Verschmelzung von zwei Welten
"Unsere Vision ist klar: BMW möchte als Premium-Automobilhersteller mit starker Motorsport-DNA die führende Rolle im Bereich Sim-Racing einnehmen", kündigt Stefan Ponikva als Leiter Markenerlebnis BMW selbstbewusst an.
"Als moderne und innovative Marke betreten wir auch die virtuelle Rennsport-Welt als glaubwürdiger Keyplayer. Durch dieses Engagement möchten wir die jungen Zielgruppen wie die Generation Y und Z emotionalisieren und für die Marke begeistern." Tatsächlich untermauerte man schon mit der Enthüllung des neuen BMW M2 CS Racing, dass man es durchaus ernst meint: Zum ersten Mal in der Geschichte des Herstellers wurde das neue Sportwagenmodell nicht nur live auf der Sim-Veranstaltung zusammen mit dem Motorsport-Direktor Jens Marquardt auf der Bühne enthüllt, sondern umgehend für eine virtuelle Spritztour in der Rennsimulation rFactor 2 bereitgestellt.
Einblicke in den Simulator
Zuvor bekamen Medienvertreter im Rahmen einer Führung auch Einblicke in den Simulator, an dem die Werksfahrer wie Martin Tomczyk, Jesse Krohn oder Philipp Eng virtuell für ihre Renneinsätze trainieren, wobei sich Letzterer auch als großer Fan von iRacing geoutet hat. Interessanterweise hat man sich für die grafische Oberfläche zwar bei rFactor 2 bedient bzw. die Assets lizenziert, doch die Fahrphysik wurde von Grund auf intern bei BMW entwickelt. Für Rudolf Dittrich, Leiter Gesamtfahrzeug bei BMW Motorsport, liegt darin der Schlüssel zur Realisierung einer möglichst akkuraten Simulation, die zudem vom Feedback von Ingenieuren und professionellen Rennfahrern vor Ort profitiert. Ausprobieren konnten wir den Simulator zwar leider nicht selbst, aber Dittrich ging bei seiner Präsentation darauf ein, dass man virtuell so ziemlich alle erdenklichen Faktoren am Fahrzeug simulieren kann und mehreren Abteilungen den Zugriff über einen Datenpool gestattet. So profitieren z.B. auch Rennspiel-Entwickler von der Arbeit, die BMW in den Simulator gesteckt haben. Zwar behält man sensible Details weiter für sich, liefert den Spieleherstellern nach eigener Aussage aber genügend Anhaltspunkte, um das Fahrverhalten der BMW-Modelle in Videospielen und Simulationen möglichst authentisch abzubilden.
Der BMW M2 CS Racing wurde enthüllt - auf der Bühne und in rFactor 2.
Allerdings hat selbst der Hightech-Simulator seine Grenzen. Dittrich räumte auf Nachfrage z.B. ein, dass man zwar auch nasse Streckenbedingungen vorgeben könne, eine völlig akkurate Simulation von Niederschlag aber schlichtweg unmöglich umzusetzen sei. Auch die G-Kräfte stellen am Simulator eine Herausforderung dar: Mit einem Hydrauliksystem wird daher versucht, möglichst genau das nachzubilden, was der Fahrer im realen Rennwagen spürt. Hier wird man also nicht so durch die Gegend geschleudert wie bei den typischen Simulatoren auf Messen, die vor allem auf einen gewissen Sensationseffekt setzen. Stattdessen wirkten die Bewegungen am BMW-Simulator eher subtil, aber scheinen damit deutlich näher an der realen Erfahrung zu liegen.
Timo Glock: Kartfahren bleibt Sprungbrett in den realen Motorsport
BMW-Werksfahrer wie Timo Glock zeigten, dass sie auch auf virtuellen Pisten schnell unterwegs sind.
Im persönlichen Gespräch verrät uns der ehemalige Formel-1-Fahrer und jetzige DTM-Pilot Timo Glock, dass das Fahren am Simulator zwar durchaus wichtige Erkenntnisse liefert und sich schon nah an der Realität befindet, aber eher eine Ergänzung zu den üblichen Testfahrten darstellt. Darüber hinaus ist er der Meinung, dass Sim-Racing das Kartfahren als Sprungbrett in den realen Motorsport in Zukunft wohl nicht so leicht ablösen wird.
„Beim Kartfahren erarbeitet man sich einfach so viele Grundlagen und entwickelt ein feines Gespür dafür, wie sich Fahrzeuge verhalten. Das kann eine virtuelle Simulation in dieser Form nicht leisten, auch wenn sie immer realistischer werden und grafisch immer besser aussehen“, meint Glock.
Ein gutes Argument für den Simulator liefert noch Dittrich: Während Testfahrten auf realen Rennstrecken hinsichtlich Transport, Miete, Anreise von Werksfahrern oft mit einem riesigen organisatorischen sowie finanziellen Aufwand verbunden sind, landet man im Simulator einfach per Knopfdruck auf der Wunsch-Piste und ist dabei noch unabhängig von potenziellen Wetterkapriolen.