Special: Enslaved: Odyssey to the West (Action-Adventure)

von Benjamin Schmädig



Enslaved: Odyssey to the West (Action-Adventure) von Namco Bandai
Mehr als Spielemusik
Entwickler:
Publisher: Namco Bandai
Release:
08.10.2010
01.10.2013
08.10.2010
Erhältlich: Digital (Steam)
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Spielinfo Bilder Videos
Der Mann sammelt seit mehr als zehn Jahren Auszeichnungen - dabei dürfte sein Name vielen Spielern nicht einmal ein Begriff sein! Kein Wunder: Erstens tut sich Nitin Sawhney vorrangig als TV-Vertoner des britischen Fernsehens hervor und zweitens hat er weder vor noch nach Heavenly Sword von sich hören lassen. Über die Musik zu Enslaved tritt er aber zum zweiten Mal als Komponist eines Videospiels hervor. Wir haben ihm zugehört.

Die Musik als Kulisse

In Enslaved: Odyssey to the West geht es weniger um das große Drama, denn im Vordergrund stehen zwei, später drei Protagonisten - ihre Beziehung, ihre Stärken und ihre liebenswerten Schwächen. Enslaved ist ein leises Actionspiel, in dem zwischen den Zeilen mehr passiert als gesagt wird. Doch wie begleitet man eine solche Erzählung? Immerhin gibt es keinen markanten Gegenspieler und dramaturgische Höhepunkte
kommen ohne Pathos aus. Das bedeutet wenig Raum für erzählerische Klangmalerei...

Symbolträchtig beginnt der Soundtrack deshalb mit einer Dialogzeile. Solche Auszüge finden sich auf dem gesamten Album - so spärlich gesät, dass sie allerdings nie das Hörerlebnis unterbrechen. Und symbolträchtig deshalb, weil die Musik auch für sich genommen deutlich macht, wie sehr es dem Game Designer Tameem Antoniades um den Austausch zwischen seinen Figuren ging. Sein Komponist verzichtet nämlich auf markante Melodien. Vielmehr errichten seine Klänge die akustische Kulisse, in der Trip, Monkey und Pigsy dann zum Leben erwachen. Schon im ersten Titel, »The Right to Enslave«, entsteht eine befremdliche Atmosphäre, in der sich gleichermaßen verhaltene Zuversicht, Angst, Geborgenheit und Unsicherheit ausbreiten können. Es sind nur wenige Keyboard-Anschläge, aus denen beinahe eine Melodie entsteht - die aber immer wieder von verzerrten elektronischen Tönen unterbrochen wird. Überhaupt setzt Sawhney häufig auf Disharmonien. So überlässt er es Spiel und Spieler, die darüberliegenden Szenen zu deuten.

Pigsy's got the blues

Das heißt allerdings nicht, Enslaved käme ohne Melodien aus. Im Gegenteil: Die Bandbreite an mal orientalischen, mal fast esoterischen Themen ist sogar ungewöhnlich groß. Sie ist auch situationsbezogener als die Stücke, die Sawhney für Heavenly Sword schrieb. In actionreichen Momenten greift der Komponist auf viel Percussion zurück, der »Pigsy Blues« ist genau das und das Klavier im letzten Titel führt durch eine traurige Leere. Mal lässt er ein Orchester spielen, ein andermal reichen ihm Solisten und um die Stärken einer Sängerin weiß er ebenso wie um den Einsatz elektronischer Samples. Seine Musik ist auch deshalb über weite Strecken etwas Besonderes, weil Sawhney besonders dann glänzt, wenn er wenige Instrumente nur wenige Noten spielen lässt. In seinem stärksten Moment reicht ihm so ein wehmütiges Cello vor einem ruhigen Vorhang aus Violinen. Schön auch seine beschwingte Atempause »Catch the Dragonfly«, in der sich Cello und Harfe aufgeweckt den Ball zuspielen.

Spoilergefahr: Wer sich wichtige Ereignisse nicht vorwegnehmen will, sollte sich die Titelliste nicht durchlesen.


Im Umgang mit dem ganzen Orchester, in diesem Fall dem Prager Philharmonieorchester, zeigt der Komponist allerdings Schwächen. Denn wenn er in »Rhino Chase« oder »The Battle« laute Sequenzen vertont, gehen ihm leider die Ideen aus. Dann wirkt es, als greife er auf vorgefertigte Synthesizer-Percussion zurück, anstatt weiter an seiner einzigartigen Welt zu bauen. Das passt schon irgendwie, klingt oft auch gut - wirkt im Vergleich zu den Stimmungen seiner anderen Titel aber dünn und einfallslos. Wie intensiv könnte die gebrochene Melodieführung in »Slaveship« wirken, wenn sie von einem filigranen Orchester getragen würde, anstatt sich dem gleichförmigen Trommelwirbel zu fügen!

Sobald sich die Nebelschwaden um das erwähnte »The Battle« verzogen haben, erwacht Sawhney wieder. Da ist wieder seine faszinierend beunruhigende Klangmalerei, die sich wie ein farbenprächtiger Teppich unter das Spiel legt. Die unaufdringliche Musik ist die akustische Kulisse, in der sich Gefühle ausbreiten können. Sie erzählt nicht, ist aber ein Wegweiser in die Richtung, in die die Reise geht. Ohne den Zusammenhalt der ohnehin zurückhaltenden Erzählung im Spiel wirkt der Soundtrack vielleicht eine Idee zu kraftlos - das kann man Sawhney aber nicht vorwerfen. Vorwerfen kann man ihm die über allzu weite Strecken allzu gewöhnliche Untermalung von Actionszenen, denn das übermütige Trommelwerk tut der zarten Handschrift des Komponisten nicht gut. Trotzdem: Seine musikalischen Einflüsse sind wichtig für ein Medium, das neben orchestralem Pomp und elektronischem Hämmern bislang kaum einen Weg fand, auch musikalisch zu wachsen.

Einschätzung: gut
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Kommentare

Zungarius schrieb am
Super Tipp; hab den Soundtrack schon länger auf dem Rechner und bin/war auch sehr begeistert davon!
Aber: Rechtschreibfehler im dick gedruckten 'Fazit'
"Sobald sich die Nebelschwaden um das erwähnte »The Battle« verzogen haben, erwacht Swahney wieder. "
Wie ein paar mal im Artikel richtig geschrieben heißt der Künstler "Sawhney"
schrieb am

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