Die anderen Avengers
Wo fange ich am besten an? Ich muss euch wahrscheinlich nicht erzählen, dass die hier vorgestellten Avengers an die Kinofilme der vergangenen Jahre erinnern und ihren Vorbildern deshalb sowohl äußerlich gleichen als auch deren Sprache und Manierismen nachahmen. Im Grunde erleben sie aber ihre ganz eigene Geschichte, weshalb das Spiel heute und in Zukunft frei von den Leinwand-Abenteuern abweicht. „In Zukunft“, weil dieses Avengers zwar eine stringente Kampagne enthält, vor allem aber darauf ausgelegt ist, immer wieder und wieder gespielt zu werden.
Falls ihr jetzt an
Destiny oder
Warframe denkt, dann liegt ihr damit goldrichtig. Es dauert nämlich eine ganze Weile, bis man nicht nur sämtliche Fähigkeiten aller spielbaren Superhelden – sechs sind zum Start enthalten, neue kommen später hinzu – freigeschaltet hat, sondern ihnen auch eine Ausrüstung verpasst hat, mit der sie selbst schwierigste Missionen erledigen. Das alles braucht man nicht, wenn man damit zufrieden ist sich etwa 15 Stunden lang mit Tony Stark & Co. durch die Kampagne zu prügeln. Wer sich allerdings darüber hinaus damit auseinandersetzen will, kann schon mal dreistellige Stundenzahlen freischaufeln.
Fangirl wird Superheldin
Zum sogenannten Endgame (sollte irgendjemand bei Disney diese Anspielung damals schon geplant haben, dann ziehe ich an dieser Stelle übrigens meinen Hut) aber später mehr. Zunächst einmal die Geschichte, deren Ausgang leider fast komplett vorhersehbar ist, denn es ist ja von Beginn an klar, welche Heldinnen und Helden spielbar sind, sodass nicht einmal die Rückkehr des lange für tot gehaltenen Captain America eine Überraschung darstellt. Dabei ist es hauptsächlich Kamala Khan alias Ms. Marvel, die die alte Truppe wieder zusammentrommelt, nachdem sie vor fünf Jahren aufgelöst wurde.
Auf der Chimera trommelt Kamala Khan die Avengers wieder zusammen.
Und Kamala ist eine richtig sympathische Dame. Als eine von vielen so genannten Inhumans hatte sie plötzlich übernatürliche Kräfte entwickelt, mit denen sie jetzt erst einmal klarkommen muss – damit und mit den gesellschaftlichen Konsequenzen ihres neuen Andersseins. Es ist wohl auch kein Zufall, dass sie als Heldin mit pakistanischen Wurzeln diese Rolle quasi buchstäblich und symbolisch übernimmt, was sie mit einem angenehm unaufgeregten Optimismus tut. Sie lässt nur leider zu oft heraushängen, wie sehr sie großer Fan der Avengers ist. Bestes Beispiel ist eine vor Pathos triefende Rede, um die angekratzten Egos der Superkämpfer zur Zusammenarbeit zu bewegen – die Regie bevorzugt leider Zaunpfähle, anstatt erzählerisches Fingerspitzengefühl zu beweisen.
Per Seil und Düsenanzug
Wofür das Ganze? Weil Böse natürlich Böses planen, weshalb Kamala und ihre neuen Freunde deren Armada blecherner KI-Kameraden vermöbeln. Mal tut man das als Ms. Marvel selbst, mal als Hulk, mal in der Rolle von Black Widow, Iron Man oder Captain America und mal als Thor. So lernt man die Besonderheiten aller Charaktere kennen, denn die spielen sich alle unterschiedlich. Erstaunlicherweise gleicht sich die Steuerung der Figuren dabei sehr, weshalb ich mich nie lange umgewöhnen musste. Und trotzdem fühlen sich die Helden verschieden an. Black Widow zieht sich etwa per Greifhaken an Vorsprünge und Gegner heran, während Hulk an Wänden entlang läuft, Captain America einen Doppelsprung ausführt und Iron Man sowie Thor sich jederzeit in die Luft erheben – dieser nahtlose Übergang ist klasse! Zumal alle Charaktere in jeder Position auch schießen können; mal mit Lasern, mal mit zwei Pistolen, mal mit Steinen, die der große Grüne aus dem Boden reißt.