Höhere Anforderungen
Die 32 besten und schnellsten deutschen Fahrer der GT Academy 2012 trafen am Nürburgring aufeinander.
In der Vergangenheit war die Qualifizierung relativ simpel: Auf einem vorgegebenen Kurs galt es, im bereitgestellten Nissan-Boliden mit dem vorgefertigten Setup die schnellste Rundenzeit in den Asphalt zu brennen. In diesem Jahr wurden die Bedingungen allerdings erstmals verschärft, denn statt nur einer Piste musste man im Zeitraum zwischen dem 1. Mai und 25. Juni diverse Herausforderungen im Stil der Fahrschule bestehen. In keinem Land Europas ist die Begeisterung für Sonys Wettbewerb so groß wie in Deutschland – entsprechend hoch ist die Anzahl an potenziellen Konkurrenten, die hier aufs virtuelle Gaspedal treten.
Und aus diesem Grund wurden die Regeln in diesem Jahr leicht angepasst: Wurde bisher nur einem einzigen Gran Turismo-Spieler aus ganz Europa die Ehre zuteil, nach der dreimonatigen Rennfahrerausbildung beim 24h-Rennen von Dubai an den Start zu gehen, bekommen in dieser Saison zwei Finalisten die Chance – und einer von ihnen wird definitiv aus Deutschland kommen.
Volle Konzentration!
Entsprechend sind die 32 Teilnehmer mit einer Extraportion Motivation in die Eifel gereist, wo man sich wie schon vor zwei Jahren im atmosphärischen Ambiente des Ringwerks zum Rasen an den GT-Stationen einfand. Die erste Hürde: Man musste die Top 18 erreichen, um sich für das Finale und die erste Fahrpraxis im realen Boliden am nächsten Tag zu qualifizieren.
Fair geht vor
Um die Sache möglichst fair zu gestalten, wurden die Gruppen mit bis zu sechs Fahrern immer wieder bunt durchgemischt, so dass sich die Teilnehmer ständig mit neuen Gegnern messen mussten. Um potenziellen Pistenrowdies einen Riegel vorzuschieben, wurde zum einen das einfache Strafsystem im Spiel aktiviert, wodurch z.B. Abkürzungen der Strecke automatisch mit einer Zeitstrafe geahndet wurden. Zum anderen hatten drei Schiedsrichter ein ständiges Auge auf die Kandidaten und fungierten als Renn-Stewards. Würde sich einer der Fahrer durch unfaire Aktionen wie Rempeln oder Abdrängen einen Vorteil verschaffen, musste er mit einer anschließenden Strafe rechnen.
Die Schiedsrichter hatten einige kritische Situationen zu beurteilen.
Doch wo zieht man die Grenze? Was ist ein normaler Rennunfall und was eine vorsätzliche Rempel-Attacke? Zwischendurch kam es immer wieder zu strittigen Situationen, die nicht nur zu Diskussionen unter den Fahrern, sondern auch zwischen den Schiedsrichtern führten, die ihre Sache meist gut gemacht und die richtigen Entscheidungen getroffen haben.
Wettbewerbsvorteil?
Wie schon im Rahmen der Online- und Event-Qualifikation wurden die Fahrzeuge für die Chancengleichheit vorgegeben und das Herumschrauben am Setup war bis auf das Einstellen der Bremsbalance deaktiviert. Zudem mussten mit Ausnahme des ABS sämtliche Fahrhilfen deaktiviert werden, so dass die Piloten ohne Traktionskontrolle und mit manueller Schaltung die Pisten in Angriff nahmen. Bevor es ans Eingemachte ging, konnten sich die Teilnehmer in einer Warmup-Session zunächst auf dem Twin Ring Motegi einfahren und sich an Logitechs Driving Force GT-Lenkrad gewöhnen, dessen Pedalerie meistens mit Strümpfen bearbeitet wurde. Schade, ich hätte eigentlich damit gerechnet, dass bei diesem Wettbewerb Thrustmasters Nobel-Wheel T500 RS zum Einsatz kommt, doch wollte man hier vermutlich dem Gewohnten vor dem Außergewöhnlichen den Vorzug geben und die Spieler nicht mit einer überwiegend unbekannten Hardware konfrontieren.
Auf dem Monitor konnte man sich über den aktuellen Punktestand informieren.
Noch bevor es überhaupt um Punkte ging, kam es im Rahmen des Warmups zu ersten Diskussionen – nicht etwa wegen eines ruppigen Verhaltens auf der Strecke, sondern aufgrund der Verwendung von Headsets. Problem: Sony hatte es versäumt, die Spielstationen mit Kopfhörern auszustatten und nicht jeder der Kandidaten hatte daran gedacht, einen eigenen von zu Hause mitzubringen. Man konnte die Argumentation durchaus nachvollziehen, dass Fahrer mit Headsets einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz genießen – vor allem, weil die läppischen TV-Lautsprecher nicht gerade einen tollen Sound lieferten und die Hintergrundmusik im Ringwerk unter Umständen die Konzentration stören könnte. So gab es Überlegungen, die Headsets zugunsten der Chancengleichheit komplett zu verbieten – sehr zum Unmut derjenigen, die an das wichtige Utensil gedacht hatten und folglich protestierten. Mit Erfolg: Nach den Beratungen wurde die Verwendung von Kopfhörern freigegeben. Wer keinen dabei hatte, hatte Pech gehabt oder musste darauf hoffen, ein Exemplar von den Konkurrenten ausleihen zu dürfen.