Die Qual des Siegers
Risiko Evolution ist für knapp 50 Euro beim Heidelberger Spielverlag erschienen. Es ist für drei bis fünf Teilnehmer ausgelegt.
Hurra: Ich habe gerade meinen vierten Stern ergattert und damit das Spiel gewonnen! Aber damit ist diese Partie längst nicht vorbei, denn als Sieger kann ich die Welt verändern – und zwar nachhaltig. Zum einen darf ich auf dem Plan unterschreiben, damit ersichtlich bleibt, wer in kommenden Partien auf wie viele Raketen zurückgreifen darf. Zum anderen entscheide ich jetzt, ob ich einen Kontinent mit dem beiliegenden Stift taufe und später nur für mich eine zusätzliche Armee freischalte. Ich könnte auch eine Großstadt errichten und von mehr Bevölkerung profitieren. Ich könnte Mankos oder Boni ändern, Städte befestigen oder ganze Gebietskarten vernichten! Was mache ich bloß…
Raketen, Festungen, Boni? Ihr seid verwirrt? Keine Bange: Dieses Risiko inszeniert zwar ein futuristisches Szenario im Jahr 2128, aber spielt sich im Kern noch genauso wie der Klassiker. Man befehligt eine Fraktion, erobert Länder, bekommt für besetzte Gebiete sowie Kontinente von Australien bis Nordamerika mehr Truppen und spielt Kämpfe in alter Manier aus. Der Angreifer würfelt maximal drei schwarze und der Verteidiger maximal zwei rote Würfel – dann werden die jeweils höchsten Ergebnisse miteinander
Das Regelwerk ist anschaulich, das Material kann sich sehen lassen: Neben dem Spielplan liegen Stift, Würfel, zig Karten und Plättchen sowie 275 Plastikfiguren bei.
verglichen, wobei der Verteidiger bei einem Unentschieden gewinnt. Das Ganze wird so oft wiederholt, bis dem Aggressor die Lust, die Truppen oder beides vergeht.
Die Welt ändert sich
Aber um diese bekannte Spielmechanik hat Rob Daviau eine faszinierende Kampagne gebaut, die den Klassiker enorm aufwertet – ich hätte nicht gedacht, dass mir Risiko nochmal so viel Spaß macht. Nicht nur, dass die fünf wählbaren Fraktionen unterschiedliche Fähigkeiten besitzen, die man im Laufe der Kampagne weiter ausbauen kann. Zu Beginn muss man sich zunächst für eine von zwei möglichen Startboni entscheiden: Wer die grauen Roboter der Khan Industrie wählt, darf z.B. festlegen, dass man am Anfang des Zuges immer eine zusätzliche Einheit auf sein Hauptquartier stellt. Wer die wilden Reiter der Enklave des Bären ins Feld führt, darf den Verteidiger des ersten Gebietes dazu zwingen, seinen niedrigsten Wurf nochmal um eins zu verringern. Und es gibt zig mehr!
Mit diesen Stickern verändert man das Aussehen der Welt: Es gibt kleine und große Städte, Münzenboni und Befestigungen.
Aber nicht nur die Fraktionen entwickeln sich mit der Zeit über bis zu fünf Merkmale. Das Antlitz der Weltkarte, der Wert der Länder und selbst das Regelwerk befinden sich in einem ständigen Wandel, der über Sticker manifestiert wird – nach jeder Partie beschriftet oder beklebt man den Spielplan mit Namen, Städten, Boni oder Mali. Es kann sein, dass Kontinente mehr Einheiten bringen, dass bestimmte Länder jede Runde Söldner produzieren oder dass verseuchte Gebiete selbige vernichten, dass die eigene Fraktion bei Angriffen plötzlich Würfel anpassen darf oder dass stark bevölkerte Gebiete entstehen, deren Eroberung sich gleich dreifach oder sechsfach auszahlt.
Was für ein schadenfrohes Gefühl, wenn man seinem starken Gegner in Nordamerika eine Seuche auf Grönland klebt! Oder wie beruhigend, wenn man eine seiner Städte mit einer Befestigung schützt: Dann hat sie quasi eine Schutzhülle, die zehn Angriffen Stand hält und wertet die eigenen Verteidigerwürfe jeweils um einen Punkt auf! Allerdings bröckelt die Hülle auch automatisch bei jedem Angriff von mindestens drei Armeen.