Übers Wasser gehen war gestern…
Ich wusste es schon immer: Hamburg ist nicht nur die schönste, sondern auch die fortschrittlichste Stadt Deutschlands. Wir haben nicht nur den Hafen und viel Grün, sondern sind dem Rest der Republik auch technisch weit voraus. Neben Peterwagen gibt es in der Hansestadt neuerdings auch Jesuswagen, die einfach übers Wasser fahren – zumindest in der Welt von Emergency 5. Findet ein Feuerwehrfahrzeug keinen Weg über den Kanal, startet es zunächst ein paar wilde Wendemanöver, um schließlich direkt über die Wasseroberfläche zu brettern. Äußerst praktisch und sogar deutlich schneller als klassische Amphibienfahrzeuge! Auch im Münchner Rettungsalltag gibt es wundersame Dinge zu beobachten, die aber eher in den Bereich des Übernatürlichen fallen: Nachdem eine alte Fliegerbombe aus einer Baugrube in das gegenüberliegende Haus katapultiert wurde, wird das Gebäude plötzlich unsichtbar.
Großeinsätze werden von kleinen Renderfilmchen eingeleitet: Die zahlreichen Explosionen erinnern ein wenig an Cobra 11.
Lediglich ein paar lodernde Flammen und Rauchsäulen quellen noch aus dem verschwundenen Haus - David Copperfield wäre neidisch! Auch THW-Helfer besitzen magische Kräfte: Ein Ingenieur in blauer Uniform z.B. repariert einen Sicherungskasten durch Fernwartung. Wie? Bloßes Handauflegen an der Mauer genügt! Die Feuerwehrmänner im Freistaat wirken deutlich weniger motiviert: Manchmal bleiben sie einfach gebückt in der Gegend stehen. Nachwirkungen vom Zechgelage auf dem im Spiel enthaltenen Oktoberfest?
Technische Baustelle
Lange Rede, kurzer Sinn: Was Deep Silver hier als Strategietitel veröffentlicht hat, ähnelt eher einer frühen Alpha-Version, in der ich die Missionen häufig wegen diverser Bugs beenden musste. Rund fünfmal ist mir das Spiel sogar komplett abgestürzt. Außerdem musste ich die Grafikqualität stark herunterschrauben, damit sich das Geschehen nicht in eine Ruckelorgie verwandelte: Mit der noch halbwegs aktuellen GeForce GTX 770 musste ich auf die detailarme mittlere Stufe wechseln, damit das Geschehen wenigstens meistens flüssig abläuft.
Nicht gerade realistisch animiert: Fahrzeuge drehen sich in engen Kurven auf der Mittelachse.
Schade, denn unter all den Fehlern verbirgt eigentlich das spielerisch passable Grundgerüst der klassischen Rettungsserie. Anders als in den letzten Teilen dreht sich die Handlung nicht um Katastrophen im Ausland; stattdessen kehrt Entwickler Sixteen Tons zu den Wurzeln der Serie zurück. Der Story-Modus versetzt mich in deutsche Metropolen wie Berlin, Hamburg und München, in denen ich aus der Vogelperspektive Einsätze koordiniere.
Nur halbwegs authentisch
Die Entwickler legen allerdings nur bedingt Wert auf Authentizität. Das Konzept einer zentralen Basis für Polizei, Feuerwehr, THW und Rettungswägen wirkt natürlich nicht besonders realistisch – vor allem, weil das große Gebäude z.B. direkt im touristischen Zentrum am Hamburger Hafen steht. Sehenswürdigkeiten wie die Elbphilharmonie und einige wichtige Verkehrsadern sind schön nachgebildet, beim Rest der Stadt haben sich die Entwickler aber viele Freiheiten gelassen: In der Hansestadt führt etwa der Hafen direkt aufs offene Meer zu einer Bohrinsel.
Damit die Feuerwehrfahrzeuge wenigstens halbwegs ruckelfrei übers Wasser fahren, haben wir die Grafikeinstellungen auf die mittlere Stufe heruntergeschraubt.
Der Story-Modus wechselt immer wieder zwischen Großeinsätzen und dem Alltag mit diversen kleineren Bränden und Unfällen. Manchmal muss ich lediglich einen Verletzten verarzten, der einen gewischt bekommen hat oder von einer Leiter gefallen ist. Dazu klicke ich aufs Fahrzeugmenü und schicke jeweils einen Notarztwagen und einen Krankenwagen an die Unfallstelle. Strategiespiel-Erfahrung ist bei der einfach konzipierten Steuerung nicht nötig, viele Arbeitsschritte müssen allerdings von Hand erledigt werden: Per Mausklick lasse ich den Notarzt aussteigen und schicke ihn zum Opfer, dessen Gesundheitsleiste sich langsam füllt. Danach wiederhole ich die Schritte mit den Rettungssanitätern, die seltsamerweise nur Verletzte abtransportieren, selbst aber nicht helfen können.