Ernüchterung im HD-Format
Wenn man
NBA 2K6 in hoch aufgelöster Kulisse auf der Xbox 360 und danach am Fernseher auf Xbox oder PS2 betrachtet, ist der Unterschied ein gewaltiger, fast ein berauschender - man fühlt sich schon nach wenigen Sekunden wie in einem anderen Spiel; böse Zungen vergleichen das sogar mit einer Emulation. Genau so geht es einem z.B. auch bei
Fight Night Round 3 . Manche Titel lösen ihr HD-Versprechen tatsächlich ein und rechtfertigen mit ihrer optischen Faszination unter Umständen auch den höheren Preis der 360-Fassung.
NHL 2K6 gehört leider nicht dazu, denn bis auf etwas plastischere Figuren und mehr Zwischensequenzen ist kein großer Vorsprung zur Xbox oder PS2 zu sehen.
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Das Spiel ist ansehnlich, aber vor allem auf der Xbox 360 ist der Sprung in die nächste Generation nicht so überzeugend wie bei NBA 2K6. (360) |
Natürlich sieht es einen Tick besser aus. Natürlich gibt es hier ein jubelndes 3D-Publikum. Aber die Animationen bei Täuschungen, Paraden und Drehungen sind nicht wesentlich geschmeidiger oder gar vielfältiger - da hätte ich mir gerade gegenüber dem Vorgänger noch mehr Finessen gewünscht. Und es gibt einige grafische Schwächen: Die Einblendungen der grob geschnitzten Club-Besitzer in ihrer Loge etwa, die vielen zittrigen Bewegungen zwischen Puck und Stock in der Zeitlupe, die unspektakulären Wraparounds zum direkten Treffer oder die seltsam schlaffen Checks.
Es fehlt vor allem auf der Xbox 360 optisch an Wucht, Körnigkeit und diesem letzten Funken Eishockey-Feuer. Man hat zwar immer ein taktisch anspruchvolles, aber gleichzeitig immer auch leicht steriles Spielgefühl. Auch das famose TV-Flair, das die beiden Kommentatoren Gary Thorne und Bill Clement noch in
ESPN NHL 2K5 mit viel Charisma und Fachwissen vermitteln konnten, will dieses Jahr nicht aufkommen - beide sind Opfer der fehlenden ESPN-Lizenz. Immerhin finden deutsche Cracks endlich alle Texte in ihrer Sprache vor, so dass man sich ohne Probleme auch durch das ins Spielmenü integrierte Handbuch wühlen kann. Ansonsten gibt`s ordentlich was auf die Ohren: Die Fans feiern laut und heiß, der Soundtrack ist mit Bands wie Grinder angenehm hart, rauchig und rockig.
Starker Simulationskern
Wer die Wahl hat und in erster Linie die technische Power der neuen Microsoft-Konsole in Aktion sehen will, sollte sich also das Geld sparen und besser in die ältere Generation investieren - die sind im Schnitt 25 Euro günstiger und bieten inhaltlich fast dasselbe. Das ist schade, denn unter der ansehnlichen, aber wenig faszinierenden 360-Hülle steckt natürlich immer noch ein verdammt prächtiger Kern. Schon letztes Jahr haben wir
ESPN NHL 2K5 mit 90 Prozent zum Meister der Eishockey-Simulation gekürt. In Sachen Umfang, Steuerungsfinessen und Taktik bleibt es dem auf den ersten Blick spektakuläreren
NHL 06 klar überlegen.
EAs Konkurrent lässt es zwar fetter in Bande, Mann und Tor krachen, aber Veteranen netzen dort auf Dauer zu durchsichtig über ein, zwei Spielzüge ein. Hier geht es bei der Torjagd komplexer und abwechslungsreicher zur Sache. Hier gehen auch mal Schüsse von der blauen Linie oder aus dem frontalen Torraum rein. Egal ob Doppelpass, Rückwärtsskaten mit Puck, schnelle Stopps aus der Bewegung, elegante Dekes, Stockrempler in alle Richtungen, Querlupfer, Schlagschuss oder der Wraparound aka "Bauerntrick" - die Möglichkeiten sind enorm. Allerdings haben wir dieses Jahr auch immer wieder seltsam anmutende Tore beobachtet, die aus dem Zentrum in Torwartnähe mit Handgelenkschüssen fielen; seltsam deshalb, weil sie nicht immer platziert und gefährlich aussahen, sondern irgendwie ins Netz zuckelten, ohne dass der Goalie auch nur den Versuch einer Parade machte. Auch der Bauerntrick sieht aus wie eine nicht abgeschlossene Animationsphase - man vermisst den letzten Schliff beim Umkurven. Trotz kleiner Ungereimtheiten: die spielerischen Stärken wurden dieses Jahr noch erweitert. Dabei sind einige gelungene, aber auch einige weniger gelungene Neuerungen.
Das Team von Visual Concepts lässt sich immer wieder etwas einfallen, wenn es um neue Features geht. In NBA 2K6 ist es z.B. die Möglichkeit, die Spielzüge eines Gegners aufzuzeichnen, um anhand des Datenmaterials eine KI mit ähnlicher Taktik zu simulieren - so kann man z.B. üben, wie man seinen besten Freund besiegt. Das ist ein klasse Zusatz für Taktiker, den ich mir auch gerne für dieses Eishockey gewünscht hätte. Allerdings hat man für NHL 2K6 andere Prioritäten gesetzt.
Blitzpässe bis zum One-Timer |
Trotz hübscher Spiegelungen und eleganter Manöver wirkt das Spiel ab und an etwas steril. Man vermisst etwas mehr Körnigkeit, Wucht und Bandendonner. (Xbox) |
Dieses Jahr kann man den Puck z.B. noch schneller durch die eigenen Reihen jagen, um im Angriff mit einem One-Timer abzuschließen: Sobald man den Stick drückt, erscheinen Button-Symbole über allen Spielern und ihr könnt den Puck auf Knopfdruck dorthin befördern - ähnlich wie beim bekannten Icon-Passing von EA. Der Unterschied ist nur, dass ihr den Angreifer hier mit einem Doppeldruck sofort einen One-Timer ausführen lasst. Sprich: Die Folge B, Y, X und dann B, B führt von Spieler B quer durch die Reihen zurück zu ihm und einem finalen Schuss.
Dieses System hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass man so sehr schnell, sehr ansehnlich und gefährlich abschließen kann. Es sieht einfach klasse aus, wenn der Puck wie ein Blitz hin- und hergepasst wird. Der Nachteil ist, dass man aufgrund der Rasanz sehr viel Übung braucht und bei späterer Beherrschung gerade gegen die ersten KI-Stufen und weniger gute Freunde ein One-Timer-Festival feiern kann - Pass, Pass, Tor. Hier hat NHL 2K6 leider etwas an Flair verloren, denn diese Geradlinigkeit kann auf Dauer den Spielspaß hemmen. Daher sollte man möglichst in der Liga auf Pro oder höher gegen den Computer spielen. Gegen menschliche Gegner auf ähnlichem Niveau bieten die One-Timer immerhin keine ähnliche Tor-Garantie wie in NHL 06, da sie auf dem Weg durch die Mitte meist aufgrund der guten Kollisionsabfrage abgefangen oder vom Goalie weggefischt werden.