1992
Ein Space Marine, eine Shotgun, die Horden der Hölle im Anmarsch - das war Doom!
Damals, als CPU-Geschwindigkeit noch in MHz gemessen wurde. Als die Blechgehäuse der Tower noch eine »Turbo«-Taste hatten, die das genaue Gegenteil dessen machte, was sie versprach. Als wirklich niemand mehr als 256 Farben und acht Megabyte RAM brauchte. Als kaum ein Spiel mehr als 20 Megabyte von der Festplatte haben wollte - was allerdings schon gierig war, denn für den Kauf einer Platte galt die Faustregel: ein Megabyte = eine Mark. Als Shooter noch ausschließlich mit der Tastatur gesteuert wurden. Als »Deckung« gleichbedeutend mit »Wand« war. Und als Shooterhelden in erster Linie eines können mussten: schießen. Kram wie springen, ducken oder Gegner von hinten per Quicktime Reaction erledigen waren unbekannter Quatsch. 1992 - das waren noch Zeiten! Die Zeiten, in denen die Entwicklung von Doom begann.
Die Jungs von
id Software gelten nicht ohne Grund als die Erfinder des FPS-Genres - zwar gab es schon kurz vor dem 1992er Wolfenstein-3D Spiele mit texturierter 3D-Grafik (u.a.
Ultima Underworld), aber eben keinen rasanten Shooter. Mit diesem (hierzulande aufgrund von Nazi-Thematik beschlagnahmten) Titel wurde der Grundstein für all die Battlefields und Call of Dutys dieser Welt gelegt, aber erst mit Doom wurde aus dem Nischenspaß für Ballerfreaks ein gigantischer Massenwahnsinn.
Doom war in vielerlei Hinsicht innovativ. Aber sein größter Verdienst dürfte wohl die Etablierung des Deathmatches gewesen sein. Hätte es Doom nicht gegeben, wäre die heutige Mehrspielerwelt eine ganz andere.
Klar gab es auch zwischen Wolfenstein und Doom mehr oder weniger brauchbare Shooterware (wie
Terminator Rampage, Bodycount oder
Blake Stone), aber erst Doom brachte das Genre mit einem gewaltigen Satz nach vorne. Denn es machte einfach alles richtig.
Money for Nothing?
Außer vielleicht die Sache mit der Bandbreite: Pünktlich zur Veröffentlichung der Shareware-Version am 10. Dezember 1993 brachen die Server der Universität Wisconsin-Madison unter der Last der Anfragen zusammen - zu viele Tausend Shooterfans wollten gleichzeitig Hand an die Demo legen. Mich betraf das nicht: Ich hopste ein paar Tage darauf auf mein Fahrrad, strampelte zum Spielehändler meines Vertrauens, legte fünf Mark auf den Tisch und zischte mit einer Doom-Demodiskette im Rucksack zurück nach Hause. Ja, ich habe für die Demo bezahlt! Das war der Genius des Shareware-Vertriebs: Jay Wilbur, damals id Softwares Marketing-Fuzzi, stellte den Spielevertrieblern die Demo kostenlos zur Verfügung; sie konnten dafür von ihren Kunden verlangen, was sie wollten und all die Gewinne behalten. Jay wollte nur eines: Verbreitung auf Teufel komm raus. Allerdings fällt es schwer, sich heute sowas vorzustellen - was wohl los wäre, wenn 4Players anfangen würde, für Demos Geld zu verlangen?
Dank der Bemühungen von Bethesda ist Doom mittlerweile nicht mehr indiziert und somit offiziell auch in Deutschland auf dem XBLA-Marktplatz erhältlich.
Nun, wie auch immer - der direkte Vertriebsweg war ein Geniestreich. Zum einen wurde mal eben der versammelten Konkurrenz der Stinkefinger gezeigt: id Software verschenkte sehenden Auges ein ganzes Drittel ihres Spiels; voll spielbar, mit allem Drum und Dran. Wer den Rest haben wollte, konnte in den USA das Spiel direkt bei den Entwicklern bestellen - auf diese Art und Weise vermied id den Geld fressenden Rattenschwanz der Vertriebs-Mittelmänner komplett, die sich ebenfalls über einen ausgestreckten Mittelfinger freuen durften. Außerhalb der USA war das nicht ganz so einfach, hier musste man auf Partner zurückgreifen - hierzulande wurde Doom z.B. von CDV vertrieben. Die ungekannte Dreistigkeit funktionierte allerdings: Doom verkaufte sich rasend schnell millionenfach!