Special: Symphonic Legends (Events)

von Benjamin Schmädig



Events
Publisher: Merregnon Studios
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Apropos: Gerade weil die dezente Lichtshow die Stimmungen der unterschiedlichen Themen sehr geschmackvoll wiedergab, sollte man die gleißenden Scheinwerfer nicht direkt aufs Publikum richten. Ein wenig Kritik muss auch »Race Suite«, die Umsetzung von Musik aus F-Zero, einstecken, denn obwohl Percussion-Meister Rony Barrak mit einem rasanten Solo einsteigt, nehmen weder er noch das einsetzende Orchester jemals richtig Fahrt auf. In Sachen Melodie und Orchestrierung markiert der Titel zur Mitte der ersten Hälfte damit die schwächsten Minuten des Konzerts. Gut, dass Barrak später noch einmal zeigt, wie wichtig seine Fingerfertigkeit für Symphonic Legends ist...

Spaziergang mit Klavier und Violine

Überhaupt liegt es nicht nur an der erwähnten Lautstärke, dass dieses Konzert einen ganz anderen Eindruck hinterlässt als Symphonic Fantasies im vergangenen Jahr. Die Themen der Square Enix-Spiele sind nämlich nicht nur leiser, sondern meist auch einprägsamer und an stärkere nostalgische Gefühle gebunden als Nintendo-Musik. Natürlich legt das Orchester »Super Mario Land« so spielfreudig auf, als hätte es die Melodie nie in anderer Form gegeben! Doch wer verbindet damit so prägnante Momente wie den Tod eines geliebten Charakters?
Einmal mehr trat der Darbouka-Künstler Rony Barrak als Solist auf.
»Kurze, etwa fünf Minuten lange Stücke statt viertelstündiger Medleys« lautete diesmal zudem die Devise - auch das sorgt dafür, dass viele Nuancen schnell vorüberziehen, anstatt gleich beim ersten Hören hängenzubleiben. Symphonic Fantasies profitierte von der Kraft vertrauter Bilder - Symphonic Legends mag sich demjenigen erst später offenbaren, der auf das Beschwören ähnlich offensichtlicher Emotionen gewartet hatte.

Es ist keine Kritik an der Aufführung; die wäre fehl am Platz. Denn unter der Führung des Produzenten Thomas Böcker unterstreichen die Komponisten, das WDR Rundfunkorchester, die beiden Solisten sowie der hervorragende Chor einmal mehr, dass Soundtrack-Fans in Köln mit Weltklasse verwöhnt werden. Nur selten erreichen selbst aktuelle fürs Orchester geschriebene Spielemusiken dieses Niveau! Ein Indiz dafür ist auch »Aquatic Ambience« mit Musik aus Donkey Kong Country, in dem Pianist Benyamin Nuss und der erste Geiger Juraj Cizmarovic die Zuhörer auf einen Spaziergang durch eine märchenhafte Welt einladen - traumhaft!

Valtonens Meisterstück

Den endgültigen Beweis liefert aber erst Jonne Valtonen mit einer mehr als halbstündigen Interpretation der Abenteuer eines gewissen grün betuchten Helden: »Symphonic Poem«, zu Deutsch »Tondichtung«, heißt der Titel, in den Valtonen nicht nur zahlreiche Themen aus der Zelda-Reihe einfließen lässt. Vielmehr arbeitet er mit den Melodien, verändert sie, verbindet sie mit neuen Ideen - und lässt so seine ganz eigene Geschichte um Link entstehen. Schon in den ersten Minuten, wenn das schnelle Flüstern des Lettischen Staatschors eine unheimliche verschwörerische Atmosphäre aufbaut, deutet sich etwas Großes an. Und spätestens dann, wenn die Sopranisten wie Stimmen aus einer anderen Dimension rufen, setzt sich Valtonen ohne Übertreibung selbst ein Denkmal. Erst danach lässt er Orchester, Chor sowie sämtliche zur Verfügung stehende Percussion einschließlich Rony Barrak in einem mitreißenden Finale explodieren - eine atemberaubende Vorstellung! In seiner Zugabe arrangiert Roger Wanamo dann noch einmal zahlreiche Nintendo-Themen für einen stimmungsvollen Ausklang und setzt damit den Schlusspunkt unter einen einzigartigen Höhepunkt.

Wie viel Kunst - oder vielmehr: wie viel künstlerische Freiheit - verträgt also ein Nintendo-Konzert? Müssen die Arrangeure die Gewohnheiten der Fans befriedigen, wenn sie mit den Themen, die vor allem von Koji Kondo stammen, arbeiten? Wer eine orchestrale Version seiner Erinnerungen erwartet, den kann man anders kaum zufriedenstellen. Damit muss man sich aber nicht zufrieden geben. Denn wer sich darauf einlässt, wie gekonnt die meist jungen Komponisten das Material nicht nur für eine andere Plattform umsetzen, sondern wie meisterhaft sie Oldtimern wie Donkey Kong oder Super Mario frische Aspekte abgewinnen... wer offen für diese Musik ist und nicht das musikalische Äquivalent eines Modern Warfare sucht, der möchte Symphonic Legends genau so erleben wie es in diesem Jahr aufgeführt wurde. Nicht alle Arrangements brillierten, nicht immer war die Moderation angemessen. Fast immer aber legten Orchester, Chor und Solisten zu einer bewegenden Zeitreise auf und spielten mit Metroid und Zelda gar einzigartige Kabinettstücke. Zurück bleibt somit ein bezaubernder Abend, für den man sowohl als Videospieler als auch als Musikliebhaber dankbar sein darf.           

Kommentare

Kumbao schrieb am
Mir hat der Artikel sehr gut gefallen. Ich war enttäuscht das ich das Konzert nicht besuchen konnte, doch nach Lektüre des Artikels wird das etwas relativiert.
Einen winzig kleinen Kritikpunkt hätte ich trotzdem. Und zwar an dem Zitat: "Zum dritten Mal war die Kölner Philharmonie Schauplatz einer Veranstaltung, von deren Art es weltweit nur wenige gibt:"
In Japan sind diese Konzerte durchaus nichts ungewöhnliches. Selbst Schulbands spielen Stücke bekannter Videospiele. Aber das ist jetzt natürlich nur ein kaum sichtbares Härchen in der Suppe.
ArthurDentist schrieb am
aufgesetztes Nintendo-Bashing auf 4P?
passt! 8)
wenigstens ist mal nicht Sony dran.
Abwechslung muss sein. :Daumenrechts:
Ist raus hier schrieb am
WDR? Das ist öffentlich-rechtlich und von Gebühren finanziert. Wo kann man sich das Video dazu kostenlos angucken?
johndoe790745 schrieb am
das ideal der welt zu zeigen, was alles in so einem videospiel steckt
und dass die musik nicht nur den film, sondern auch das spiel belebt, echt lobenswert.
aber das endergebnis ist dann leider oft alles andere als prickelnd.
also...für mich ist das so.
wer eine note verändert verändert das ganze stück.
die kleinste note kann von eine traurige stimmung ins glückliche kehren.
aber remixe sind ja auch erlaubt.
dann solln ses eben machen wenn sie sich wohl dabei fühln.
ausserdem....
die meissten stücke aus z.b. japanischen rpgs, halten sich zwischen 1 - 2 minuten. deshalb laufen die auf jeder cd dann auch zweimal hintereinander.
ich persönlich hab nix dagegen.
aber wenn man so ein konzert spielt wärs vlt. komisch wenn man alles doppelt hört.
aber wenn ich immer lese soo...benjamin nuss spielt uematsu, und das ergebnis ist mehr benjamin nuss als uematsu, dann ist das schon iwie beleidigend uematsu gegenüber.
kein plan wie ich dem gegenüberstehn soll...
aufer einen siete kanns gut sein...aber man sollte es net übertreiben.
der kern sollte einfach das original sein!
Resistanc3 schrieb am
Also die beste Spiele-Klassiker Remake Musik die ich bisher gehoert habe ist sicher von mind.in.a.box auf ihrem R.E.T.R.O Album.
...gut, dass ist auch eine ganz andere Art der Neuinterpretation aber ich finde den Nintendo kram jetzt nicht so sonderlich gelungen - da kann man sicher auch mehr draus machen.
schrieb am