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Spielkultur | Special | 4Sceners

12.03.16, 01:59 Uhr, Bobic

Mr. Wipeout hat ein neues Album veröffentlicht. Bei Shadow of the Beast MMXV blickt Tim "Cold Storage" Wright weit in der Zeit zurück. Auf die außergewöhnlichen Klangkünste von Soundmagier David Whittaker, aber auch auf seine eigenen, musikalischen Anfänge. Ein geglückter Zeitsprung oder eher Ausflug ins musikalische Niemandsland von Karamoon? Wir haben reingehört.

Als anno 1989 Panflötenklänge aus den Lautsprechern des 1084s Monitors von Commodore strömten und den Raum mit ihrer dichten Atmosphäre schwängerten, waren wir verzaubert. Solch ungewöhnliche Instrumentierung hatte bis dato noch niemand in einem Amiga-Computerspiel gehört. Shadow of the Beast, entwickelt von Reflections (Driver) und veröffentlicht durch Psygnosis, war ein Spiel das Maßstäbe setzte. Zwar keine spielerischen, dafür aber auf dem Gebiet der audiovisuellen Kunst.

David "Glider Rider" Whittaker hatte sich selbst (wieder einmal) ein Denkmal gesetzt und mit einer melodiösen Mischung aus spirituellem Klang und dramatischen Synthie-Sounds einen der besten Soundtracks dieser Ära geschaffen. Oft wurde er kopiert, noch öfters versucht in Form eines Remixes die Magie, die geballte Macht und Faszination des Originals in die Moderne zu übertragen. Geglückt ist dies in den meisten Fällen nicht.

Anno 1989 war Shadow of the Beast für den Commodore Amiga eine audiovisuelle Sahneschnitte und
mit ein Kaufgrund für den aufregendsten 16bit-Home-Computer ever! (Bildquellen: HOL / Lemon Amiga)


Nun also hat sich Tim Wright dieses Themas angenommen. Auch er ist ein Kind des Amiga-Zeitalters. Ein paar Jahre nach David Whittaker hat er in der Spielebranche Fuß gefasst. Mit Bravour durfte er, im Sequel zum ersten Beast-Game, in die großen musikalischen Fußstapfen des Altmeisters treten. Im Zuge der Kickstarter-Kampagne für das Buch The Commodore Amiga - a Visual Compendium war er eines der zu erreichenden Zusatzziele und bekam dadurch die Gelegenheit, die großartigen Originalstücke zu restaurieren und modernisieren. Veröffentlicht wurden diese dann als Audio-CD für alle Backer. Alle anderen dürfen via BandCamp zum Preis von  £9.99 GBP (umgerechnet knapp 13,- Euro) downloaden. Eine Methode die wir bereits kennen. An dieser Stelle schöne Grüße in Richtung Allister Brimble.


Was also erwartet uns von dem Mann, der die spektakuläre Future-Racer-Serie Wipeout mit seinen Sounds maßgeblich mitgeprägt hat? In erster Linie Musik die überrascht. Die manchmal versucht wilde Wipeout-Beats ins Korsett des Mystischen zu zwängen. Bei der krampfhaft versucht wird, anders zu klingen, aufgrund des oft limitierten Arrangements die zeitgenössische Ausrichtung aber verfehlt wird. Das hätten wir von Tim Wright so nicht erwartet. Seine Stärken hat dieses Werk vor allem dann, wenn der Abstand zum Original nicht allzu groß ausfällt. Diese Lichtblicke sind jedoch spärlicher gesät als Animationsphasen der Gegner im einstigen Amiga-Originalspiel. Beast-Historiker können aber genau deswegen nicht auf dieses Album verzichten. Die Tracks in der Einzelkritik:

01. Pipes of the Beast - Big Band Mix
Auch wenn der Titel geradezu nach der Intonierung durch eine Jazz Band ruft, Mr. Coldstorage hat hier nur zart modernisiert. Die Panflöten verströmen ihren Klang atmosphärisch wie eh und je, Tempo und Stil orientieren sich klar am Original und wickeln den Zuhörer sofort in ein dichtes, atmosphärisches Klangnetz ein. Ein gelungener Anfang.

02. Castle - Burger Bar Mix
Hallo Wipeout! Hallo Technobeats! Auf Wiedersehen Nervenkostüm! Melodisch unverkennbar, aber aufgrund nerviger Instrumentenwahl mit Trampolin-artigem Bass und piepsiger Lead-Melodie ein Abenteuer zum Fingernägelkauen.

03. Funeral - True to Life Mix
Mystische, melancholische Game-Over-Musik gehört zur Beast-Serie wie die hässliche Fratze des Hauptdarstellers. Wright blieb hier ebenfalls nah am Whittaker-Sound, hätte das Ganze jedoch noch ein wenig länger ausarbeiten dürfen. Bis man sich im Tal der spirituellen Hörkunst zurecht gefunden hat, ist der Ausflug leider schon wieder vorbei.

04. Shadow Theme - Fat C64 Mix
Erwartungshaltungen schnellen in die Höhe, wenn ein "Fat" im Titel zu finden ist. Von fetten Beats und mächtiger Instrumentierung träumt man dann. Im Falle dieses Remix ist dies zwar eine Fehleinschätzung, dennoch handelt es sich beim Fat C64 Mix um das uneingeschränkte Highlight auf Shadow of the Beast MMXV. Typische SID-Sounds mischen sich mit modernen Klängen, was melodisch hervorragend harmoniert. Hier wird der Spagat zwischen der Brotkastenwelt und aktueller Studioqualität perfekt gemeistert.


Sind Tim Wrights neue Klänge die richtige Einstimmung auf das kommende Remake von
Shadow of the Beast für PS4? (Bildquelle: Tim Wright)


05. Plains Attack - The Funkadelic Mix

Back to Techno. Nett, klingt jedoch wie ein Club-Track, der unter Bulemie leidet. Von wuchtigen Beats und sich in den Vordergrund drängenden Samples keine Spur.

06. Plains - The Chinese Orchestra Mix

Wir sind um eine Erfahrung reicher. Dank diesem Mix wissen wir nun, dass ein Orchester nicht aus einem Dutzend oder mehr Musiker besteht. Zwei Chinesen mit Klampfe, Shaker und Panflöte bewaffnet reichen hier aus. Daraus ergibt sich ein Musikantenspiel in dünnem Klangkorsett, das dadurch viel zu sehr im Hintergrund bleibt. Schade.

07. Plains Attack - The Smoov Mix
Mut hat Tim Wright hier bewiesen, indem er die Instrumentierung des Originals bei diesem Remix komplett ausgehebelt hat. Die zweite, gewöhungsbedürftige Neufassung von Plains Attack geht stark in Richtung Dance-Sound der 1990er Jahre, ohne nachhaltige in Erinnerung bleibende Momente zu setzen.

08. Shadow Theme - Grand Flutes Mix
Ein poppiges, stimmungsvolles Arrangement, das mit mächtigem Flöten- und Trompetenspiel ein dickes Ausrufezeichen setzt und gerade zum richtigen Zeitpunkt das Biest im Zuhörer wieder weckt. Vor allem das raffinierte, in einer der unteren Klangebenen stattfindende Glockenspiel trägt dazu bei, dass hier eine extrem dichte Atmosphäre gesponnen wird.

09. Plains Exploration - The JKM (JarreKraftMoroder) Mix
Jean-Michel Jarre, Kraftwerk und Giorgio Moroder waren Inspirationsquell für diese Neuabmischung. Das wären sie besser nicht gewesen. Wie schon beim Burger Bar Mix des Castle-Stücks prallt aufgrund der unglücklichen Instrumentenauswahl dieser Track gnadenlos am Trommelfell ab.

10. Water Boss - Stadium Blast Mix
Mit der E-Gitarre taucht plötzlich ein Musikgerät auf, das bislang auf der MMCV-Version des Beast-Soundtracks noch gar nicht zur Geltung gekommen ist. Das bringt eine gewisse Portion Aggression ins Spiel, bleibt aber trotzdem im musikalischen Mittelmaß hängen.

11. Underground - The 80s Greyscale Mix
Enten! Hier musizieren Dagobert und Co.! Wieso nur wählt man ein Lead-Instrument aus, das an das Geschnatter der Wasservögel erinnert? Dass dabei Atmosphäre und Kult eines Meisterwerks zerstört werden, ist die logische Folgerung. 55 Sekunden lang funktioniert Tim Wrights Vorhaben vom Synthwave-Pop im 80er-Stil. Dann geht das Gequake los und wir springen lieber wieder zum deutlich gelungeneren C64- oder Grand-Flutes-Mix.

Fazit:
Lieber Probehören und nur einzelne Tracks kaufen. Zum Preis von umgerechnet 13,- Euro ist einfach zu viel Durchschnittsware an Bord, zumal man auf die zwei, nur im Gesamtpaket enthaltenen Bonustracks verzichten kann.

Shadow of the Beast MMXV @ BandCamp

Persönliche Favoriten: Shadow Theme - Grand Flutes Mix, Shadow Theme - Fat C64 Mix

 
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