Ein großer Hype
In Europa musste man sich noch bis zum 24. November gedulden, um sich selbst einen Eindruck davon zu machen, ob die neue Konsole von Sony dem großen Hype im Vorfeld gerecht werden konnte. Der Hauptprozessor mit einer 64-Bit-Architektur, der von Sony vielversprechend als „Emotion Engine“ bezeichnet und in Zusammenarbeit mit Toshiba entwickelt wurde, lieferte eine Taktfrequenz von knapp 300 Megahertz und erreichte eine Leistung von etwa 6,2 Gigaflops. Ihm zur Seite stand eine GPU, die auf den Namen Graphics Synthesizer getauft wurde und mit einer Geschwindigkeit von 147 Megahertz arbeitete. War der Hauptspeicher mit seinen 32 Megabyte RAM für die damalige Zeit noch sehr gut bestückt, entpuppte sich der knapp bemessene Videospeicher von nur 4 Megabyte schnell als ärgerlicher Flaschenhals innerhalb des ansonsten potenten Systems. Zusätzlich hatte die PS2-Hardware auch mit Problemen bei der Kantenglättung zu kämpfen, wodurch bei zahlreichen Spielen die so genannten Flimmerkanten hervortraten. Dadurch wurde die Konsole dem gewaltigen Hype, der im Vorfeld betrieben wurde, zum Start höchstens im Ansatz gerecht. Die Hardware-Spezifikationen mit den wohlklingenden Namen und die vollmundigen Versprechungen trugen aber ohne Zweifel ihren Teil zum Untergang von Segas Dreamcast bei, das der PS2 in manchen Bereichen sogar überlegen war.
Die Offline-Konsole
Vor 20 Jahren erschien die PlayStation 2 in Japan! In Europa musste man sich noch bis zum 24. November 2000 gedulden.
So wie beim Thema Online: Während sie letzte Sega-Konsole bereits zum Start mit einem integrierten Modem und zumindest rudimentärer Onlinefunktionen, die später ausgebaut wurden. Die PlayStation 2 war dagegen zunächst zu einem reinen Offline-Dasein verdammt. Das änderte sich erst, als Microsoft auf der Xbox mit seinem Onlineservice Xbox Live vorpreschte und Sony mit seinem Netzwerk-Adapter nachzog. Vom PSN, wie man es heute kennt, war man auf der PS2 aber noch weit entfernt. Anstatt eine einheitliche Online-Plattform zu bieten, kochte jeder Publisher für die Netzwerk-Funktionen seiner Spiele ein eigenes Süppchen mit separaten Log-Ins samt individueller Passwörter und eigenen Servern. Verglichen mit dem durchdachten Konzept von Xbox Live wirkten Sonys erste Schritte in die Onlinewelten unbeholfen, unnötig kompliziert und alles andere als komfortabel. Zumindest lieferten Spiele wie der teambasierte Shooter SOCOM: U.S. Navy SEALs einen kleinen Vorgeschmack auf die Online-Zukunft, denn die Mehrspieler-Action war auch eines der ersten Konsolenspiele, in dem man via Voice-Chat mit seinen Mitstreitern kommunizieren durfte. Zudem erfreute man sich auf der PS2 einer exklusiven Unterstützung durch Electronic Arts: Online-Modi standen für Spiele des Publishers zunächst nur auf der Sony-Konsole zur Verfügung, weil man die eigenen Server nutzen wollte. Erst 2004 einigte man sich mit Microsoft und integrierte Online-Optionen für Xbox Live.
Mit Hilfe eines optionalen Netzwerkadapters mit Ethernet-Anschluss begann auf der PS2 das Online-Zeitalter.
Während die Xbox standardmäßig mit einer Festplatte ausgeliefert wurde, veröffentlichte Sony das zusätzliche Speichermedium erst deutlich später als optionales Zubehör – allerdings nur in Japan und den USA. Nach Europa hat es die Festplatte für die PS2 nie offiziell geschafft. Wie schon bei der ersten PlayStation blieb es hierzulande bei den altbekannten Speicherkarten, die zwar nur eine geringe Kapazität boten, aber trotzdem teuer verkauft wurden. Da man nur mit ihnen seine Spielstände sichern konnte, wurden sie dennoch zu einem unverzichtbaren Zubehör, wobei es auch günstigere Alternativen von Drittherstellern gab.
Voll analog
Beim Controller hielt Sony am Design des DualShocks von der ersten PlayStation fest. Auch wenn er auf den ersten Blick als Zwilling hätte durchgehen können, hatte er im Vergleich zum Vorgänger-Modell einige Vorteile zu bieten. Bei der PS2 setzt Sony komplett auf analoge Eingabemöglichkeiten: Neben den Bewegungen der Sticks gab es auch bei den vier Aktionsknöpfen, den Schultertasten und sogar dem Digitalkreuz eine analoge Abfrage! Kritik gab es dafür, dass sich nur maximal zwei Controller an das Gerät anschließen ließen, während Sega beim Dreamcast und Nintendo beim N64 ihre Konsolen schon von Haus aus mit Ports für bis zu vier Controller ausstatteten. Wollte man auf der PS2 mit mehr als zwei Nutzern zusammen spielen, benötigte man ein Multi-Tap, das den Anschluss von bis zu vier Controllern ermöglichte. Als Ausgleich bot die PS2 aber erstmals USB-Anschlüsse an einer Konsole. Sie wurden u.a. für den Anschluss von Spezial-Controllern wie Lenkrädern verwendet. Die Firewire-Buchse, mit der man via Linkkabel zwei Konsolen miteinander verbinden konnte, erschien dagegen ziemlich überflüssig und wurde bei der späteren Modell-Revision daher nicht ohne Grund wegrationalisiert.
Der DualShock 2 wirkte auf den ersten Blick wie ein Zwilling des ersten PlayStation-Controllers, bot aber viel mehr analoge Eingabemöglichkeiten.
Aufgrund der relativ komplizierten Systemarchitektur taten sich die Entwickler zunächst schwer, das Leistungspotenzial der Konsole auszunutzen. Entsprechend durchwachsen präsentierte sich hierzulande das Startaufgebot mit seinen 16 Spielen. Zwar gab es ein paar Fortsetzungen prominenter Serien, darunter Ridge Racer 5, Tekken Tag Tournament, FIFA 2001, aber zusammen mit Vertretern vom Schlag eines FantaVision oder sehr speziellen Produktionen wie Dynasty Warriors 2 vermisste man DIE Killer-App, für die man sich die Konsole zum stolzen Preis von 869 DM anschaffen sollte, die deshalb auch gerne als „Luxusspielzeug“ bezeichnet wurde.