Der amerikanische Traum
Als Geschäftsführer und Inhaber eines profitablen Unternehmens lässt es sich leben. Man lässt seine Angestellten für sich arbeiten, schreibt seine Memoiren, lebt fortan von den Tantiemen und macht es sich zuhause gemütlich. Doch als eines Tages der CEO von Feeble Multinational erfährt, dass seine Firma kurz vor dem Kollaps steht, da man quasi in den 80er Jahren steckengeblieben ist (als er sich zurückgezogen hat) und damit alle modernen gesellschaftlichen Errungenschaften wie z.B. Social Media usw. verschlafen hat, rafft er sich nochmal auf. Er muss seine Firma retten. Koste es, was es wolle. Egal, welche Regeln man brechen oder neu schreiben muss.
Auf dem Papier könnte dies die Basis für eine trockene Wirtschafts- bzw. Aufbaustrategie à la Transport Tycoon, Pizza Connection & Co sein. Doch Vblank Entertainment nutzt dieses Szenario als Basis für eine mechanisch gleichermaßen konsequente wie stringente Fortsetzung von Retro City Rampage. Wir erinnern uns: Die Action in offener 8-Bit-Pixel-Welt orientierte sich mit ihrer 2D-Vogelperspektive am Ur-Grand-Theft-Auto und reicherte dies mit kurzweiligen Missionen, teils absurden Minispielen sowie einer witzigen Zeitreise-Geschichte an, die sich vor allem die Pop-Kultur als Ziel ihrer Gags ausgesucht hatte.
Wirtschafts-Witz
In Shakedown Hawaii ergibt sich der Wortwitz der weiterhin nur als Text dargestellten Dialoge in erster Linie aus dem anachronistischen Denken des in die Jahre gekommenen Geschäftsführers, den man hauptsächlich steuert. Er schwört auf VHS, hält Streaming für eine kurzlebige Modeerscheinung und weiß mit Energy Drinks ebenso wenig anzufangen wie mit Bestellungen im Internet, Kaffeehäusern, in denen die Gäste bereit sind, überteuerte Preise für Milchmixgetränke zu zahlen
Die Action orientiert sich an den klassischen GTA-Spielen und transportiert sie visuell in die SNES- bzw. Mega-Drive-Ära.
oder diesen komischen Videospielen, mit denen sich sein schon längst erwachsener Sohn die Zeit vertreibt – den man übrigens auch hier und da steuert. Es gibt auch noch eine dritte spielbare Figur. Doch der „Problemlöser“ wird meist nur eingesetzt, wenn man irgendwelchen Kartellen ihre Rohstoffe oder Informationen abnehmen muss – natürlich, nachdem man die Pixelfiguren durchsiebt hat.
Insofern man nicht die letzten zehn Jahre unter irgendeinem Stein sein Dasein fristete, wird man in den teils clever geschriebenen Texten aber nicht nur erneut haufenweise Anspielungen auf Begleiterscheinungen des modernen Lebens finden. Jedes Mal, wenn man mit einer neuen Geschäftsidee konfrontiert wird, werden subtile Spitzen auf das amerikanische Wirtschaftsdenken sowie –Kriminalität verteilt. Diese zünden zwar nicht immer, sorgen aber dennoch für eine sehr lockere Grundstimmung, während man versucht, die recht große Stadt mit all ihren Profitmöglichkeiten unter seine Fittiche zu bringen. Es tut Shakedown gut, dass man sich erzählerisch nicht ernst nimmt und sich auch für den einen oder anderen platten Gag nicht zu schade ist.