und des Umsatzrückgangs bei den Konsolen müsse man sich fragen: Droht ein zweiter Videospielcrash wie seinerzeit in 1983? 1982 habe es aber bereits einen Crash im Automatenbereich gegeben - die Geräte seien zu teuer geworden, auch brach der Absatz ein. Vom von ihm entwickelten Marble Madness seien im Releasejahr gerade mal 4000 Geräte verkauft worden.

Inflation sei einer der Gründe für den Crash gewesen. Zudem sei der Markt völlig übersättigt gewesen. Die Anbieter hätten quasi nur noch nach Automaten mit Gewinngarantie gesucht. Man habe mehrere Strategien ausprobiert - die erfolgreichen erwiesen sich aber langfristig als äußerst gefährlich: Die Vielfalt unter den Spielen habe gelitten.



Ein Mangel an Vielfalt sei ein Indikator für Probleme in der Branche - "der Kanarienvogel im Bergbau." Einen Mangel an Genres gebe es heutzutage allerdings nicht. Budgets im Bereich von über 50 Mio. Dollar würden ihm allerdings Kopfschmerzen bereiten, merkt Cerny an.

Im Filmbereich habe es auch eine Explosion bei den Budgets gegeben, ohne dass die Zielgruppe wesentlich gewachsen sei. In der Spielebranche habe es zehn Jahre lang ein Wachstum gegeben - bis zum Jahr 2008. Es sei durchaus möglich, bei Kosten von 20 Mio. Dollar profitabel zu sein - bei 50 Mio. Dollar sei das eher fragwürdig. Es müsse in der Branche eine Rückbesinnung geben, um die Kosten wieder auf den Stand des Jahres 2005 zu senken. Dieser Rückschritt sei aber nicht einfach und könne vermutlich nicht über Kürzungen bei den Inhalten oder weiteres Outsourcing erreicht werden.



Das Potenzial sei aber da durch eine Erhöhung der Effizienz: Im Gegensatz zu den vorherigen Generationswechseln dürfte der Übergang zur nächsten Hardware eher einfach sein, schließlich stelle DirectX11 keinen großen Bruch zur früheren Technologie dar. Die Entwickler müssten das machen, was Cerny 'Unlearning' nennt - das bisher Gelernte vergessen und sich zurück ans Reißbrett begeben, um darüber nachzudenken, ob es andere, bessere Herangehensweisen gibt.



Hinsichtlich der Zukunft heißt es: Es sei aufregend darüber nachzudenken, wie der "soziale" Faktor kommende Einzelspielererlebnisse beeinflussen werde. Es sei kaum sinnvoll, Gegenstände in einem Spiel wie Heavy Rain zu verkaufen. Bei Demon's Souls könne man aber sehen, wie auch Solisten indirekt mit anderen Spielern interagieren können. Dies sei eine interessante Entwicklung, die vielleicht größte der unmittelbaren Herausforderungen für Entwickler - einen Namen habe er für jene Mischform aber noch nicht.


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