Test: Marvel Nemesis: Rise of the Imperfects (Prügeln & Kämpfen)

von Paul Kautz



Marvel Nemesis: Rise of the Imperfects
Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
13.10.2005
13.10.2005
20.10.2005
13.10.2005
Spielinfo Bilder Videos
Der Aufstand des Plusquamperfekts? Nein, wir haben es hier nicht mit einem Rechtschreibungs-Shooter zu tun. Marvel Nemesis ist ein 3D-Prügler in Final Fight-Tradition, angereichert mit einem Best-Of-Ensemble aus dem Marvel-Comic-Universum. Warum das Ganze trotzdem keinen überirdischen Spaß macht, verrät euch unser Test.

Auto-Tennis

Auf dem Papier klingt Marvel Nemesis klasse: Ihr habt satte 18 Superhelden zur Auswahl, mit denen ihr einigermaßen frei durch größtenteils zerstörbare Umgebungen walzen dürft, diverse Standard-Gegner plättet und euch regelmäßig Einzelduelle mit besonders mächtigen Feinden liefert. 18 Marvel-Helden aus allen möglichen
Manche Charaktere sind plattformabhängig - die menschliche Fackel z.B. bekommt ihr auf der PSP nicht zu sehen.
Fraktionen! Darunter befinden sich illustre Gestalten wie Spider-Man, Wolverine, Das Ding, Elektra, Iron Man, Venom oder die fiesen »Imperfects« von Solara über Brigade zu Paragon. Auf der PSP fehlen Daredevil und Die Fackel, dafür dürft ihr hier als Bonus auf Johnny Ohm und Dr. Doom zurückgreifen.

Auf den Konsolen warten zwei Spielmodi: Zum einen das »Duell«, welches ein Mann-gegen-Mann-Schlagabtausch im 3D-Szenario ist. Leider sind hier anfangs nur sehr wenige Figuren wählbar, so dass ihr euch erst der »Story« zuwenden solltet, um weitere Charaktere freizuspielen. Dort wird New York gerade von einer außerirdischen Streitmacht angegriffen. Die grünen Stinker demolieren die Umgebung nach Herzenslust und legen sich mit allen verfügbaren Superhelden an – Zeit, ihnen eine galaktische Tracht Prügel zu verpassen! Ihr kämpft euch von Mission zu Mission, wobei immer neue Protagonisten ins Spiel kommen, mit denen ihr einen Handlungsstrang verfolgt. Ihr haut und schlitzt euch durch Horden von Standard-Feinden, bis ihr am Levelende einem besonders starken Widersacher gegenüber steht – im Laufe der Zeit lernt ihr so die Armee der »Imperfects« von ihrer hässlichen Seite kennen. Diese Einzelduelle sind auch das Highlight der Singleplayer-Variante, denn man merkt deutlich, dass das MN-Kampfsystem ursprünglich nur für die Einzelkämpfe entwickelt wurde – da funktioniert es ja auch prächtig. Ist man hingegen von mehreren Gegnern umringt, geht leider alles in die Hose: Es fehlt einfach die Kontrolle über verschiedene Widersacher, man kann auf der Konsole keine Feinde anvisieren (auf der PSP geht’s) oder Attacken kombinieren, wie es fabelhaft von MK: Shaolin Monks vorgemacht wurde. Ihr dürft zwar einen Großteil der Umgebung zerstören und die Trümmerstücke (oder Autos) aufheben und als Waffe benutzen – nur können
Die Figuren wurden gut getroffen, die Animationen sind flüssig.
die Gegner das auch. Was sich schnell als Ärgernis entpuppt, denn wenn man nämlich mit einem Feind zugange ist und von zwei Seiten mit explodierenden Fässern eingedeckt wird, verliert man schneller Lebensenergie als der Hulk »Don’t make me angry« grummelt. Ihr könnt auf euch geworfene Gegenstände zwar auffangen und zum Absender zurückschicken – aber mitten im Kampf ist das kaum zu bewerkstelligen.

Helden unter sich

Auf der PSP verzichtet ihr auf all den Schnickschnack und liefert euch nur ein Einzelgefecht nach dem anderen. Außerdem wartet ein auf Karten basierendes Upgrade-System auf euch: Nach jedem Sieg wählt ihr aus einem zufällig zusammengewürfelten Haufen von Power-Up-Karten. Ihr könnt bis zu vier der 170 auf das D-Pad legen und in künftigen Kämpfen einsetzen. Das ist besonders bei den dickeren Gegnern von Vorteil, denn wie schon bei X-Men: Mutant Academy ist das Figurenbalancing hier eine Katastrophe, was speziell im Mehrspielermodus zur Belastung wird: Mit einem Schlaffi wie Daredevil gegen die Ein-Mann-Armee Brigade anzutreten
Das schlechte Einheitenbalancing kommt besonders im Mehrspielermodus nervig ans Tageslicht.
ist selbst für Profi-Spieler eine üble Herausforderung. Immerhin dürft ihr auf Xbox und PS2 über Online-Modi gegen Spieler aus aller Welt antreten. PSP-Zockern bleibt immer noch die WiFi-Variante, während GameCube-Helden an einen Fernseher gefesselt bleiben.

Optisch macht das Spiel einen gemischten Eindruck: Die Figuren sind schön modelliert, sehr gut animiert, comic-gerecht schattiert und mit netten spezifischen Eigenschaften versehen – Das Ding hinterlässt nach jedem Sprung z.B. einen leicht zertrümmerten Boden. Insgesamt bleibt aber die Comic-Perfektion eines Ultimate Spider-Man unerreicht, spätestens bei den lieblosen Levels wandelt sich das Licht nämlich zum Schatten: Zwar ist fast alles irgendwie zerstörbar, aber die Verwüstungen wirken einfach nicht brachial genug (wie z.B. bei The Incredible Hulk: Ultimate Destruction). Es staubt nicht richtig, bei explodierenden Autos fehlen völlig abfliegende Einzelteile – es wummst einfach nur, danach steht ein schwarzes statt blaues Objekt da. Immerhin läuft das Spiel auf jedem System immer flüssig, auf der PSP sieht alles außerdem etwas heller und freundlicher aus. Nichtsdestotrotz bleibt immer noch das Kamera-Problem: Die Perspektive ist ultra-störrisch, muss ständig nachkorrigiert werden – und schafft es trotzdem regelmäßig, den Blick auf die Gegner zu versperren. Im Weg stehende Objekte werden zwar theoretisch ausgeblendet, aber eben nur theoretisch – oftmals sind sie trotzdem noch da. Da bleibt nicht viel Motivation übrig, sich durch das komplette Einzelspielerszenario zu kämpfen, nur um weitere Charaktere, animierte Comicbücher, kurze Videos oder Sammelkarten freizuspielen.

Wir sind eins

Die PSP-Fassung hat spielerisch die Nase knapp vorn.
Das Schöne an so vielen Helden ist, dass jeder einige spezifische Eigenschaften und Bewegungen hat:  Wolverine kann z.B. weit springen, an Wänden entlang laufen oder an ihnen hochklettern, Spider-Man schnappt mit seinem Netz Dinge und wirft diese in Richtung Gegner, Venom macht eine vernichtende Korkenzieher-Attacke. Ihr könnt eure Attacken am Boden und in der Luft kombinieren und so eure »Raserei«-Anzeige füllen – danach legt ihr für einige Sekunden richtig los! Das Doofe an dem Spiel ist, dass sich alle Protagonisten sehr ähnlich steuern: alle haben ähnliche Grundbewegungen, die Special Moves sind allesamt gleich auszulösen – es fehlt der Anreiz, sich in Kombinationen einzuarbeiten, die Basis eines Prügelspiels ist hier nicht vorhanden. Keine Freudensprünge auch an der Akustik-Front: die dramatische Musik geht zwar gut ins Ohr, aber leider auch im Getose der Krawumm-Soundeffekte auch ziemlich unter. In den kurzen Echtzeit-Zwischensequenzen gibt es auch allerlei brauchbare, wenn auch nicht aufregende deutsche Sprachausgabe zu hören.

   

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