Test: Fast Lane Carnage (Rennspiel)

von Benjamin Schmädig



Fast Lane Carnage
Entwickler: -
Publisher: Frogster
Release:
12.2005
Spielinfo Bilder  
Zwei Dinge braucht ein Fun-Racer: Eine Hand voll spritziger Ideen und ein unkompliziertes Fahrmodell. Kann er weder mit dem einen noch mit dem anderen aufwarten, ist er eigentlich keinen Blick wert. Erfüllt er hingegen nur eine der Bedingungen, muss man sich genauer mit ihm auseinandersetzen. So auch in diesem Fall...

Schneller Einstieg?

Mit großartiger Prosa waren die Rennspiele dieser Welt ja noch nie gesegnet: Anstatt anno 2021 in den Slums der Metropolen zu vegetieren, gebt ihr lieber mit ausrangierten Benzingeschossen Gas und verdient euch so die Kohle für ein luxuriöses Leben in der High Society. Ihr versucht euch also an einer Laufbahn über drei Ligen, die ihr mit bulligem Monstertruck, dickem Brummi, flottem Flitzer oder normalem PKW bestreitet. Dass es hier vor allem auf die Panzerung
Erfolgreiches Ballern und Rasen wird bei Fast Lane Carnage mit wichtigen Punkten belohnt.
und den Zug am Gas ankommt, sollte klar sein. Bevor es los geht, steht schließlich noch ein Gang zum Waffendealer an und schon seid ihr für die erste Fahrt gerüstet.

Theoretisch jedenfalls, denn mit dem mickrigen MG verursacht ihr bestenfalls kleine Kratzer, während die KI schon munter den Raketenwerfer zückt. Für Zerstörung gibt es aber Zaster, den ihr für den Kauf von Upgrades dringend benötigt. Entsprechend schwer gestaltet sich auch der Einstieg: Bis ihr die Steuerung verinnerlicht habt und wisst, wie ihr auch ohne dicke Wumme mal in die Punkte fahrt, vergehen wertvolle Minuten. Wertvoll deshalb, weil ich hier schon viele Piloten frustriert das Handtuch werfen sehe.

Lenksperre

Das liegt zum einen an der schwammigen Steuerung und zum anderen daran, dass die Gegner recht zielsicher ihr Blei verteilen. Dabei wären die Mitstreiter gar nicht das Problem: Es stört vielmehr, dass euer Fahrzeug nur verzögert auf Lenkbewegungen reagiert und nach einem Rempler gerne unkontrollierbar durch die Gegend schlittert. Viel schlimmer wiegt aber das Verhalten des Wagens nahe der Begrenzungsmauer, denn sehr oft verhakt sich die Karosserie in der Kulisse und kommt sogar an unsichtbaren Kanten zum Stehen.

An dieser Stelle hätte Fast Lane Carnage klinisch tot sein können, aber dann regte sich doch noch etwas: Die Steuerung ist mit etwas Übung beherrschbar und irgendwann heimst man dank aufkommender Streckenkenntnis tatsächlich Punkte ein, die in barer Münze ausgezahlt werden. Knete gibt es übrigens sowohl für eine gute Platzierung als auch für das Zerbröseln der Konkurrenz. Kurzerhand spendierte ich deshalb meiner aufgemotzten Rostlaube bessere Bodenhaftung, einen satten Raketenwerfer und war auf einmal mittendrin im Geschehen. Denn sobald das Auto flotter unterwegs ist und ihr euch mit Minen und Railgun erfolgreich zur Wehr setzt, entwickelt das Spiel ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotenzial.

Ihr fahrt über (intakte) Militäranlagen, rast durch herunter gekommene Ghettos oder gebt auf Schrottplätzen Gas – das alles inklusive explosiver Fallen sowie vertrackter Abkürzungen. Witzig auch die Idee, dass ihr vor jedem Rennen entscheiden müsst, auf welcher von zwei zur Wahl stehenden Strecken ihr teilnehmen wollt, denn die Fahrer einer Liga teilen sich an jedem Renntag in zwei Startfelder zu je vier Gegnern auf. Solltet ihr das Starterfeld allerdings mit menschlicher Intelligenz besetzen wollen, seid ihr hier falsch: Im Internet tummeln sich kaum Gleichgesinnte. Und wenn doch, wollten sich bei den Testläufen keine zwei Rechner gegenseitig finden.

"Ich gebe viel Gas, habe viel Spaß!"

Nicht jedermanns Sache wird die Musik der Rapper-Kombo "Aggro Berlin" sein: Sinnfreie Texte untermalen das Geschehen zwar ansprechend, aber zuweilen auch anstrengend. Immerhin sorgen die lizenzierten Klänge dafür, dass der Soundtrack nicht den Charme einer eilig zusammen gestückelten Tonspur versprüht. Wer bei dem Rap aus der Hauptstadt einen dicken Hals bekommt, darf übrigens zu dem ursprünglich für das Spiel geschriebenen Soundtrack wechseln
Mit dem kantigen Stil muss man etwas anfangen können, wenn man den Racer genießen will.
– jene scheinbar in Eile gebastelte Tonspur aus dem Synthesizer.

Gelungen ist dafür die Darstellung der Rennen: Es gibt keine satten, aber ausreichend schicke Effekte und trotz (oder gerade wegen) des Farbmangels wird die Kulisse des Zwischendurch-Racers dem Endzeit-Setting durchaus gerecht. Die Menüs sind dagegen Geschmackssache: Entweder könnt ihr euch mit dem anarchischen Stil der Designer anfreunden oder ihr werdet die kantigen Fratzen von Waffenhändler oder Moderator im Sprayer-Look schnell über haben.

Negativ fällt nur die deutsche Übersetzung auf, denn die ist ein Paradebeispiel für sichtbaren Billig-Touch: Einige Texte passen nicht in ihre Fenster, Dialogboxen reagieren mit "Ja" wo "Nein" steht und die Übersetzung ins Deutsche glänzt mit jeder Menge Patzer. Hier zeigt sich am ehesten, weshalb Frogster den Gegenwert des Spiels bei 25 Euro ansetzt. Auch die Bugs, die hin und wieder für Abstürze sorgen, hätten den Betatestern auffallen müssen.

     

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Thema!
schrieb am