Kommt mir bekannt vor
Oh weh! Zu Beginn der Live-Präsentation von Rise of the Tomb Raider schienen sich meine Befürchtungen zu bestätigen: Kurz nach der Trennung von ihrem Partner stapft Lara durch den tiefen und visuell beeindruckenden Schnee. Und wie es der Zufall will, findet die zitternde junge Dame ein verlassenes Lager, das nur darauf wartet, ihr Schutz vor der Kälte zu bieten. Welch ein Glück, dass sie praktisch die gleiche Situation schon im Vorgänger nahezu exakt so erlebt hat – mit dem Unterschied, dass es dort noch regnete statt schneite und sie das Feuerholz nicht noch manuell aufsammeln musste. Praktischerweise liegt zudem ein tiefgefrorener Kühlschrank-Kadaver um die Ecke, der den ersten Hunger stillen sollte.
Der Bär zählt zu den gefährlichsten Exemplaren innerhalb der Fauna.
Wie es der Zufall will, nähern sich die Suchtrupps der rücksichtslosen Organisation Trinity bereits am nächsten Morgen Laras Unterschlupf. Echt jetzt? Muss die Abenteurerin etwa schon wieder zur Waffe greifen und zahlreichen Menschen eine Schrot- und Bleikur verpassen? Werden Erkundung und Gräber jetzt noch stärker für belanglose Baller-Action geopfert?
Ressourcensuche und Crafting
Zum Glück nicht! Obwohl in der anschließenden Sequenz nicht nur Laras neue Kletterfähigkeiten beim Besteigen von Bäumen sowie die verheerende Wirkung von Giftpfeilen bei den menschlichen Gegnern demonstriert wurde, besinnte man sich in der zweiten Hälfte der Präsentation wieder stärker auf die alten Tugenden der Reihe, denen Entwickler Crystal Dynamics einen größeren Platz in Laras neuem Abenteuer einräumen will. Da wäre z.B. die Wildnis. Oder besser gesagt die Gefahren der Wildnis, welche die erste Begegnung mit einem Bären nicht besser unterstreichen könnte, die für Lara fast tödlich endet.
Die Gräber sollen nicht nur zahlreicher, sondern auch größer ausfallen und abwechslungsreiche Rätsel und Geschicklichkeitseinlagen bieten.
In diesem Zusammenhang gewähren die Entwickler auch erste Einblicke in das neue Herstellungssystem: So muss man in geskripteten Situationen wie nach der fatalen Bärenbekanntschaft erst aus den gesammelten Ressourcen die benötigte Medizin zusammenstellen, um sich von den schweren Verletzungen zu erholen. Auch für den Vorrat an Spezialmunition wie den bereits erwähnten Giftpfeilen muss man bestimmte Pilzsorten sammeln. Das Upgrade-System des Vorgängers, mit dem man u.a. Fähigkeiten und seine Waffen stückweise ausbauen und verbessern darf, wird ebenfalls wieder mit von der Partie sein. Das gilt im Umkehrschluss auch für die nervigen XP-Einblendungen, die sich optional hoffentlich abschalten lassen werden.
Die Rückkehr
Was die meisten Spieler dagegen freuen wird: Endlich kehrt Lara wieder vermehrt dorthin zurück, wo sie hingehört – in die verborgenen Gräber, in denen sie ihren Erkundungsdrang voll ausleben und zahlreiche, oft physikbasierte Rätsel lösen sowie fiese Fallen entschärfen kann. Dabei werden die Gräber nicht länger nur als optionale Herausforderungen angeboten, sondern einige von ihnen müssen auch im Rahmen der Hauptgeschichte gemeistert werden.
Menschen wie diese stellen zum Glück keine Gefahr mehr dar.
Beim Erforschen der Gräber wird zudem wieder verstärkt auf eine cineastische Inszenierung gesetzt, wenn die Kamera in dieser bedrohlichen Enge ganz nah an Lara herangeht, während sie sich mit der Fackel in der Hand langsam an den Knochenbergen und Skeletten vorbei quält, aus deren Öffnungen eklige Insekten-Viehcher krabbeln. Hier wird die Klaustrophobie regelrecht spürbar! Überhaupt hinterlassen Inszenierung und Technik einen hervorragenden Eindruck, auch wenn Crystal Dynamics vor allem hinsichtlich Animationen und deren Übergängen noch nicht ganz das Niveau von Naughty Dog und Uncharted 4 erreicht. Doch was die Kulisse angeht, werden auf der Xbox One schwere Technik-Geschütze aufgefahren, wie die ersten bewegten Spielszenen aus Sibirien und Syrien eindrucksvoll belegen.