WoW Cataclysm - Rache, Bedrohung und Aggro

02.12.10 | Marcel Kleffmann

Blizzard hat sich nun ausführlich zu der neuen Rache-Mechanik der Tanks geäußert. Rache ist eine neue, passive Fähigkeit, die ihr erhaltet, wenn ihr euch für einen der Tank-Bäume entscheidet: Schutz für Paladine und Krieger, Blut für Todesritter und Wilder Kampf für Druiden. Wenn ein Tank mit einer dieser Talentverteilungen Schaden erleidet, bekommt er einen Bonus auf Angriffskraft abhängig vom erhaltenen Schaden. Dieser Bonus kann nicht mehr als 10% der maximalen Gesundheit übersteigen. Rache wurde für einen Zweck gestaltet, und zwar um sicherzustellen, dass die von Tanks verursachte Bedrohung (Aggro) skaliert, wenn andere Spieler ihre Ausrüstung verbessern. Stellt euch einen Schlachtzug mit vernünftig ausgestatteten Charakteren auf Stufe 85 vor. Ohne Rache würde ein Tank vielleicht 50% des Schadens einer Schadensklasse austeilen. Mit den Bedrohungsmodifikatoren des Tanks sollte das ausreichen, um genug Bedrohung zu erzeugen und die Gegner an sich zu binden (solange in dem Kampf nichts Eigenartiges vor sich geht).

Das Problem ist, dass in späteren Inhaltsstufen die Magier und Schurken im Schlachtzug Ausrüstung sammeln, die ihren Schaden erhöhen, während der Tank sich für Gegenstände entscheidet, die seine Überlebensfähigkeit steigern. Auch Tanks werden auf dem Weg ein paar Werte einsammeln, die ihre Bedrohung erhöhen, aber weil ihr Überleben so gut wie immer eine notwendige Bedingung für den Sieg ist, werden sie ihre Ausrüstung entsprechend zusammenstellen. In späteren Inhalten könnte der Tank deswegen statt 50% des Schadens von Schadensklassen auf 30% oder weniger abrutschen. Jetzt wird Bedrohung zu einem Problem, denn die Bedrohung soll ein wichtiger Teil des Spiels sein - warum das so ist, soll in einem späteren Blog erklärt. Auf jeden Fall ist es nicht das Ziel des Designs, den Aufbau von Bedrohung in der dritten Stufe des Inhaltes viel schwerer als in der ersten zu gestalten.

Das soll also Rache sein. Hier kommt, was Rache nicht sein soll: Rache soll das Bedrohungs-Problem nicht komplett lösen. Ein Tank sollte nicht in der Lage sein, seinen automatischen Angriff zu nutzen und Rache den Rest tun zu lassen. Rache ist kein Ersatz dafür, den Tank zunächst ausreichend Bedrohung aufbauen zu lassen, damit das Ziel bei ihm bleibt. Er sollte sich in den ersten sechs Sekunden des Kampes nicht auf Rache verlassen müssen. Es ist dafür da zu verhindern, dass Hexenmeister in der Mitte des Kampfes in der Bedrohungsliste langsam immer näher kommen. (Falls das eurem Schlachtzug nie passiert ist, ist es möglich, dass das gewaltige Bedrohungs-Transfer-Potenzial von Schurkenhandel der Schurken und Irreführung der Jäger verschleiert haben, wie brenzlig diese Situationen wirklich waren, aber diese Fähigkeiten wurden für Cataclysm umgestaltet.) Tatsächlich solltet ihr Rache in den ersten beiden Stufen der Cataclysm-Inhalte gar nicht benötigen. Falls eine glückliche Folge von Ausweichen dafür sorgt, dass Rache ausläuft und das bedeutet, dass ihr nicht genügend Bedrohung aufbauen könnt, dann sind entweder die Zahlen von Bluzzard nicht richtig eingestellt oder ihr müsst noch ein bisschen lernen.

Rache ist auch nicht dafür da, euch Angst vor einem Angriff auf einen Tank im PvP zu machen. Tanks haben genügend Stärken im PvP, wie zum Beispiel die Tatsache, dass sie schwer zu töten oder kontrollieren sind. Das gilt vor allem in Cataclysm, in dem sie in gewerteten Schlachtfeldern zum Beispiel die Aufgabe übernehmen können, Fahnen oder Türme zu verteidigen. Spieler schlagen allgemein nicht stark genug zu, um den vollen Effekt von Rache auszulösen, es sei denn, sie stürzen sich alle auf den Tank – und in diesem Moment sollte jemand in der Gruppe in der Lage sein, den Effekt zu bannen (Rache gilt als Wutanfall-Effekt im Hinblick auf die Bannung).

Rache ist eine neue Mechanik und wie bei vielen Änderungen am Design könnte etwas Feinschliff von Nöten sein, um es richtig hinzubekommen. Vielleicht braucht es zu lange um voll gestapelt zu sein oder es läuft zu einfach aus. Vielleicht erledigt es zu viel von der Arbeit des Tanks für ihn und bringt eine Generation fauler Beschützer hervor. Bedrohung ist eine knifflige Sache zum Ausbalancieren. Wenn sie zu leicht zu halten ist, hat der Tank keinen Spaß. Wenn sie zu schwer zu halten ist, hat niemand Spaß. Glaubt es uns oder nicht, aber wir möchten, dass die Rolle des Tanks Spaß macht.

Antworten auf häufige Fragen:
I. Eine der Sachen die wir hätten ansprechen sollen ist, dass sich Rache auf Stufe 80 sehr viel anders anfühlt als auf Stufe 85, auch wenn es nur für ein paar Tage der Fall ist. Der Grund dahinter ist, dass die Schadensklassen gerade sehr hohe Werte für Dinge wie kritische Trefferwertung und Tempowertung haben, die sie mit dem Start des Levelprozesses nicht mehr haben werden. (Dies gilt besonders für Nahkämpfer, deren Wertung für Rüstungsdurchschlagskraft in andere Werte gewandelt wurde.) Selbst mit Stufe 85 – sogar auf den höchsten Ausrüstungsstufen – sollten diese Wertungen nicht mehr so hoch werden, wie sie es gerade sind. Wir haben die Wertungskonversion korrigiert, sowie Talente und andere Quellen für kritische Trefferwertung und Tempowertung entfernt, die dazu geführt haben, dass diese Werte so in die Höhe schossen. Unsere Kampfmechaniken sind einfach nicht darauf ausgelegt, dass Charaktere eine kritische Trefferchance von 60% und mehr haben. Während Talentverteilungen, die auf das Verursachen von Schaden ausgelegt sind, noch immer sehr viel höhere Wertungen für kritische Treffer und Tempo haben sollten als solche für Tanks, wird der Unterschied auf höheren Stufen nicht mehr so enorm sein. Dadurch sollte es sich noch weniger danach anfühlen, als wäre der Bedrohungsaufbau von Rache abhängig. Denkt daran, dass es bei Rache auf den Wert über die gesamte Zeitdauer ankommt. Die Mechanik sollte also nicht für Zeitperioden anfällig sein, in der der Tank keinen Schaden erhält, gerade nach den ersten Sekunden des Kampfes.

II. Um das Problem der Ausrüstungsskalierung für Tanks zu beheben, muss sich die Bedrohung der Tanks mit ihrer Ausrüstung verbessern. Man kann die Bedrohungskomponente nicht einfach in Verteidigungshaltung, Blutpräsenz, Zorn der Gerechtigkeit und Bärengestalt packen, weil diese Multiplikatoren lediglich mit dem Schaden des Tanks skalieren. Leider erhöht sich der Schaden von Tanks nicht so stark wie der anderer Charaktere, weil ihre Ausrüstung vollbeladen ist mit Dingen wie Ausweich- oder Parierwertung und kaum Tempo- oder kritische Trefferwertung aufweist. Wir haben andere Wege besprochen, dieses Problem anzugehen. Ein Ansatz war es Tankausrüstung komplett zu entfernen (was auf gewisse Art und Weise für Wilder Kampf-Druiden funktioniert) und von Kriegern, Paladinen und Todesrittern zu erwarten, Plattenrüstung mit Schadenswerten zu tragen. Im Endeffekt haben wir uns dazu entschieden, dass dies nicht die Alternative ist, die den meisten Spaß für Tanks verspricht und wir wissen, dass es Wilder Kampf-Druiden gibt, die sich über spezielle Lederrüstung für Bären freuen würden. Wir hätten auch einfach Tank- und Schadenswerte auf die Rüstung packen können, aber das würde dazu führen, dass diese Stücke übermächtig wären und Schadensklassen sie ebenfalls gerne haben würden. Noch eine andere Möglichkeit wäre es gewesen den Schaden von Tanks mit Überlebenswerten skalieren zu lassen. Dies schien aber ebenfalls unfair gegenüber den Schadensklassen, wenn der Tank vergleichbaren Schaden verursachen würde bei einer sehr viel besseren Überlebenschance. Warum sollte man dann überhaupt eine Schadensverteilung wählen? Im Endeffekt wollten wir nicht, dass Tanks immer mit einem Hammerschlag zulangen. Wir wollten, dass sie dies tun, wenn sie selbst auch hart getroffen werden. Eine Mechanik, die mit der Ausrüstung skaliert aber davon abhängt, eine Menge Schaden zu kassieren, schien uns die richtige Lösung zu sein. Und das ist, was Rache darstellt.

III. Wir sehen einige Bedenken von Spielern darüber, dass Rache auslaufen könnte. Rache verliert derzeit 10% seines Wertes jede Sekunde, wenn der Tank nicht angegriffen wird und 5%, wenn er angegriffen wird (auch wenn dem Schaden ausgewichen oder er absorbiert wird). Offensichtlich wird Rache nicht auslaufen, wenn man kontinuierlich Schaden nimmt. Wir haben uns für zehn Sekunden entschieden, weil wir denken, dass es sich dabei um eine angemessene Dauer handelt, ohne dass der Tank ein merkwürdiges Verhalten an den Tag legen müsste, das den Spielspaß nicht fördert. Wenn der Stärkungseffekt von Rache 30 oder 60 Sekunden andauern würde, könnte man in Versuchung kommen einen schwachen Gegner mit sich zu ziehen, der einen ab und an schlägt, um Rache aufrecht zu erhalten. Alternativ hätte man vielleicht eine Menge Tank-Talentverteilungen im Schlachtzug, die alle versuchen Rache oben zu halten, um mehr Schaden zu verursachen als mit einer normalen DPS-Talentverteilung. Das Ganze scheint vielleicht ein wenig weit hergeholt, aber das waren unsere Bedenken. Die Community kann sehr erfinderisch sein, wenn es um das clevere Ausnutzen der Spielmechanik geht. :)

Nun, da dies gesagt wurde, möchten wir anmerken, dass es sehr leicht ist die Dauer anzupassen, die Rache braucht um auszulaufen. Es sind angebrachte Bedenken, dass wenn man zu Beginn eines Kampfs vielen Schlägen ausweicht, Rache sich langsamer aufbaut. Man sollte Rache in den ersten Sekunden eines Kampfes aber auch nicht brauchen. Wir haben allen Tanks mächtige Angriffe gegeben um in kurzer Zeit eine Menge Bedrohung aufbauen zu können und sowohl Schurkenhandel als auch Irreführung sind auch weiterhin sehr gut darin, um anfängliche Bedrohung aufzubauen. Sie sollten über den gesamten Kampf hinweg nur nicht so viel Bedrohung erzeugen, dass es trivial wird, die Bedrohung auf dem Tank zu halten, wie es zu Wrath of the Lich King der Fall war. Magier werden auch nicht dazu genötigt, während der ersten globalen Abklingzeit in einem Bosskampf Zeitkrümmung und Pyroschlag nutzen zu müssen.