Test: The Witcher (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



The Witcher (Rollenspiel) von Atari
The Witcher
Entwickler:
Publisher: Atari
Release:
24.10.2007
Spielinfo Bilder Videos
Echte Rollenspieler haben's schwer. All jene, die unter einem Abenteuer mehr als billigen Kloppmist mit Fantasygepansche verstehen, müssen gerade auf dem PC leiden, warten, hoffen. Wo bleiben gute Geschichten und interessante Charaktere? In welche Welten konnten sich Tolkiens Erben in den letzten Monaten stürzen? Egal, was es war: Nichts konnte auch nur ansatzweise die Magie des Genres beschwören. Jetzt versucht es der Hexer...



Absturz in den Vistakeller


Video: Das Kampfsystem setzt auf den Klick zur rechten Zeit - Timing ist angesagt.
...am Anfang stand der Frust: Das Spiel stürzte ab! Immer wieder. Und das beim Abspeichern. Hallo Microsoft? Warum prangt da groß das Games for Windows-Logo auf der Verpackung, wenn sich das Spiel unter Vista immer wieder verabschiedet? Erst ein Bugfix sollte hier Abhilfe schaffen. Sind Qualitätssicherung und Realsatire jetzt schon Schwestern? Aber Publisher Atari hat uns recht spät mit dem Testmuster versorgt, so dass wir vor dem Release ohnehin keinen Test anbieten konnten.

Also den Patch des ersten Verkaufstages installieren, das Ganze alternativ unter Windows XP versuchen und siehe da: Es läuft. Allerdings braucht man mindestens zwei Gigabyte Arbeitsspeicher, damit es nicht ruckelt. Hinzu kommen nervige Ladezeiten beim Betreten von Gebäuden. Wenn der Publisher zickt und die Technik bockt ist das eigentlich kein guter Start für eine fruchtbare Beziehung zwischen Kritiker und Abenteuer. Man könnte versucht sein, das Spiel zu zerpflücken. Schließlich werden Erinnerungen an Gothic 3 wach, wenn man die mehrseitige Bugliste des ersten Patches liest...

Aufstieg in das Abenteuer

Aber uns interessiert in erster Linie nicht die Außenpolitik der deutschen PR, sondern die kreative Qualität der Entwickler. Die kommen aus Polen, heißen CD Projekt und wollten ein Rollenspiel à la BioWare präsentieren. Nicht umsonst prangt das Logo der Aurora-Engine auf dem Cover, die auch bei Neverwinter Nights 2 zum Einsatz kommt - nur sieht The Witcher mindestens eine Klasse besser aus. Obwohl auch hier Levelschläuche ein freies Erkunden der Spielwelt verhindern und die Offenheit eines The Elder Scrolls IV: Oblivion vermissen lassen, ist die Illusion durchaus vorhanden. Die Landschaft besticht mit einem authentischen Flair, Tag- und Nachtwechsel sorgen für
Hexer Geralt begegnet auf seinem Abenteuer einer Menge Frauen - manche kann er über Gespräche und Geschenke sogar verführen.
idyllische Lichtspiele und die erste Dorfszenerie samt Zugbrücke, Burg und Mühle könnte eins zu eins aus dem europäischen Hochmittelalter stammen. Flora, Fauna und Architektur wurden sehr gut eingefangen. 

Und wo Frust war, herrscht plötzlich Freude. Denn es gibt zwei wesentliche Unterschiede zum Gothic-Desaster: Erstens läuft das Spiel in Version 1.1 sauber und zeigt keine krassen grafischen oder physikalischen Fehler, die sich auf das Spielgefühl auswirken würden. Zweitens macht es nicht nur richtig Spaß, sondern pflegt längst vergessene Rollenspieltugenden. Es etabliert dabei eine neue Fantasywelt für Erwachsene, die in Sachen Komfort, Art & Design edle Zeichen setzt. Das fängt schon bei der Wahl der Kamera an: Ihr könnt das Spiel in verschiedenen Perspektiven aus der Distanz oder ganz nah dran erleben, es komplett mit der Maus oder über eine Kombination mit der Tastatur steuern. Lieber mitten rein oder isometrisch fern? Es liegt an euch.
               

Kommentare

Interrex schrieb am
Heute zockt man TW 1 wegen der sehr guten RPG-Story und weniger wegen der veralteten Technik. Magst du keine guten Stories?
Ivan1914 schrieb am
Wenn Du nach bereits einer Stunde aufgegeben hast, war das zu früh.
Das Spiel ist alt, die Engine nicht mehr zeitgemäß und das anfängliche Spielprinzip auch nicht. Aber was Witcher damals (und auch in den folgenden Teilen) ausgemacht hat ist die Erzählung und Sinnigkeit der Story. Und da hast Du im ersten Akt - besser gesagt im Anfangsstadium dessen - halt noch nichts gesehen.
Habe nach Witcher 3 allerdings den ersten Teil auch nochmal durchgespielt und muss zugeben, dass es doch schon sehr gealtert ist. Sogar ich habe mich fast mehr "durchgequält" als es genossen, wie ich es früher mal konnte. Story ist weiterhin klasse und auch toll geschrieben - vor allem wenn man alle drei Teile kennt. Aber die Präsentation ist leider nicht mehr wirklich zeitgemäß, besonders aus technischer Seite.
Und ohne english-Affinität hast Du noch einen weiteren Stolperstein, der überwunden werden muss. Frustration ist nachvollziehbar.
Dafür werden Dir ein paar Dinge entgehen, die erzähltechnisch in der virtuellen Spielewelt großartig waren und sind.
Ich wünschte mir, von W1+2 würde es heutzutage ein interaktives Video geben um sich nur die Story/Stories anschauen zu können ohne sich durch die Spiele krampfen zu müssen. Aber weil diese teils so gut geschrieben sind (english), krampfe ich hier und da trotzdem.
No Cars Go schrieb am
EvilGabriel hat geschrieben:Wirklich immens wichtig, dass du das jetzt noch ins Forum schreibst, neun (!!!) Jahre nach Release.
Bis zu welchem Zeitpunkt nach Release darf man in deinen Augen Spiele noch kommentieren?
EvilGabriel schrieb am
Wirklich immens wichtig, dass du das jetzt noch ins Forum schreibst, neun (!!!) Jahre nach Release.
No Cars Go schrieb am
Hab dem Spiel gerade eine volle Stunde lang eine Chance gegeben und war zu Tode gelangweilt. In monotonen Kämpfen zur rechten Millisekunde die linke Maustaste drücken? Kloppmist. Englische Sprachausgabe? Dilettantisch. Dramaturgie? Triss' Titten wackeln in ernsten Gesprächen, als hätte ich BMX XXX eingeworfen. Regie? Fast nicht vorhanden. Fantasyklischees? Ohne Ende. Die glitchy Engine von Bioware tat ihr Übriges.
Furchtbares Teil, das ich nicht mehr anpacken werde.
schrieb am