Special: Seaman (Simulation)

von Jan Wöbbeking



Seaman (Simulation) von ASCII
Widerworte aus dem Aquarium
Entwickler:
Publisher: ASCII
Release:
kein Termin
kein Termin
kein Termin
kein Termin
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ab 300,00€
Spielinfo Bilder Videos

Kurz vor der Jahrtausendwende konfrontierte Sega die Spieler mit einem bizarren Wesen. Das virtuelle Haustier Seaman besaß den Körper eines Fisches, aber den Kopf eines Menschen – und der unterhielt sich mit dem Spieler über erstaunlich private Themen, was für viele Lacher und eine ganz eigentümliche Beziehung zum Schützling sorgte.



Fischmensch mit eigenem Kopf

Das Spiel war der bizarre Höhepunkt von Segas experimentierfreudiger Phase. Auf seiner letzten Konsole Dreamcast ließ das japanische Unternehmen seine Entwickler ziemlich frei herumspinnen. Yu Suzuki erschuf den ersten großen Open-World-Titel Shenmue und Tetsuya Mizuguchi experimentierte Jahre lang mit Formen und Farben herum, bis schließlich der psychedelische Shooter Rez entstand. Yoot Saito vom Entwickler Vivarium schließlich setzte sein eigenes Gesicht auf einen Fischkörper und entwickelte Seaman. Virtuelle Haustiere waren nach dem Boom der kleinen Tamagotchi-Handhelds nichts Ungewöhnliches, doch sein Wesen verlieh dem Genre erstaunlich menschliche Züge.

Wie im N64-Titel „Hey you, Pikachu“ stöpselte man ein Mikrophon auf den Controller und sprach zu seinem Schützling. Das Ausbrüten der Eier mittels Heizung gestaltete sich reichlich öde, doch sobald die Kreuzung aus Fisch und Mensch im Aquarium herumschwamm, wurde es interessant. Klassische Spielziele gab es kaum: Seaman sollte lediglich gedeihen, weitere Artgenossen neben sich im Aquarium haben und sich nach mehreren Lebenszyklen schließlich in die finale Froschform entwickeln. Wie bei einem Tamagochi musste man ihn regelmäßig füttern und ihm Gesellschaft leisten, damit er nicht einging. Kontrolliert wurde das durch die eingebaute Systemuhr.

Knarzige Anspielungen

Segas diskutierender Fischmensch in einer frühen...
Segas diskutierender Fischmensch in einer frühen...
Mit einem Finger konnte man die Aufmerksamkeit auf sich ziehen oder das Wesen kitzeln. Durch regelmäßigen Smalltalk baute es eine Beziehung zum Besitzer auf, schwamm grinsend und tanzend durchs Becken oder wurde auch mal schnippisch und bockig. Viele Themen griff Seaman, später wieder auf: „Hast du eigentlich eine Freundin? Lebst du mit ihr zusammen?“ Wenn die Antwort ja lautete und die zickige Spracherkennung das Ergebnis korrekt erkannte, erkundigte Seaman sich z.B. ein paar Tage später nach ihrem Befinden.

Alberne Anspielungen gab es reichlich: „Magst du dich selbst? Ich wette, du magst dich selbst zwei mal pro Tag!“ oder „Hast du auch neben deiner Beziehung Spaß mit anderen?“ Vor der Frage vergewissert sich Seaman sogar mehrmals, dass außer seinem „Herrchen“ niemand im Raum ist. Hatte man ihm ein solches Geheimnis anvertraut, erwies er sich plötzlich als weniger diskret: „Tatsächlich? Ich kann es kaum erwarten es allen anderen weiterzusagen!“ Doch auch ernster gemeinte Lebensweisheiten gab er von sich – z.B. wie sich die eigenen Wesenszüge oder astrologische Charaktereigenschaften sich angeblich auf die der Freundin auswirken. Manchmal schickte er sogar einen flapsigen Spruch hinterher und forderte z.B. sein Beratungshonorar als Astrologe ein.

Lass mich in Ruhe!

...und späten Form.
...und späten Form. Der Erzähler wurde übrigens von Spocks Sprecher Leonard Nimoy vertont.
Bei entsprechend schlechter Laune schwamm er manchmal einfach zickig davon oder gab zu verstehen, dass er gerade keine Lust auf Gesellschaft hatte. Dramatisch wurde es bei der bizarr inszenierten Paarung: Wenn auch ein weibliches Wesen im Aquarium herangewachsen war, hielten sich beide irgendwann aneinander fest und steckten ihre pulsierenden Rüssel zusammen. Noch seltsamer wirkte der Umstand, dass das männliche Exemplar nach der Paarung sofort starb und tot an die Oberfläche trieb – ähnlich wie bei manchen realen Insekten.

Der aus der Stirn ragende Rüssel galt übrigens auch als Ausscheidungsorgan, mit dem das Wesen dem Spieler immer wieder braune Kotklumpen entgegenschleuderte. Auch Seamans Hang, an dem seltsamen Organ zu schnüffeln, wirkte nicht gerade appetitlich. Doch es war nicht nur der derbe Humor, der dem exotischen Dreamcast-Spiel zu seinem Ruf als Geheimtipp verhalf. Zu einem großen Teil lag es auch an der bereits erstaunlich flexiblen KI, die sich persönliche Details merkte, um sie später erneut zu thematisieren und so eine Beziehung zum Menschen hinter der Glasscheibe aufzubauen. Später wurde das Spiel auch für die PlayStation 2 umgesetzt. Im Jahr 2007 bekam es außerdem einen Nachfolger, der allerdings nur in Japan für die PS2 erschien.
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Kommentare

crewmate schrieb am
Die Typen sind einfach nicht normal. Nicht real. WTF.
Devolver ist die Art von Publisher, die ich mir höchstens in Tagträumen vorstelle.
Die legen Hand an das Unfassbare an.
Bester Publisher 2015. Schon jetzt. Genau wie 2014 und 2013.
straw d berry schrieb am
und steckten ihre pulsierenden Rüssel zusammen. Noch seltsamer wirkte der Umstand, dass das männliche Exemplar nach der Paarung sofort starb und tot an die Oberfläche trieb
DAS fand ich echt verstörend..
Lord Fana hat geschrieben:der DC bleibt eh die beste und abgefahrenste Konsole ever! fick Nintendo, Sega war macht! :D aber leider :(
dumm nur, dass die generation, in der die dreamcast erschien, die ps2 die konsole war, die sich am meisten verkauft hat.
nintendos "fick" konsole, der gamecube, verkaufte sich im vergleich sogar relativ schlecht.
Lord Fana schrieb am
der DC bleibt eh die beste und abgefahrenste Konsole ever! fick Nintendo, Sega war macht! :D aber leider :(
nawarI schrieb am
wegen der erwähnten PS2-Umsetzung hab ich mal schnell Seaman bei Amazon eingegeben und ua eine Penispumpe in den Suchergebnissen gehabt. VERDAMMT, ich sitze hier auf der Arbeit!! :twisted:
Das Spiel sieht reichlich bizzar aus. Hab hier und da schon öfter davon gehört, doch bin ich froh es damals nihct gespielt zu haben. Hätte ich das damals zum Release gespielt, hätte ich sicherlich Alpträume davon bekommen.
schrieb am